Gegen Hass und Hetze
Fast 15 Prozent haben der AfD bei der U18-Landtagswahl ihre Stimme gegeben. Bei der Europawahl dürfen erstmals 16-Jährige an die Urnen. So geht der Kreisjugendring damit um.
Die Wahlen zum Bayerischen Landtag und auch die U18-Wahl haben es 2023 deutlich gezeigt: Nicht nur bei den Erwachsenen, auch bei Jungwählerinnen und Jungwählern, die sich zum ersten Mal an einer Wahl beteiligt haben, ist ein Rechtsruck zu verzeichnen. Die Diplom-Sozialpädagogin Melanie Zacher vom Kreisjugendring Augsburg-Land hat das genau beobachtet. Als sie vor Kurzem einen Vortrag darüber in Welden hielt, legte sie Zahlen auf den Tisch: So gaben bei der U18-Wahl 14,9 Prozent der jungen Leute ihre Stimme der AfD.
Bei der Europawahl im Juni dürfen Jugendliche zum ersten Mal ab 16 Jahren zur Wahl gehen. Der Weldener Bürgermeister Stefan Scheider erklärte dazu: „Auch dürfen sie bereits als Wahlhelfer aktiv mitarbeiten“. In der Mitte-Studie 2022/23 im Auftrag der FriedrichEbert-Stiftung heißt es: Ein Teil der Mitte distanziert sich von der Demokratie, ein Teil radikalisiert
sich. Deshalb wird vom Kreisjugendring ein Seminar angeboten, dass sich an Vertreterinnen und Vertreter in den Vereinen sowie in der Jugendarbeit richtet, um bei Tendenzen, die mit Hass und Hetze zu tun haben, entgegenzuwirken zu können.
Der Kreisjugendring Augsburg-Land setzt sich seit jeher für Demokratiebildung und demokratisches Verständnis ein. „Wir machen keinen Unterschied bei
Religion, Herkunft oder Nationalität“, so Zacher, „bei uns ist jeder willkommen.“Und trotzdem werden zahlreiche Kolleginnen und Kollegen im Kreisjugendring mit Hass, Hetze und Rechtspopulismus konfrontiert. „Wir brauchen eine Anleitung als Organisation und eine klare Kante, damit wir wissen, wie wir dagegen vorgehen können.“
Die Frage ist: Wie können die Mitarbeiter ihre Themen wie Positivität
und Demokratiebildung in der Jugendarbeit aber auch in den Vereinen und Verbänden an die Kinder und Jugendlichen bringen? Experten raten dazu, Leitsätze, rote Linien gegen Diskriminierung aller Art, Rassismus und Antisemitismus, aber auch gegen Benachteiligung aufgrund geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung zu erarbeiten, die in den hauptamtlichen Einrichtungen bereits anhand von Hausordnungen mit ihren klaren Strukturen praktiziert werden.
Die Seminare, die vom Kreisjugendring angeboten werden, sind kostenfrei. Es gibt aber auch vorbeugende Maßnahmen, die jeder ergreifen kann, sagte Melanie Zacher.
Ein kleiner Auszug aus dem umfangreichen Programm beinhaltet: Wie entwickelt sich eine rechtsextreme Einstellung bereits bei Kindern und Jugendlichen? Weitere Methoden, die das Seminar anbietet, und die jeder durchführen kann, sind Empathie-Training, Perspektivwechsel, interkulturelle Begegnungen durch Jugendaustausch
an Mittelschulen, politische Bildung, Konfliktprävention, Sensibilisierung, Selbstwirksamkeitserfahrungen und vieles mehr. Jugendarbeit in den Vereinen ist vorbeugend.
Ein Seminar, das häufig gebucht wird, widmet sich der Frage: Was kann man gegen rechte Parolen tun? Kritisch sein bei Stammtischparolen, rät die Expertin. Ein Argumentationstraining kann da helfen. „Schnelles distanzieren, klare Kante zeigen“, so die Sozialpädagogin. Es sei aber auch eine Möglichkeit, in Diskussionen einsteigen. Etwa mit Fragen wie: „Wie meinst du das?“oder „Kannst du mir das erklären?“und „Woher beziehst du deine Informationen?“. Und es gehe ihr darum, Haltung zu zeigen. Im Privaten, am Arbeitsplatz, in Vereinen oder auf Demonstrationen.
Die Meinungsfreiheit gelte zwar. Hass sei aber keine Meinung. „Hier wird eine Grenze überschritten. Die Meinungsfreiheit gilt da nicht mehr, wo die Würde eines anderen verletzt wird“, sagte die Diplom-Sozialpädagogin.