Kein Friede ohne Palästina
Der Stolz ist Benjamin Netanjahu anzumerken. „Wir haben jetzt zwei historische Friedensabkommen mit zwei arabischen Ländern, die in einem Monat geschlossen wurden“, sagte der israelische Premierminister jüngst. Unter dem Slogan „Peace In The Middle East“, Friede im Nahen Osten, wurden die Abkommen gefeiert – und zweifellos sind die gestern unterzeichneten Vereinbarungen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain historisch.
Trotz permanenter diplomatischer Anstrengungen zahlreicher Parteien hatte sich im Nahen Osten jahrzehntelang wenig in Sachen Friedensverhandlungen getan. Nur mit zwei seiner vier Nachbarstaaten hatte Israel bislang Abkommen vereinbart: 1979 mit Ägypten, 1994 mit Jordanien. Mit den beiden nördlichen Nachbarstaaten Libanon und Syrien befindet sich Israel hingegen seit Jahrzehnten in latenten kriegerischen Auseinandersetzungen: Alle drei Länder stellen Gebietsansprüche in den Golanhöhen, immer wieder kommt es zu Gefechten.
Für Netanjahu sind die Abkommen eine Bestätigung seiner Politik der Stärke; für ihn wie für Trump stellen sie einen diplomatischer Erfolg dar. Israel stärkt damit seine Allianz gegen den Erzgegner Iran, mit dem auch Bahrain verfeindet ist und der ein angespanntes Verhältnis zu den VAE hat. Doch dass es sich tatsächlich um einen „historischen Durchbruch“handelt, wie der USPräsident behauptet, darf bezweifelt werden. Dazu hat Trump im schwelenden Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern mit seiner einseitigen Parteinahme für Israel bereits zu viel Schaden angerichtet.
Dennoch ist es nun ein Fortschritt, dass Tel Aviv, Abu Dhabi und Manama offizielle diplomatische Beziehungen aufnehmen werden; dass ihre Bürger untereinander unbehindert reisen und Geschäfte machen können. Das schafft Vertrauen, das baut Vorurteile ab; je enger die Handelsbeziehungen, desto fester der Frieden. Das gilt auch für Saudi-Arabien, das seinen Luftraum für Israel geöffnet hat.
Doch von zentraler Bedeutung für einen wirklichen Frieden im Nahen Osten ist eine nachhaltige Verständigung zwischen Israel und den Palästinensern. Die ist in weite Ferne gerückt, seit sich Netanjahu mit Rückendeckung durch Trump zu einem konfrontativen Kurs ermutigt fühlt. Zwar hat er seine Pläne, weite Teile des Westjordanlands zu annektieren, zunächst auf Eis gelegt. Doch eindeutig vom Tisch sind sie trotz aller wohlklingenden Bekundungen nicht. Zumal der Premierminister mit dem anhaltenden Bau von israelischen Siedlungen auf arabischem Land unentwegt Fakten schafft – und es dadurch immer schwieriger macht, dass irgendwann einmal ein funktionierender Palästinenserstaat entstehen kann. Die EU-Staaten haben im Frühjahr auf luxemburgische Initiative ihr Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung eindeutig bekräftigt. Daran müssen sie trotz der verzwickten Lage weiter festhalten. Sie müssen diplomatischen Druck machen. Denn Friede zwischen Israelis und Palästinensern wird es nur geben, wenn sich beide Völker auf Augenhöhe begegnen.
Ohne die ZweiStaatenLösung wird es im Nahen Osten keine Ruhe geben.
Kontakt: michael.merten@wort.lu