Hebammen gehen im Landkreis neue Wege
Welthebammentag Erstmals starten zwei junge Frauen über ein Studium in den Beruf und sprechen über die Veränderungen. Die Dillinger Klinikhebammen bieten jetzt gemeinsam in einem „Familienzentrum“Vor- und Nachsorge an
Landkreis Gerade mal drei Jahre alt ist Eva-Maria Leitner, als sie beschließt, was sie einmal werden will, wenn sie „groß“ist: Hebamme. Ihre Mutter trägt zu diesem Zeitpunkt ihre jüngere Schwester im Bauch. Fasziniert beobachtet die mittlerweile 21-Jährige noch immer, wie Bäuche und Frauen innerhalb von neun Monaten wachsen, neues Leben erblüht und Familien entstehen – heute als angehende Hebamme. Derzeit begleitet die Wittislingerin im Rahmen eines zwölfwöchigen Praktikums erfahrene Kolleginnen im Landkreis Dillingen. Denn sie studiert im vierten Semester in Regensburg und gehört damit zum ersten Jahrgang in Bayern, der über ein Studium zur Hebamme wird.
Warum braucht es plötzlich ein Studium für diesen ganz ursprünglichen Beruf? „Endlich können Hebammen für Hebammen in hebammenrelevanten Fachbereichen forschen“, sagt Elisabeth Dischler aus Bergheim. 2018 hat sie sich nach ihrem Abitur zunächst „ahnungslos“auf die Suche nach dem passenden Beruf gemacht. Im baden-württembergischen Ulm stößt sie – früher möglich als in Bayern – auf das Hebammenstudium. Im Moment schreibt die 22-Jährige ihre Bachelor-Arbeit und arbeitet parallel dazu heimatnah im Dillinger Hebammenhaus. Hier sieht die junge Frau auch ihre Zukunft.
Anne Braun-Springer freut sich, die beiden jungen Frauen auf ihrem Weg begleiten zu dürfen. Vor über 20 Jahren rief die heute 58-Jährige ein Hebammenhaus ins Leben, arbeitete freiberuflich nebenbei an den Kliniken in Lauingen, Dillingen und seit einigen Monaten in Donauwörth. Sie schätzt den Austausch mit den engagierten jungen Kolleginnen. „Lernen ist wie Rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, treibt man zurück“, zitiert die Hebamme den Dalai Lama. In diesem Sinne genießt es die Dillingerin, ihre Erfahrungen an die Jungen weiterzugeben und von deren Erkenntnissen an der Uni zu profitieren. „Es wird sich viel tun in den kommenden Jahren“, freut sie sich, dass endlich – wie schon länger in anderen Ländern – in Deutschland der Fokus bei der Geburtshilfe weg von der Pathologie hin zur Physiologie, den normalen Abläufen im Körper, gelenkt wird. „Die Hebamme ist die Stütze für den Fall, wenn die Frau etwas braucht“, betont Braun-Springer. Nicht mehr und nicht weniger.
Das sieht Isabel Heigl ganz ähnlich. Die 48-jährige Wertingerin ist eine der acht „Donau-Hebammen“, der Beleghebammen der Dillinger
Kreisklinik. „Wir haben das Glück, dass wir mit den Ärzten gut zusammenarbeiten“, sagt sie, „sie kommen nur dann, wenn etwas pathologisch wird.“Was Frauen in ihren Augen brauchen, ist eine „liebevolle, individuelle Betreuung“. Bis zur Schließung der Geburtshilfe am Wertinger Kreiskrankenhaus Ende 2012 arbeitete Heigl dort als Hebamme. Mit ihren ehemaligen Kolleginnen bietet sie in der Hebammenpraxis im Wertinger Mehrgenerationenhaus weiterhin Vor- und Nachsorge an.
Gemeinsam wird sie Mitte Mai mit den Donau-Hebammen nun zusätzlich in Dillingen ein Familienzentrum aus der Taufe heben. Die Idee existiert seit längerem. „Corona hat die Umsetzung beschleunigt“, erzählt Heigl. In Räumlichkeiten und einem geschützten Garten auf dem Klinikareal bieten die Beleghebammen ein Anlaufzentrum für Schwangere und frische Mütter. So lernen Hebammen und Frauen sich gegenseitig kennen – auch wenn die Kurse derzeit online laufen. „Das hat auch Vorteile“, merkt Isabel Heigl mit Blick auf Väter und Geschwister an, die online einfach dabei sein können. Etwas Positives registriert die Hebamme zudem bei den eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten: „Frauen entbinden gut, können sich vollkommen auf sich und ihr neugeborenes Kind konzentrieren und gehen fast alle stillend nach Hause.“Anfangs müssten sie zwar meist mit Engelszungen reden – „immer wenn etwas von der Norm abweicht, haben Menschen erst mal ein Problem“– im Nachhinein schätzten allerdings so gut wie alle Mütter die ruhige Atmosphäre im ganzen Krankenhaus. Als extrem wichtig empfindet es Heigl, den Frauen die Angst zu nehmen beziehungsweise sie gemeinsam mit ihnen anzuschauen und Vertrauen aufzubauen.
„Es geht darum, die Frauengesundheit zu stärken – und die betrifft nicht nur das Körperliche, sondern auch den seelischen, psychischen und sozialen Bereich.“Mit dieser Erkenntnis geht die junge Elisabeth Dischler in ihr Berufsleben. Beide jungen Hebammen sprechen mehrfach vom Urvertrauen. Dem Vertrauen der Mütter in sich selbst, dass sie gebären können. Ebenso beziehen sie den wichtigen Rückhalt des Vaters mit ein. „Die Frau wird Mutter, der Mann Vater – eine Familie entsteht.“Immer wieder nimmt die 21-jährige Eva-Maria Leitner wahr, wie wichtig dieser Moment für das neugeborene Kind und sein Vertrauen ins Leben ist. Dann dankt sie sich selbst dafür, dass sie ihrem Berufswunsch aus Kindertagen treu geblieben ist.
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Hebammen im Landkreis Dillingen bieten Vor und Nachsorge sowie ver schiedene (Online)Kurse unter anderem in folgenden Gemeinschaftspraxen an: www.donauhebammen.de www.hebammenpraxiswertingen.de www.wirhebammen.de
Die Inzidenz im Landkreis Dillingen sinkt auf 100
25 Neuinfektionen mit dem Corona virus bestätigt das Landratsamt Dillingen am Mittwoch. In Wertingen ist eine Seniorin an der südafrika nischen CoronaMutante gestorben (siehe nebenstehenden Bericht):
Aktive Fälle: 326 bestätigte Fälle: 3351 bestätigte Mutationsfälle (B.1.1.7): 582 (578) bestätigte Mutationsfälle (B.1.351): 17 (17) Quarantänefälle: 630 (640) SiebenTageInzidenz: 100,45 (Dienstag: 112,88) Todesfälle: 108 (107) Stand: Mittwoch, 5. Mai Quelle: Landratsamt Dillingen