Post für Claude Meisch
Vertreter des edukativen Personals erhöhen Druck auf Bildungsminister
Sie hatten sich im Juli in einem offenen Brief an Bildungsminister Claude Meisch (DP) bitterlich beschwert. Gestern überreichten sie ihm einen riesigen Briefumschlag und luden anschließend zur Pressekonferenz ein. Das Bildungsministerium reagierte – noch ehe der Brief überreicht und die Pressekonferenz abgehalten war.
In dieser Angelegenheit geht es um fünf Gewerkschaften beziehungsweise Personalvertretungen *, die sich zusammengeschlossen haben, um sich gegen eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des edukativen und psychosozialen Personals in den Grundschulen, Kompetenzzentren und Sekundarschulen zu wehren. Sie werfen dem Minister vor, einseitig neue Arbeitsbedingungen beschlossen und sich über die geltenden gesetzlichen Regeln hinweggesetzt zu haben – das alles ohne mit den Sozialpartnern zu verhandeln.
Ministerium rudert zurück
Die Aufregung war entstanden, nachdem Anfang Juli Dokumente mit den neuen Arbeitsbedingungen zirkulierten. Auf Druck der Gewerkschaften und Personalvertreter ist das Ministerium zurückgerudert und hat veranlasst, dass die neuen Arbeitsbedingungen lediglich für Personal gelten sollen, das ab dem 1. September 2020 eingestellt wird. Das reicht den Personalvertretern aber nicht. Mit der gestrigen gemeinsamen Aktion wollten sie den Druck auf den Bildungsminister weiter erhöhen.
Was ihnen dann auch gelang. Kurz vor Mittag erreichte die Zeitungsredaktionen gestern ein Schreiben des Bildungsministeriums, das bestätigt, dass die neuen Arbeitsbedingungen nur für neues Personal gelte. Zwei Modelle stünden zur Wahl. Das erste umfasst 40 Arbeitsstunden und 32 Urlaubstage mit der Option, Überstunden auf das Zeitsparkonto einzuzahlen. Das zweite sieht eine 44Stunden-Woche während den Schulwochen vor, wobei die vier Überstunden auf das Zeitsparkonto eingezahlt werden müssen. Das macht 18 zusätzliche Urlaubstage, die dann in den Sommerferien geltend gemacht werden müssen.
Weiter erklärt das Bildungsministerium, was auch schon Inklusionsdirektor Laurent Dura Ende Juli im LW-Gespräch gesagt hatte: Ziel sei es, die unterschiedlichen Laufbahnen zu vereinheitlichen, so wie die Gewerkschaften das ja auch gefordert hätten. Und: Das Ministerium stehe für weitere Gespräche zur Verfügung. Im Raum steht ein Termin in der kommenden Woche. Ob mit oder ohne Minister, ist noch nicht klar.
Gestern wurden die Personalvertreter jedenfalls nicht von Claude Meisch empfangen, sondern von einer Beamtendelegation. „Uns wurde vorgehalten, mit der Presse zu sprechen statt mit dem Ministerium“, so Claudine Muller von der Gewerkschaft SPEBS. „Dabei waren wir immer bereit mit dem Ministerium zu diskutieren. Es wurde selten mit uns diskutiert, und über diese Angelegenheit hat der Minister kein einziges Mal mit uns gesprochen. Wir wollen einen richtigen Sozialdialog“, so Muller.
Ob es nun zu Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen kommen und das Ministerium noch einmal mit sich reden lassen wird, wird sich zeigen. Unterdessen bleiben die vom Ministerium beschlossenen Bedingungen in den neuen Verträgen bestehen. Die Personalvertreter aber wollen, dass altes und neues Personal unter gleichen Bedingungen arbeiten. Mario Maia (Sleg) bezeichnete die 44Stunden-Woche als illegal, „weil man niemanden zu regelmäßigen Überstunden und zum Einzahlen von Überstunden auf das Zeitsparkonto zwingen kann“, so der SlegVertreter.
Außerdem gingen die neuen Arbeitsbedingungen völlig an den tatsächlichen Anforderungen im Bildungswesen vorbei. „Es gibt Wochen, da ist viel los, und es gibt Wochen, da ist weniger los.“
Auch Patrick Reeff (APPSAS) ist verärgert. Er vertritt das sozioedukative Personal in den Sekundarschulen. Statt die Leute während der gesamten Schulzeit zu einer 44-Stunden-Woche zu zwingen, sollte man eine Referenzperiode einführen oder einen Überstundendurchschnitt pro Trimester. Was ihn jetzt noch zusätzlich ärgert: Das sozio-edukative Personal soll das Tracing im Falle von Covid-Infektionen übernehmen „und ihre eigentliche Arbeit liegen lassen. Und sie müssen – abwechselnd – die ganze Woche sowie an den Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 20 Uhr verfügbar sein.“Wie diese Stunden kompensiert werden, werde mit keinem Wort erwähnt.
Neue Aufgabe: Contact Tracing
Sauer sind auch Nadia Ruef und Dany Ourth von der Apcca, die Personalvertretung der früheren Ediff. Damals habe man noch als EEGED an Arbeitssitzungen mit dem Ministerium teilgenommen. „Wir hatten das Gefühl, gehört zu werden“, sagte Ruef. Doch von den damals erarbeiteten Vorschlägen und Pisten sei nichts zurückbehalten worden. Man sei schockiert gewesen, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden und erkennen zu müssen, dass nun doch keine neue gesetzliche Basis geschaffen wird, sondern die Dinge von oben herab beschlossen wurden und einfach so umgesetzt werden.“
Wir wollen einen richtigen Sozialdialog. Claudine Muller, SPEBS