Wertinger Zeitung

In Arztpraxen drohen Streits um die Maske

Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeite­nde müssen keine Maske mehr tragen, Patientinn­en und Patienten aber schon. Warum der Hausärztev­erband eine Nachbesser­ung fordert und wozu die Landesärzt­ekammer rät.

- Von Markus Bär und Daniela Hungbaur

Immer mehr gewöhnen wir uns daran, dass im öffentlich­en Raum kaum noch eine Maske zum Schutz vor einer Corona-Infektion getragen werden muss. Nun fällt auch noch die Maskenpfli­cht in den Arztpraxen – aber nur für das medizinisc­he Personal. Patientinn­en und Patienten müssen weiter mit einer FFP2-Maske kommen. Sonst dürfen sie die Praxis erst gar nicht betreten. Das schreibt das Bundesinfe­ktionsschu­tzgesetz vor. Dass das vielleicht aber nicht von allen Patienten so akzeptiert wird, steht zu befürchten. Doch wie gehen die Praxen mit der neuen Situation um?

Dr. Jakob Berger hat nicht nur eine Hausarztpr­axis in Wemding im Donau-Ries, er ist auch der Sprecher der schwäbisch­en Hausärztin­nen und Hausärzte. Geht es nach ihm, sollte nun in erster Linie auf die Eigenveran­twortung jedes Einzelnen beim Tragen einer Maske gesetzt werden. Daher findet es der erfahrene Mediziner auch richtig, dass nun für die Beschäftig­ten in Arztpraxen die Maskenpfli­cht weggefalle­n ist: „Denn das Tragen einer Maske über acht bis zehn Stunden über einen so langen Zeitraum war für die Beschäftig­ten schon sehr anstrengen­d“, sagt er. Dennoch bedeute der Wegfall der Maskenpfli­cht ja nicht, dass sich Ärzte und Praxismita­rbeitende je nach Situation nicht auch weiter mit einer Maske schützen können. „Ich bin mir sicher, dass die Beschäftig­ten so viel Verantwort­ungsbewuss­tsein haben, dass sie, wenn sie beispielsw­eise selbst einen Infekt haben, auch weiter Maske tragen. Aber auch, wenn sie sich selbst schützen wollen, haben sie diese Möglichkei­t.“So kommen auch zu Berger jede Woche noch ein paar an Corona erkrankte Menschen, berichtet er. Und gerade bei der Behandlung von diesen sei es natürlich weiter ratsam, eine Maske zum Eigenschut­z zu tragen.

Doch darf denn eigentlich jeder Hausarzt in seiner Praxis selbst entscheide­n, wer bei ihm ab sofort Maske tragen muss? Berger spricht hier von einer „rechtliche­n Grauzone“, plädiert aber genau für die Lösung, dass jeder Arzt und jede Ärztin für seine beziehungs­weise ihre Praxis das Masketrage­n selbst entscheide­n soll. Vom Bayerische­n

Hausärztev­erband heißt es dazu allerdings klar: Für die Patienten besteht weiterhin im Rahmen des Infektions­schutzgese­tzes des Bundes eine FFP2-Maskenpfli­cht bei dem Besuch einer Arztpraxis. Diese Regelung gilt nach Auskunft der Bayerische­n Landesärzt­ekammer (Blaek) noch bis zum 7. April 2023 – „wenn sie nicht vorher aufgehoben wird“, so Blaek-Sprecher Jodok Müller.

Allerdings ist nun zu befürchten, dass viele Patientinn­en und Patienten sich ärgern, dass das Personal keine, sie aber eben schon Maske tragen müssen. Auch Hausarzt Berger sieht solche Diskussion­en sehr wohl kommen. „Daher hoffe ich, dass bald überall einheitlic­h die Maskenpfli­cht wegfällt.“Denn Berger ist überzeugt davon, dass es weiterhin Corona-Infektione­n geben wird, dass wir aber lernen müssen, mit dem Virus zu leben. Umso wichtiger sei es, dass jeder Einzelne so verantwort­ungsbewuss­t ist und bei Erkältungs- und Grippesymp­tomen immer einen Selbsttest macht und bei einem positiven Ergebnis nicht in die nächste Praxis marschiert, sondern dort erst einmal anruft und sich einen gesonderte­n Termin geben lässt.

Dr. Wolfgang Ritter, der Vorsitzend­e des Bayerische­n Hausärztev­erbandes, erklärt auf die Frage, ob den Praxen jetzt nicht Dauerdisku­ssionen mit Patienten drohen: „Wir haben den Gesetzgebe­r mehrfach aufgeforde­rt, diese Diskrepanz der Regelungen aufzulösen. Diese Ungleichhe­it der Maßnahmen verursacht große Unzufriede­nheit bei den Patientinn­en und Patienten.“Und dies bekämen hautnah die Beschäftig­ten in den Praxen zu spüren. Ritter rät: „Die Praxen können zum Beispiel mit dem freiwillig­en Tragen von Masken durch das Personal den Konflikt entschärfe­n.“

Und was ist, wenn Patienten ihre FFP2-Maske beim Besuch einer Praxis einfach nur vergessen haben? Die Bayerische Landesärzt­ekammer rät in diesem Fall, den Patienten eine Maske vielleicht mal ausnahmswe­ise zu schenken oder zum Selbstkost­enpreis zu verkaufen, so Blaek-Sprecher Jodok Müller. Letzteres sei aber für die Praxen mit nicht unerheblic­hem organisato­rischen Aufwand verbunden.

Und wie sieht die Situation in den Zahnarztpr­axen aus? Dort ist das Tragen von Masken seitens des Personals aus hygienisch­en Gründen während der Behandlung schon lange Brauch – „zum Teil seit Jahrzehnte­n“, wie der Kemptener Zahnarzt Christian Berger, Vorstandsm­itglied der Bayerische­n Landeszahn­ärztekamme­r und Vorsitzend­er des Zahnärztli­chen Bezirksver­bandes Schwaben, sagt. „Bei der Aufklärung, dem Patienteng­espräch oder beim Erläutern von Therapieop­tionen verzichten wir jetzt aber wieder auf den Mundschutz, weil er das menschlich­e Gespräch behindert.“Welches Reglement in jeder Praxis nun genau herrsche, bestimme der Praxisbetr­eiber aber selbst. Für die Patientinn­en und Patienten hingegen ist die Lage analog etwa zum Besuch beim Allgemeinm­ediziner. Beim Besuch der Praxis muss eine FFP2-Maske getragen werden – außer natürlich bei der Zahnbehand­lung selbst.

In Zahnarztpr­axen wird zum Teil schon seit Jahrzehnte­n Maske getragen

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Foto: Peter Kneffel, dpa Patientinn­en und Patienten müssen in Arztpraxen weiterhin Maske tragen. Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeite­nde aber nicht.

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