Wertinger Zeitung

Mit Musik gegen das Vergessen

„Duo.Klax“reißt mit Saxofon und Klavier das Publikum in der Alten Synagoge in Binswangen vom Hocker. Zwei junge Künstler sind voller Enthusiasm­us unterwegs.

- Von Margot Sylvia Ruf

Wie hätte das Wochenende schöner beginnen können als mit einem Konzertbes­uch in der Alten Synagoge in Binswangen. „Duo.Klax“gastierte in einem Raum, der für ein musikalisc­hes Erlebnis – verbunden mit einem denkwürdig­en Erinnern an jüdische Komponiste­n, die in der NSZeit unter qualvollem Verfemtsei­n litten, – besonders geeignet war. Denn in Binswangen fühlt man sich lange schon der Erinnerung­skultur verpflicht­et, nachdem der Ort in seiner Geschichte jahrhunder­telang jüdisches Leben abgebildet hat. Die Saxofonist­in Regina Reiter und der Pianist Danlin Felix Sheng bilden eine wunderbare Symbiose und stellen in der Synagoge Bestandtei­le ihres Debutalbum­s „Bitterswee­t“mit großem Engagement und eindrucksv­oller Feinsinnig­keit vor.

Künstlerin Reiter hat eine große Leidenscha­ft für Kammermusi­k, deren Bogen sich von Duo bis Quintett spannt. Sie verfügt bereits über einen reichen Erfahrungs­schatz aus der Zusammenar­beit mit unterschie­dlichen Sinfonieor­chestern. Pianist Danlin, als Sohn chinesisch­er Eltern in Berlin aufgewachs­en, ist bekannt für seine musikalisc­he Vielseitig­keit, die er in unterschie­dlichen Projekten als Solist, Kammer- oder Orchesterm­usiker ausdruckss­tark und technisch präzise präsentier­t. Er hat schon eine Menge von Preisen und Auszeichnu­ngen für seine Arbeit einheimsen können.

Bei den beiden Künstlern ist viel Heiterkeit im Spiel, aber auch Ernsthafti­gkeit und brennendes Engagement für die Sache der Musik. Die hochgewach­sene Saxofonist­in Reiter zieht das Publikum in Binswangen sowohl mit ihrem kraftvolle­n Spiel als auch mit einer eindrucksv­ollen Klaviatur von Zwischentö­nen und farbiger Ausdruckss­tärke in ihren Bann. Bei Erwin Schulhoffs (1894–1942) stark an den Jazz angelehnte­n Hot-Sonate

glänzt sie zusammen mit Pianist Sheng im gemeinsame­n, blinden Verstehen. Die beiden Künstler wirken dabei, als würden sie schon ein halbes Leben zusammen auf der Konzertbüh­ne stehen und sich gegenseiti­g zu Höchstleis­tungen anspornen. Ganz leise und dann wieder dramatisch auftrumpfe­nd, erweisen sie sich beim Binswanger Musikereig­nis als wahre Meister an ihren Instrument­en.

Ein wichtiger Teil des Programms von „Duo.Klax“ist Paul Hindemith (1895–1963) gewidmet.

Zwei Sonaten, ursprüngli­ch für Viola und Althorn komponiert, stehen dem vergleichs­weise jungen Instrument Saxofon, das 1840 erfunden wurde, ausgesproc­hen gut zu Gesicht. Von ruhig, bewegt bis lebhaft und langsam reicht dabei die Spannweite in den Sätzen. Die drei Lieder ohne Worte, die teilweise an Volksweise­n erinnern und von Paul Ben-Haim stammen, erwiesen sich als Bereicheru­ng des Abends. Der Komponist emigrierte 1933 aus München nach Israel. Pianist Sheng liefert dazu in Binswangen

Klänge wie hingehauch­t, genauso wie technische Brillanz und energiegel­adene, unverbrauc­hte Spielfreud­e.

Der Abend endet mit „Scaramouch­e“von Darius Milhaud (1892–1974). Saxofonist­in Reiter darf hier ein bisschen Komödie zaubern und mit einem strahlende­n Lächeln das Publikum final aufheitern. Die denkwürdig­e Zugabe „Gebet“(Prayer) von Ernest Bloch bekommt das heftig applaudier­ende Auditorium als Zuckerl noch obendrauf.

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