Saarland landet Coup mit Chip-Fabrik
US-Hersteller Wolfspeed spricht von neuer Ära für die Automobilindustrie. Warum auch ZF bei dem Milliardenprojekt dabei ist.
Ensdorf Mit bis zu rund 2,7 Milliarden Euro will der US-Chiphersteller Wolfspeed im Saarland die weltweit größte Fabrik für Halbleiter aus Siliziumkarbid bauen. Mit diesen Chips leite Wolfspeed „eine neue Ära in der Automobilindustrie“ein – den „Übergang vom Verbrennungsmotor zum Elektrofahrzeug“, sagte Vorstandschef Gregg Lowe in Ensdorf. Wolfspeed wolle mit dem Bau so schnell wie möglich beginnen. „Sobald wir die Genehmigung der EU-Kommission haben“, sagte Lowe, „wir erwarten sie in den nächsten Monaten.“Wolfspeed rechne mit einer staatlichen Förderung von 20 bis 25 Prozent der Investitionssumme. Die Fabrik werde mehr als 600 Beschäftigte an Bord haben. „Und viele weitere Arbeitsplätze schaffen“, kündigte Lowe an.
Die moderne Fabrik werde auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks in Ensdorf entstehen. Die Pläne von Wolfspeed sorgten für Aufsehen: Zu dem Termin waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gekommen. „Man kann ohne Übertreibung sagen: mit dem Bau dieser Fabrik kehrt die industrielle Revolution nach Ensdorf zurück“, sagte Scholz. „Viel spricht dafür, dass den Halbleitern aus Siliziumkarbid die Zukunft gehört auf dem Gebiet der neuen erneuerbaren Energien, der Telekommunikation und ganz besonders bei der Elektromobilität.“Die Chipfabrik werde auch einen deutlichen Beitrag dazu leisten, dass die europäische Industrie verlässlich mit Halbleitern versorgt werde, so der Kanzler. Wie wichtig das sei, habe man in Deutschland und Europa ja zu spüren bekommen – auch, wie ernst die Lage werden könne, wenn die Versorgung mit Halbleitern stocke.
Halbleiter aus Siliziumkarbid gelten als Schlüsseltechnologie für die weitere Entwicklung der Elektromobilität und des autonomen Fahrens. Das Material ist gefragt, weil es im Gegensatz zu dem bisher meist verwendeten Silizium eine bessere Nutzung der Energie in Batterien ermöglicht: Elektroautos könnten somit schneller geladen werden, sparsamer fahren und somit die Reichweite erhöhen.
An der Fabrik ist der Autozulieferer ZF (Friedrichshafen) mit einem Minderheitsanteil beteiligt. Man wolle den Neubau mit einem dreistelligen Millionen-Euro-Betrag unterstützen, teilte ZF mit. Mit Wolfspeed sei zudem ein Forschungsund Entwicklungszentrum geplant, „um die weltweite Innovationsführerschaft bei Siliziumkarbid-Systemen“auszubauen. Hier halte ZF die Mehrheit. Die Ambitionen der Unternehmen gingen über die Anwendung im Fahrzeug hinaus, sagte ZF-Vorstandsmitglied Stephan von Schuckmann. Die Halbleiter würden auch in Ladestationen, Photovoltaik und Windkraftanlagen eingesetzt werden. ZF hat bereits einen Standort in Saarbrücken mit 9000 Beschäftigten, der derzeit zum Leitwerk für elektrische Antriebssysteme ausgebaut wird.
Für das Saarland ist Wolfspeed ein Coup. „Diese Ansiedlung schlägt ein neues Kapitel in der Wirtschaftsgeschichte dieses Landes auf“, sagte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Mit dem Aufbruch in die Elektromobilität gelinge „ein Leuchtturm-Beispiel für erfolgreichen Strukturwandel einer ganzen Branche und damit unseren Landes“. Es sei „ein großartiger Tag“für das Saarland. Eine solche Hochtechnologie-Ansiedlung mache das Saarland zu einem begehrten Standort der E-Mobilität in Europa. Die Region steckt als bisheriges Auto- und Stahl-Land mitten im Strukturwandel. (dpa)