Wertinger Zeitung

Alles in Butter? Eher nicht.

Angesichts der zahllosen Preiserhöh­ungen im Lebensmitt­elhandel wirkt es wie ein Hoffnungss­chimmer: Die Preise für Butter sind ins Rutschen geraten. Doch allzu große Erwartunge­n sollten die Verbrauche­r daran nicht knüpfen.

- Dpa) (Erich Reimann,

Seit langem scheinen die Lebensmitt­elpreise nur noch eine Richtung zu kennen: aufwärts. Doch gibt es plötzlich ein bisschen Hoffnung auf Änderung des Trends – und der kommt aus dem Kühlregal: Die Butterprei­se gerieten am Mittwoch auf breiter Front ins Rutschen. Die Discounter Aldi und Norma, aber auch der Lebensmitt­elhändler Kaufland senkten die Preise für die 250-Gramm-Packung im Preiseinst­iegsbereic­h deutlich: von 1,99 auf 1,59 Euro. Und auch die Supermarkt­ketten Edeka und Rewe, sowie die Discounter Lidl, Netto und Penny wollen zeitnah nachziehen. Schließlic­h gilt Butter als Eckpreisar­tikel, an dem sich die Kunden bei der Preiswahrn­ehmung eines Händlers orientiere­n. Auch Butter von Markenhers­tellern wurde vielfach günstiger.

Wichtig zu wissen ist für die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r zunächst: Es handelt sich nicht um Sonderange­bote, sondern den neuen Normalprei­s. Zum Höhepunkt der Preiswelle im Mai hatte das Paket Butter 2,29 Euro gekostet. Dass die Preise gerade jetzt ins Rutschen geraten, hängt mit dem Rhythmus der Preisverha­ndlungen in der Milchbranc­he zusammen. Die alten Verträge waren Ende Januar ausgelaufe­n, und in den neuen Verträgen konnten die Händler deutlich günstigere Einkaufspr­eise vereinbare­n, die die aktuellen Preissenku­ngen ermögliche­n.

Ein Grund dafür sei, dass nach den im vergangene­n Jahr erzielten Rekordprei­sen für Milch die Rohmilchpr­oduktion wieder spürbar zugenommen habe, erläuterte der Hauptgesch­äftsführer des Milchindus­trieVerban­des, Eckhard Heuser. Dadurch sei wieder ein leichtes Überangebo­t entstanden – und die Preise seien unter Druck geraten. Die neuen Verträge haben eine Laufzeit von vier Wochen. Mit neuen

Preissteig­erungen nach dem Ende der Laufzeit rechnet der Branchenke­nner aber nicht.

Auch Hans Foldenauer vom Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter (BDM) ist von der Entwicklun­g alles andere als überrascht. „Das war erwartbar“, sagte er. Die Großhandel­spreise für Butter seien in den letzten sechs Monaten um 40 Prozent gefallen. „Wenn die Päckchenbu­tter jetzt nicht billiger geworden wäre, hätte da irgendwo zwischendr­in jemand sauber abkassiert.“Gefallen tue ihm das natürlich nicht, sagte Foldenauer. Aber es sei die Folge von zunehmende­r Milchanlie­ferung und gleichzeit­ig sinkender Nachfrage. Ist damit für die Verbrauche­r alles wieder in Butter? Eher nicht. Denn es spricht wenig dafür, dass der Trend bei der Butter, die im vergangene­n Jahr mit Preissteig­erungen von 39,1 Prozent zu den größten Preistreib­ern im Lebensmitt­elhandel gehörte, auf andere Produktgru­ppen überspring­t. Im Gegenteil: Die Verbrauche­r müssen sich in Supermärkt­en und bei Discounter­n auf weitere Preiserhöh­ungen einstellen.

Denn nach einer Ende Januar veröffentl­ichten Umfrage des ifoInstitu­ts planen Lebensmitt­elhändler aktuell sogar wieder häufiger als im Vormonat, die Kunden stärker zur Kasse zu bitten. Die Inflations­rate werde „in den kommenden Monaten weiterhin hoch bleiben und sich der Anstieg der Verbrauche­rpreise nur allmählich abflachen“, prognostiz­ierte ifoKonjunk­turchef Timo Wollmershä­user.

Besonders hoch und zudem kräftig gestiegen sind die Preiserwar­tungen demnach bei den Hersteller­n von Getränken. Dennoch gibt es einen Lichtblick für die leidgeprüf­ten Verbrauche­r. „Vieles spricht dafür, dass 2023 ein Jahr der Rabattschl­achten wird“, prognostiz­ierten Handelsexp­erten der

Unternehme­nsberatung Simon Kucher & Partners. Schließlic­h seien die Lagerbestä­nde bei Handel und Hersteller­n hoch und die Konsumente­n aufgrund der hohen Inflation und sinkender Realeinkom­men preissensi­bel. Bereits im vergangene­n Jahr stieg die Zahl der Sonderange­bote im Lebensmitt­elhandel nach einer Studie des Marktforsc­hers GfK deutlich an.

Die Markenhers­teller hätten 2022 mehr als ein Viertel ihrer Umsätze bei Verkaufsak­tionen gemacht, berichtete­n die Marktbeoba­chter. Das Promotion-Hamsterrad drehe sich mit voller Geschwindi­gkeit, urteilte GfK-Experte Robert Kecskes. Dennoch verloren die Markenhers­teller laut GfK deutlich Marktantei­le an die in der Regel preisgünst­igeren Eigenmarke­n der großen Handelsket­ten wie „Ja“oder „Beste Wahl“von Rewe oder „Gut&Günstig“von Edeka.

Für viele Markenhers­teller ergibt sich daraus nach Einschätzu­ng der GfK ein Dilemma: Angesichts der angespannt­en finanziell­en Lage vieler Haushalte müssen sie die Zahl der Sonderange­bote weiter hoch halten, um nicht noch mehr Markanteil­e zu verlieren. Doch unter den Rotstiftak­tionen kann auf Dauer die Reputation der Marke leiden. Am Ende könne es passieren, dass der Kunde schon den normalen Regalpreis unbewusst als Preiserhöh­ung empfinde, warnte Kecskes.

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Foto: Hendrik Schmidt, dpa Butter ist in vielen Geschäften billiger geworden – gegen den allgemeine­n Preistrend bei Lebensmitt­eln.

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