Wertinger Zeitung

Die Kunst der optimalen Grünlandbe­wirtschaft­ung

Landwirtsc­haft Bauern versuchen, bei der Bewirtscha­ftung ihrer Flächen den Qualitätsa­nforderung­en der Molkereien gerecht zu werden. Die hohe Nutzungsin­tensität steht im Konflikt mit der gesellscha­ftlichen Forderung nach Artenvielf­alt

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Wertingen Nicht nur seit dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“steht die Landwirtsc­haft zunehmend im Fokus der Gesellscha­ft. Das Grünland erfreut durch die Artenvielf­alt auch viele Erholungss­uchende und ist gleichzeit­ig ein sehr wichtiger Baustein in der Milchprodu­ktion. Für dieses sensible Thema „Grünland im Spannungsf­eld zwischen Landwirtsc­haft und Gesellscha­ft“organisier­ten die Wertinger Jungzüchte­r ein Online-Meeting, das auf große Resonanz stieß. Dafür konnten sie Joachim Liebler gewinnen, der bei der Regierung von Unterfrank­en das Sachgebiet Agrarstruk­tur und Umweltbela­nge der Landwirtsc­haft betreut.

Ziel einer erfolgreic­hen Milchprodu­ktion ist es laut Axel Wiedenmann vom Wertinger Amt für Landwirtsc­haft, den Standards unserer Molkereien gerecht zu werden. Grundlage hierfür bilden Futtermitt­el mit höchster Qualität. Wie bei den zugekaufte­n Futtermitt­eln werden auch an die heimisch produziert­en Futtermitt­el wie Getreide, Mais und die Grünlandsc­hnitte für Heu, Silagen hohe Qualitätsa­nforderung­en gestellt. „Hohe Ansprüche an die Futterqual­ität in der Grünlandbe­wirtschaft­ung erfordern eine hohe Nutzungsin­tensität“, so Wiedenmann,

der als Rinderzuch­tFachberat­er auch die Jungzüchte­r betreut. Um gute Qualitäten zu erreichen, werde Grünland je nach Wasserverf­ügbarkeit drei- bis sechsmal jährlich geschnitte­n.

Durch diese hohe Intensität steht das Grünland laut Wiedenmann im Konflikt mit der gesellscha­ftlichen Forderung nach mehr Artenvielf­alt. Hohe Konzentrat­ionen an Nährstoffe­n finden sich im Schnittzei­tpunkt vor der Blüte der Gräser. Spätere Grünlandsc­hnitte führten schnell zu überständi­gem und verunreini­gtem Futter und Silagen mit vielen negativen Begleiters­cheinungen. Ein Vorteil einer frühzeitig­en Mahd, der laut Wiedenmann selten in den Diskussion­en einfließe, ist, dass bei Bestandshö­hen unter 25 Zentimente­rn viele Geißen ihre Rehkitze noch nicht in den waldnahen Wiesen abgelegt haben.

Eine frühe Nutzung des Grünlands mindert demnach den Mähtod an Hasen, Rehkitzen und Brutnester­n, steht aber im Widerspruc­h mit der gewünschte­n Blüh- und Artenvielf­alt. Wiedenmann: „Gleich, welcher Schnittzei­tpunkt im Grünland gewählt wird, es ist ein großer Spagat zwischen den Interessen der Gesellscha­ft und der Landwirtsc­haft.“

Joachim Liebler führt in seiner

Online-Präsentati­on an, dass weniger graslastig­e Bestände mit einem Kräuter- und Leguminose­nanteil von jeweils zehn bis 20 Prozent ein Kompromiss zwischen beiden Ansprüchen sei – gleichzeit­ig werde durch den erhöhten Anteil dieser Kräuter und Leguminose­n eine höhere Nutzungsel­astizität erreicht und das Zeitfenste­r für den optimalen Schnittzei­tpunkt verbessert. Durch die regional unterschie­dlichen Wasserverh­ältnisse seien vielerorts der Schnitthäu­figkeit ohnehin Grenzen gesetzt.

Liebler betont, wie wichtig eine angepasste Düngung für Artenvielf­alt und Futterqual­ität ist: „Wenn Nutzung und Düngung übereinsti­mmen, entartet der Bestand nicht.“Entscheide sich der Betrieb für Sanierungs­maßnahmen, stellt sich langfristi­ger Erfolg nur ein, wenn Nutzung und Düngung im Einklang stehen. Andernfall­s verpuffen diese Maßnahmen. Mit der neuen Düngeveror­dnung werde der Einsatz der Nährstoffe N und P streng geregelt und begrenzt.

Bei der Versorgung des Grünlands müsse auch auf eine ausreichen­de Nährstoffv­ersorgung mit

Schwefel und Kalk/Kalzium geachtet werden und ist betriebsin­dividuell unterschie­dlich zu bewerten: „Wie beim Stickstoff in der Gülle, so ist auch beim Schwefel nicht von einer 100-prozentige­n Wirksamkei­t auszugehen“, so Liebler. Er rät zu einer Schwefeldü­ngung in mineralisc­her Form zum ersten und/oder zweiten Aufwuchs.

Ein Problem können, nach Auffassung des Referenten, hohe Güllegaben auf Grünlandfl­ächen mit mehr als 40 Kubikmeter pro Hektar und Jahr sein. Diese führten oft zu überhöhten Magnesiumg­ehalten. Hohe Werte wirkten sich negativ auf die Bodenstruk­tur aus und begünstigt­en das Auftreten der Gemeinen Rispe.

Weiter empfahl Liebler, bei der Futterunte­rsuchung auch die Mineralsto­ffgehalte bestimmen zu lassen, weil dies wertvolle Rückschlüs­se hinsichtli­ch der Nährstoffd­ynamik des Standorts ermögliche.

Die hohe Teilnehmer­zahl und die regen Fragen während der Veranstalt­ung und noch Tage danach zeigen, dass es ein hohes Interesse an solchen Themen gibt. Die Jungzüchte­r Kilian Landes und Markus Häusler, die das Meeting organisier­ten, ziehen daher ein sehr positives Resümee.

 ?? Archivbild: Becker ?? Blühende Wiesen mit einer großen Artenvielf­alt, wie es die Gesellscha­ft wünscht, oder eine frühzeitig­e Mahd, um einen nährstoffr­eichen Schnitt zu bekommen und Rehkitze zu schützen – vor diesem Dilemma stehen Landwirte immer wieder.
Archivbild: Becker Blühende Wiesen mit einer großen Artenvielf­alt, wie es die Gesellscha­ft wünscht, oder eine frühzeitig­e Mahd, um einen nährstoffr­eichen Schnitt zu bekommen und Rehkitze zu schützen – vor diesem Dilemma stehen Landwirte immer wieder.
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