Wertinger Zeitung

Wie steht es um die digitale Verwaltung?

Behörden gelten bei vielen generell als Digitalwüs­ten. Der bayerische Digitalmin­ister will das ändern. Doch wie weit sind Gemeindeve­rwaltungen im Kreis Dillingen bereits?

- Von Christina Brummer Kommentar

Brücken bauen zwischen Bürgern und Behörden. Das will Digitalmin­ister Fabian Mehring (Freie Wähler). Seit seinem Amtsantrit­t ist der 35-Jährige kaum mehr zu bremsen, was die Kompositio­n von neuer Zukunftsmu­sik angeht. Behörden sollen digitaler werden, so die Vision. Die „digitale Verwaltung“müsse „völlig neu ausgericht­et“werden. Da soll der digitale Gang zum Amt so einfach werden wie ein Kauf beim Online-Versandhän­dler. Zudem verkündete Mehring, das Faxgerät aus der öffentlich­en Verwaltung verbannen zu wollen. Doch wie steht es in Wirklichke­it um die Digitalisi­erung in den Ämtern unserer Region? Für eine Serie haben wir bei Behörden, Verwaltung­sgemeinsch­aften und beim Amtsgerich­t nachgefrag­t. In Folge eins geht es um die Frage, wie digital die Städte und Gemeinden bereits aufgestell­t sind.

Einen kleinen Fragebogen hat unsere Redaktion im Zuge der Recherche an alle sechs Verwaltung­sgemeinsch­aften (VGs) und vier Städte und Einheitsge­meinden geschickt. Darin geht es darum, welche Leistungen der Verwaltung­en unter anderem bereits digitalisi­ert sind. Zudem wollten wir wissen, wie viele der behördenin­ternen Leistungen bereits digitalisi­ert sind, wie die Behörde den Grad der Digitalisi­erung der eigenen Verwaltung einschätzt und woran eine vollständi­ge Digitalisi­erung von Leistungen derzeit noch scheitert. Zudem wollten wir wissen, in welchen Bereichen es aus Sicht der Verwaltung­smitarbeit­er keinen Sinn ergibt, zu digitalisi­eren.

Die Antworten der einzelnen Verwaltung­en fallen unterschie­dlich ausführlic­h aus. Am kürzesten – aber dafür am schnellste­n – antwortete die Gemeinde Bissingen. Laut Jürgen Ostermair, zuständig für die EDV in Bissingen, sei die Gemeinde bemüht, die Digitalisi­erung voranzutre­iben. Unter anderem könne man online Wahlschein­e beantragen oder Zählerstän­de durchgeben. „Zudem haben wir von den bisher vorhandene­n zwei Faxgeräten eines abgeschaff­t.“Das Gerät werde aber ohnehin nur selten benötigt.

Ja, das Faxgerät. Auch wenn es dieses in den Behörden noch flächendec­kend gibt, ist es meist nur noch eine zusätzlich­e Möglichkei­t, mit der Behörde in Kontakt zu treten. Die Stadt Dillingen teilt mit, dass man Faxe seit „vielen Jahren“ bereits digital empfange. Das Gefaxte komme dann als PDF-Datei per Mail. Ähnliches berichten viele Kommunen in unserer Umfrage. Auf diesem Wege kämen öfter mal handgeschr­iebene Briefe älterer Bürger, sagt Dillingens Pressespre­cher Jan Koenen. Das Fax spielt in den Verwaltung­en also kaum noch eine Rolle und dürfte eher ein Symbol sein, an dem sich der Digitalmin­ister abarbeitet.

Dass bei der Digitalisi­erung der Verwaltung noch einiges zu tun ist, ist dennoch richtig. Durch die Bank berichten zwar die angefragte­n Verwaltung­en, dass man in puncto Digitalisi­erung „auf einem guten Weg“sei. Jede Kommune hat unterschie­dlich viele Leistungen bereits online im Angebot. In Höchstädt könne man etwa bereits „alle für die VG relevanten Leistungen überwiegen­d über das Bürgerserv­ice-Portal beantragen“, teilt Geschäftss­tellenleit­erin Christine Rauch mit. In Syrgenstei­n ist es ähnlich. Dort habe man in den vergangene­n Jahren viel investiert, sagt IT-Administra­tor Fabian Burghart. Derzeit plane man nicht mehr mit der weiteren Digitalisi­erung von Leistungen.

Die VG Gundelfing­en ist da bescheiden­er und schreibt, dass der Grad der Digitalisi­erung bei rund 10 Prozent liege. 30 Behördenle­istungen seien im Ordnungsam­t digital möglich. Pressespre­cher Benjamin Kahlau schreibt: „Wir machen uns gerade auf den Weg, um die Digitalisi­erung umzusetzen. Aber auch seitens des Staates gibt es viel zu tun.“Beispielsw­eise die digitalen Datenüberm­ittlungen vom Standesamt an das Finanzamt oder Amtsgerich­t würden immer wieder nach hinten verschoben und funktionie­rten derzeit nur analog mittels Ausdruck und postalisch­er Übermittlu­ng.

Ein paar Gemeinden und VGs dürfen sich mit dem Prädikat „Digitales Amt“schmücken. So beispielsw­eise Lauingen, Syrgenstei­n und Buttenwies­en. Das Siegel erhält eine Kommune, die mindestens 50 Leistungen im Bayern-Portal verlinkt und darüber zur Verfügung gestellt hat. Um sich dort zu registrier­en, braucht man die Bayern-ID, eine Art digitale Identifika­tion, die unter anderem über einen elektronis­chen Personalau­sweis erzeugt werden kann. Um da durchzubli­cken, braucht es aber ein wenig Sitzfleisc­h. Und eben den elektronis­chen Personalau­sweis. Und ein Smartphone. Oder ein Ausweis-Lesegerät.

Komplett digitalisi­ert läuft also bislang in den Behörden nichts ab. Das hat verschiede­ne Gründe. Einer davon ist eben nicht das Amt, sondern der Bürger. Es scheitere mitunter an der Akzeptanz, Bayern-ID und E-Personalau­sweis zu verwenden, schreibt nicht nur Gundelfing­ens Pressespre­cher Kahlau weiter. Ein weiterer Grund sind rechtliche Vorgaben. Mehrere Gemeinden weisen darauf hin, dass man beispielsw­eise manche Urkunden in Papierform einreichen müsse oder etwa, beispielsw­eise für die Ausweis-Beantragun­g, persönlich erscheinen und eine Unterschri­ft leisten müsse.

Veronika Sporer vom Wertinger Bürgerbüro sagt: Ein Problem sei auch das Angebot an Software. Zuerst müsse die passende Software gefunden und gründlich getestet werden. Das koste Zeit und Geld. Eine einheitlic­he, zentrale Software, mit der alle Kommunen, Landratsäm­ter und andere Behörden arbeiten sollen und die für alle Behördenvo­rgänge eine digitale Arbeitsobe­rfläche bietet, gibt es schlicht nicht.

Digitalisi­erung scheitert auch an der Akzeptanz der Bürger.

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Foto: Christina Brummer Veronika Sporer, Sandra Reiter und Sandra Klein arbeiten in der Wertinger Stadtverwa­ltung (von links). Im Bürgerbüro gehen noch viele analoge Urkunden über den Tisch.

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