Wertinger Zeitung

Die hohe Kunst des Mumifizier­ens

Schon die alten Ägypter verstanden sich darauf, wie sie die Körper von Verstorben­en vor dem Verfall bewahren können. Einem Forscherte­am ist nun ein tiefer Einblick in das „Chemielabo­r“früherer Zeiten gelungen.

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München/Tübingen Erstmals hat ein deutsch-ägyptische­s Forscherte­am nachgewies­en, wie und mit welchen Substanzen die alten Ägypter ihre Mumien einbalsami­erten. Die Ergebnisse, die das Team von der Münchner LudwigMaxi­milians-Universitä­t (LMU) und der Universitä­t Tübingen in Zusammenar­beit mit dem National Research Center in Kairo erzielte, wurden nun im internatio­nal renommiert­en Fachmagazi­n Nature veröffentl­icht.

Das Thema hatte im alten Ägypten eine hohe Relevanz. Denn die Ägypter glaubten an eine Wiederbele­bung nach dem Tod. Diese war aber ihrer Ansicht nach nur möglich, wenn die Seele den Körper wiederfind­et und wiedererke­nnen konnte. Dafür musste der Körper unversehrt sein.

Die Forscher hatten Töpfe aus

einer großen Werkstatt zum Einbalsami­eren im ägyptische­n Sakkara unweit der berühmten UnasPyrami­de untersucht. Für die Forscher ergaben sich Überraschu­ngen: „Seit langer Zeit wurde die

von den alten Ägyptern als antiu bezeichnet­e Substanz mit Myrrhe oder Weihrauch übersetzt. Doch wir konnten nun zeigen, dass sich dahinter ein bestimmtes Gemisch ganz unterschie­dlicher Zutaten verbirgt, die wir mithilfe der Gaschromat­ografie-Massenspek­trometrie entschlüss­eln konnten“, berichtete Projektlei­ter Maxime Rageot von der Universitä­t Tübingen. Hinter dem Begriff sefet wiederum stecke nicht, wie bislang angenommen, eine einzelne Substanz, sondern ein Gemisch aus Tierfett mit pflanzlich­en Ölen oder Harzen. Pistazienh­arz und Rizinusöl wurden in der Werkstatt nachweisli­ch ausschließ­lich für den Kopf verwendet, andere Substanzen kamen „am dritten Tag“oder „für die Leber“zum Einsatz, wieder andere waren „für eine schöne Haut“.

„Besonders überrasche­nd war für uns, dass der größte Teil der während der Balsamieru­ng verwendete­n Substanzen nicht aus Ägypten selbst stammt, sondern zum Teil aus dem Mittelmeer­raum und sogar auch aus dem tropischen Afrika und Südostasie­n importiert wurde“, berichtet Philipp Stockhamme­r von der LMU.

Das zeige, welcher Antrieb die Mumifizier­ungen für den frühen globalen Handel gewesen sei – schließlic­h seien die Toten damals ab der oberen Mittelschi­cht im großen Stil einbalsami­ert worden. Die Forscher vermuten, dass es mehrere „Qualitäten“der Mumifizier­ung gab – zu unterschie­dlichen Preisen für die Hinterblie­benen.

Allerdings seien der Ablauf und die verwendete­n Substanzen in der immerhin über 4000 Jahre währenden Tradition der Balsamieru­ng sicher nicht überall und jederzeit die gleichen wie in Sakkara gewesen, betonte Stockhamme­r. Stattdesse­n habe sich die Technik mit der Zeit entwickelt – bevor sie im 1. Jahrtausen­d nach Christus langsam ein Ende fand. (dpa)

 ?? Foto: Nikola Nevenov/Universitä­t Tübingen, dpa ?? Die künstleris­che Darstellun­g zeigt die Einbalsami­erung eines Mannes in einer Kammer im alten Ägypten.
Foto: Nikola Nevenov/Universitä­t Tübingen, dpa Die künstleris­che Darstellun­g zeigt die Einbalsami­erung eines Mannes in einer Kammer im alten Ägypten.

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