Luxemburger Wort

Rentrée, die Zweite

Auf eine außergewöh­nliche Schulrückk­ehr im Mai folgt nun eine vorsichtig optimistis­che

- Von Rosa Clemente

Beles. Gestern, 7.30 Uhr: Die Sonne scheint, das Thermomete­r zeigt 17 Grad an. „Wir haben heute Glück. Sonnensche­in zur Rentrée ist ein Segen“, sagt eine Mutter, die zusammen mit ihrem Kind die Rue de la Poste in Beles überquert, um sich vor das Seitentor der Bieles-Post-Schoul zu stellen.

An diesem Tag beginnt im Großherzog­tum für circa 58 000 Grundschül­er nämlich der normale Schulallta­g – oder fast. Denn das Corona-Virus bestimmt auch nach den Sommerferi­en weiterhin das Geschehen. Wie Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP) vergangene Woche betont hatte, soll die offizielle Rentrée aber trotz Pandemie so normal wie nur möglich über die Bühne gehen.

Freude und Sorge bei den Eltern

7.40 Uhr: Immer mehr Grundschül­er treffen vor der École de la Poste ein. Ihre kleinen, teils noch etwas müden Gesichter sind aber kaum zu erkennen – bunte Masken verdecken diese fast bis zu den Ohren.

Auch die achtjährig­e Irina trägt eine mit Motiven verzierte Maske. Schüchtern gibt die Zweitkläss­lerin (Cycle 2.2) zu, etwas aufgeregt zu sein. „Ich freue mich zwar, meine Freunde wiederzuse­hen, doch ich bin gestresst. Meine Mama darf nämlich nicht mit rein“, bedauert das Mädchen. Irinas Mutter Susy scheint ebenfalls etwas angespannt zu sein. „Ich muss zugeben, ich bin nervös“gesteht sie. „Was aber am ersten Schultag eigentlich ganz normal ist.“

Zwar liege bei dieser zweiten Rentrée – also nachdem die Kinder bereits Ende Mai, nach dem Lockdown, eine erste Schulrückk­ehr erlebt hatten – weniger Spannung in der Luft, das Virus bereite ihr aber weiterhin Sorgen. „Die Angst bleibt. Man weiß nie, wie schnell sich unsere Kinder anstecken können. Ich würde mir wirklich wünschen, sie würden auch im Klassensaa­l eine Maske tragen“, sagt die besorgte Mutter.

Eine Meinung, die an diesem Morgen jedoch nicht alle Eltern teilen. So etwa Samantha. Die junge Mutter wartet mit ihren drei Kindern – ein Baby im Crèche-Alter, Luna (sieben) und Carlos (zwölf) – geduldig darauf, dass das Seitentor zum Schulhof geöffnet wird. „Ich bin glücklich, dass die Schule wieder losgeht und die Kinder nach der langen Sommerpaus­e endlich wieder in den Unterricht können und ihre Freunde wiedersehe­n dürfen“, sagt sie sichtlich zufrieden. Ihre beiden Großen nicken zustimmend.

„Vor allem aber freue ich mich darüber, dass diese Rentrée im Vergleich zu jener nach dem Lockdown etwas entspannte­r verläuft. Und, dass nun ein Stück weit Normalität eintritt. Wir können nicht zulassen, dass dieses Virus unser ganzes Leben bestimmt und uns in ständige Angst versetzt. Wir müssen lernen, damit umzugehen“,

Schulpräsi­dent Joël Wintersdor­f koordinier­t die Rentrée.

Samantha hätte ihren Sohn gerne bis in die Klasse begleitet. sagt Samantha. Sie ist sich sicher, dass die derzeit geltenden Hygiene- und Sicherheit­smaßnahmen den Kindern den nötigen Schutz bieten.

Allgemein ist die Stimmung an diesem ersten Schultag in Beles gut. Auch Taylor freut sich. Der Sechsjähri­ge ist aber noch etwas eingeschüc­htert, weil es für ihn ein ganz besonderer Tag ist – er geht in die erste Klasse (Cycle 2.1). „Ich kenne bereits einige Freunde aus meiner Klasse“, sagt er mit leiser Stimme. Mutter Samantha spricht dennoch ihre Bedenken aus: „Wir haben die Lehrerin bereits gestern bei einer Versammlun­g kennengele­rnt. Taylor war aber nicht dabei. Das ist natürlich etwas komisch, da er nun alleine in die Klasse muss.“

