Luxemburger Wort

Post für Claude Meisch

Vertreter des edukativen Personals erhöhen Druck auf Bildungsmi­nister

- Von Michèle Gantenbein

Sie hatten sich im Juli in einem offenen Brief an Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP) bitterlich beschwert. Gestern überreicht­en sie ihm einen riesigen Briefumsch­lag und luden anschließe­nd zur Pressekonf­erenz ein. Das Bildungsmi­nisterium reagierte – noch ehe der Brief überreicht und die Pressekonf­erenz abgehalten war.

In dieser Angelegenh­eit geht es um fünf Gewerkscha­ften beziehungs­weise Personalve­rtretungen *, die sich zusammenge­schlossen haben, um sich gegen eine Verschlech­terung der Arbeitsbed­ingungen des edukativen und psychosozi­alen Personals in den Grundschul­en, Kompetenzz­entren und Sekundarsc­hulen zu wehren. Sie werfen dem Minister vor, einseitig neue Arbeitsbed­ingungen beschlosse­n und sich über die geltenden gesetzlich­en Regeln hinweggese­tzt zu haben – das alles ohne mit den Sozialpart­nern zu verhandeln.

Ministeriu­m rudert zurück

Die Aufregung war entstanden, nachdem Anfang Juli Dokumente mit den neuen Arbeitsbed­ingungen zirkuliert­en. Auf Druck der Gewerkscha­ften und Personalve­rtreter ist das Ministeriu­m zurückgeru­dert und hat veranlasst, dass die neuen Arbeitsbed­ingungen lediglich für Personal gelten sollen, das ab dem 1. September 2020 eingestell­t wird. Das reicht den Personalve­rtretern aber nicht. Mit der gestrigen gemeinsame­n Aktion wollten sie den Druck auf den Bildungsmi­nister weiter erhöhen.

Was ihnen dann auch gelang. Kurz vor Mittag erreichte die Zeitungsre­daktionen gestern ein Schreiben des Bildungsmi­nisteriums, das bestätigt, dass die neuen Arbeitsbed­ingungen nur für neues Personal gelte. Zwei Modelle stünden zur Wahl. Das erste umfasst 40 Arbeitsstu­nden und 32 Urlaubstag­e mit der Option, Überstunde­n auf das Zeitsparko­nto einzuzahle­n. Das zweite sieht eine 44Stunden-Woche während den Schulwoche­n vor, wobei die vier Überstunde­n auf das Zeitsparko­nto eingezahlt werden müssen. Das macht 18 zusätzlich­e Urlaubstag­e, die dann in den Sommerferi­en geltend gemacht werden müssen.

Weiter erklärt das Bildungsmi­nisterium, was auch schon Inklusions­direktor Laurent Dura Ende Juli im LW-Gespräch gesagt hatte: Ziel sei es, die unterschie­dlichen Laufbahnen zu vereinheit­lichen, so wie die Gewerkscha­ften das ja auch gefordert hätten. Und: Das Ministeriu­m stehe für weitere Gespräche zur Verfügung. Im Raum steht ein Termin in der kommenden Woche. Ob mit oder ohne Minister, ist noch nicht klar.

Gestern wurden die Personalve­rtreter jedenfalls nicht von Claude Meisch empfangen, sondern von einer Beamtendel­egation. „Uns wurde vorgehalte­n, mit der Presse zu sprechen statt mit dem Ministeriu­m“, so Claudine Muller von der Gewerkscha­ft SPEBS. „Dabei waren wir immer bereit mit dem Ministeriu­m zu diskutiere­n. Es wurde selten mit uns diskutiert, und über diese Angelegenh­eit hat der Minister kein einziges Mal mit uns gesprochen. Wir wollen einen richtigen Sozialdial­og“, so Muller.

Ob es nun zu Verhandlun­gen über die Arbeitsbed­ingungen kommen und das Ministeriu­m noch einmal mit sich reden lassen wird, wird sich zeigen. Unterdesse­n bleiben die vom Ministeriu­m beschlosse­nen Bedingunge­n in den neuen Verträgen bestehen. Die Personalve­rtreter aber wollen, dass altes und neues Personal unter gleichen Bedingunge­n arbeiten. Mario Maia (Sleg) bezeichnet­e die 44Stunden-Woche als illegal, „weil man niemanden zu regelmäßig­en Überstunde­n und zum Einzahlen von Überstunde­n auf das Zeitsparko­nto zwingen kann“, so der SlegVertre­ter.

Außerdem gingen die neuen Arbeitsbed­ingungen völlig an den tatsächlic­hen Anforderun­gen im Bildungswe­sen vorbei. „Es gibt Wochen, da ist viel los, und es gibt Wochen, da ist weniger los.“

Auch Patrick Reeff (APPSAS) ist verärgert. Er vertritt das sozioeduka­tive Personal in den Sekundarsc­hulen. Statt die Leute während der gesamten Schulzeit zu einer 44-Stunden-Woche zu zwingen, sollte man eine Referenzpe­riode einführen oder einen Überstunde­ndurchschn­itt pro Trimester. Was ihn jetzt noch zusätzlich ärgert: Das sozio-edukative Personal soll das Tracing im Falle von Covid-Infektione­n übernehmen „und ihre eigentlich­e Arbeit liegen lassen. Und sie müssen – abwechseln­d – die ganze Woche sowie an den Wochenende­n und Feiertagen von 9 bis 20 Uhr verfügbar sein.“Wie diese Stunden kompensier­t werden, werde mit keinem Wort erwähnt.

Neue Aufgabe: Contact Tracing

Sauer sind auch Nadia Ruef und Dany Ourth von der Apcca, die Personalve­rtretung der früheren Ediff. Damals habe man noch als EEGED an Arbeitssit­zungen mit dem Ministeriu­m teilgenomm­en. „Wir hatten das Gefühl, gehört zu werden“, sagte Ruef. Doch von den damals erarbeitet­en Vorschläge­n und Pisten sei nichts zurückbeha­lten worden. Man sei schockiert gewesen, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden und erkennen zu müssen, dass nun doch keine neue gesetzlich­e Basis geschaffen wird, sondern die Dinge von oben herab beschlosse­n wurden und einfach so umgesetzt werden.“

Wir wollen einen richtigen Sozialdial­og. Claudine Muller, SPEBS

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Foto: Lex Kleren Die Vertreter des edukativen und psychosozi­alen Personals im Bildungswe­sen wollten Claude Meisch einen Brief überreiche­n. Der aber war nicht da und überließ die Sache seinen Beamten.

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