Wie steht es um die digitale Verwaltung?
Behörden gelten bei vielen generell als Digitalwüsten. Der bayerische Digitalminister will das ändern. Doch wie weit sind Gemeindeverwaltungen im Kreis Dillingen bereits?
Brücken bauen zwischen Bürgern und Behörden. Das will Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler). Seit seinem Amtsantritt ist der 35-Jährige kaum mehr zu bremsen, was die Komposition von neuer Zukunftsmusik angeht. Behörden sollen digitaler werden, so die Vision. Die „digitale Verwaltung“müsse „völlig neu ausgerichtet“werden. Da soll der digitale Gang zum Amt so einfach werden wie ein Kauf beim Online-Versandhändler. Zudem verkündete Mehring, das Faxgerät aus der öffentlichen Verwaltung verbannen zu wollen. Doch wie steht es in Wirklichkeit um die Digitalisierung in den Ämtern unserer Region? Für eine Serie haben wir bei Behörden, Verwaltungsgemeinschaften und beim Amtsgericht nachgefragt. In Folge eins geht es um die Frage, wie digital die Städte und Gemeinden bereits aufgestellt sind.
Einen kleinen Fragebogen hat unsere Redaktion im Zuge der Recherche an alle sechs Verwaltungsgemeinschaften (VGs) und vier Städte und Einheitsgemeinden geschickt. Darin geht es darum, welche Leistungen der Verwaltungen unter anderem bereits digitalisiert sind. Zudem wollten wir wissen, wie viele der behördeninternen Leistungen bereits digitalisiert sind, wie die Behörde den Grad der Digitalisierung der eigenen Verwaltung einschätzt und woran eine vollständige Digitalisierung von Leistungen derzeit noch scheitert. Zudem wollten wir wissen, in welchen Bereichen es aus Sicht der Verwaltungsmitarbeiter keinen Sinn ergibt, zu digitalisieren.
Die Antworten der einzelnen Verwaltungen fallen unterschiedlich ausführlich aus. Am kürzesten – aber dafür am schnellsten – antwortete die Gemeinde Bissingen. Laut Jürgen Ostermair, zuständig für die EDV in Bissingen, sei die Gemeinde bemüht, die Digitalisierung voranzutreiben. Unter anderem könne man online Wahlscheine beantragen oder Zählerstände durchgeben. „Zudem haben wir von den bisher vorhandenen zwei Faxgeräten eines abgeschafft.“Das Gerät werde aber ohnehin nur selten benötigt.
Ja, das Faxgerät. Auch wenn es dieses in den Behörden noch flächendeckend gibt, ist es meist nur noch eine zusätzliche Möglichkeit, mit der Behörde in Kontakt zu treten. Die Stadt Dillingen teilt mit, dass man Faxe seit „vielen Jahren“ bereits digital empfange. Das Gefaxte komme dann als PDF-Datei per Mail. Ähnliches berichten viele Kommunen in unserer Umfrage. Auf diesem Wege kämen öfter mal handgeschriebene Briefe älterer Bürger, sagt Dillingens Pressesprecher Jan Koenen. Das Fax spielt in den Verwaltungen also kaum noch eine Rolle und dürfte eher ein Symbol sein, an dem sich der Digitalminister abarbeitet.
Dass bei der Digitalisierung der Verwaltung noch einiges zu tun ist, ist dennoch richtig. Durch die Bank berichten zwar die angefragten Verwaltungen, dass man in puncto Digitalisierung „auf einem guten Weg“sei. Jede Kommune hat unterschiedlich viele Leistungen bereits online im Angebot. In Höchstädt könne man etwa bereits „alle für die VG relevanten Leistungen überwiegend über das Bürgerservice-Portal beantragen“, teilt Geschäftsstellenleiterin Christine Rauch mit. In Syrgenstein ist es ähnlich. Dort habe man in den vergangenen Jahren viel investiert, sagt IT-Administrator Fabian Burghart. Derzeit plane man nicht mehr mit der weiteren Digitalisierung von Leistungen.
Die VG Gundelfingen ist da bescheidener und schreibt, dass der Grad der Digitalisierung bei rund 10 Prozent liege. 30 Behördenleistungen seien im Ordnungsamt digital möglich. Pressesprecher Benjamin Kahlau schreibt: „Wir machen uns gerade auf den Weg, um die Digitalisierung umzusetzen. Aber auch seitens des Staates gibt es viel zu tun.“Beispielsweise die digitalen Datenübermittlungen vom Standesamt an das Finanzamt oder Amtsgericht würden immer wieder nach hinten verschoben und funktionierten derzeit nur analog mittels Ausdruck und postalischer Übermittlung.
Ein paar Gemeinden und VGs dürfen sich mit dem Prädikat „Digitales Amt“schmücken. So beispielsweise Lauingen, Syrgenstein und Buttenwiesen. Das Siegel erhält eine Kommune, die mindestens 50 Leistungen im Bayern-Portal verlinkt und darüber zur Verfügung gestellt hat. Um sich dort zu registrieren, braucht man die Bayern-ID, eine Art digitale Identifikation, die unter anderem über einen elektronischen Personalausweis erzeugt werden kann. Um da durchzublicken, braucht es aber ein wenig Sitzfleisch. Und eben den elektronischen Personalausweis. Und ein Smartphone. Oder ein Ausweis-Lesegerät.
Komplett digitalisiert läuft also bislang in den Behörden nichts ab. Das hat verschiedene Gründe. Einer davon ist eben nicht das Amt, sondern der Bürger. Es scheitere mitunter an der Akzeptanz, Bayern-ID und E-Personalausweis zu verwenden, schreibt nicht nur Gundelfingens Pressesprecher Kahlau weiter. Ein weiterer Grund sind rechtliche Vorgaben. Mehrere Gemeinden weisen darauf hin, dass man beispielsweise manche Urkunden in Papierform einreichen müsse oder etwa, beispielsweise für die Ausweis-Beantragung, persönlich erscheinen und eine Unterschrift leisten müsse.
Veronika Sporer vom Wertinger Bürgerbüro sagt: Ein Problem sei auch das Angebot an Software. Zuerst müsse die passende Software gefunden und gründlich getestet werden. Das koste Zeit und Geld. Eine einheitliche, zentrale Software, mit der alle Kommunen, Landratsämter und andere Behörden arbeiten sollen und die für alle Behördenvorgänge eine digitale Arbeitsoberfläche bietet, gibt es schlicht nicht.
Digitalisierung scheitert auch an der Akzeptanz der Bürger.