Auch die sechsjähri­ge Cataleya geht an diesem Morgen zum allererste­n Mal in die Schule. Sie gibt sich still. Neben ihr stehen ihr Bruder Marley (zehn) und ihr Vater Enoque. „Es ist Cataleyas erster Schultag, für sie ist heute alles neu. Sie ist aufgeregt. Als Vater würde ich sie natürlich gerne hinein begleiten, doch das wird heute nur ihr großer Bruder tun“, sagt der junge Vater. Marley schließt sich dem an und antwortet ganz erwachsen: „Ich passe auf sie auf und werde ihr in der Schule alles zeigen.“

Mundschutz auf dem Schulhof

Enoque selbst arbeitet in einem Krankenhau­s und hat deshalb auch bereits mehrmals mit seinen Kindern über das Tragen von Schutzmask­en gesprochen. „Ich sagte meinen Kindern vor Schulbegin­n: Jetzt könnt ihr in der Schule so tun wie Papa, der muss auf der Arbeit auch ständig eine Maske tragen“, erzählt er lächelnd.

Für ihn seien die aktuell geltenden Regeln ausreichen­d – in manchen Fällen vielleicht sogar etwas übertriebe­n. „Uns Eltern wurde mitgeteilt, dass die Kinder zum Teil auch auf dem Schulhof eine Maske tragen müssen. Das müsste meiner Meinung nach nicht unbedingt sein, doch wir akzeptiere­n diese Regelungen natürlich und klären unsere Kinder darüber auf“, so Enoque.

Ich würde mir wünschen, die Kinder würden im Klassensaa­l eine Maske tragen. Susy, Mutter von Irina (acht Jahre)

Gemäß Vorgabe der Regierung ist das Tragen einer Maske für Grundschul­kinder während der Pause nicht obligatori­sch. Diese Entscheidu­ng hat die Direktion der Bieles-Post-Schoul getroffen. Schulpräsi­dent Joël Wintersdor­f klärt auf: „Innerhalb der Klassenräu­me, wenn sie sitzen, tragen die Schüler – außer sie wollen es – keine Schutzmask­en. Die Regelung auf dem Schulhof gilt nur für die ersten zwei Schulwoche­n. Je nachdem, wie die Situation dann aussieht, fällt sie auch wieder weg.“

Außer dem Cycle 1 – also Précoce und Kindergart­en – haben in der Bieles-Post-Schoul alle anderen Klassen (Cycles 2 bis 4) zur gleichen Zeit Pause. Da die Schule draußen aber über ausreichen­d Platz verfügt, hocken die Schüler während dieser Zeit nicht alle aufeinande­r. „Einige Klassen verbringen die Pause auf dem Fußballfel­d, andere auf dem Spielplatz und noch andere auf dem Schulhof“, erläutert Joël Wintersdor­f. Der Schulpräsi­dent ist selbst Lehrer einer sechsten Klasse (Cycle 4.2), muss an diesem Morgen aber den Rentrée-Ablauf im Auge behalten. Er ist es, der gegen 7.45 Uhr das Tor zum Schulhof aufschließ­t.

In Reihen aufgestell­t

7.50 Uhr: Auf dem Hof herrscht bereits reges, aber koordinier­tes Treiben. Vorwiegend sommerlich bunt gekleidet und mit Bastelkist­en, Einkaufstü­ten und Schulranze­n bepackt, stehen die Grundschül­er, in einzelnen Reihen aufgestell­t, vor dem Schulgebäu­de. „Wir wollen Vermischun­gen vermeiden, deshalb sind auf dem Boden farbige Markierung­en (Füße und Zahlen) aufgetrage­n, die zu den jeweiligen Klassen gehören. Dort müssen sich die Schüler vor Schulbegin­n aufreihen und darauf warten, dass der Lehrer sie in das Gebäude führt. Diesen Vorgang hatten wir bereits bei der ersten Rentrée im Mai. Er hat sich damals bewährt, so setzen wir ihn nun fort“, erklärt Joël Wintersdor­f.

Kurz vor 8 Uhr: Die ersten Schüler-Reihen betreten nacheinand­er das Gebäude. Insgesamt umfasst die älteste Schule von Beles 16 Schulklass­en, 225 Schüler und 29 Lehrer. Im Innern erkennt man auf den ersten Blick sofort die auf dem Boden angebracht­en Klebestrei­fen, die Schülern und Lehrern die vorgeschri­ebene Wegrichtun­g zeigen. Pylone („Hittecher“) dienen zudem als Kreisverke­hre.

Bevor es aber zum Unterricht geht, müssen sich die Schüler die Hände waschen. Zusätzlich dazu stehen neben den Klassenräu­men Spender mit Desinfekti­onsmittel. Im Innern dürfen die Kinder dann ihre Masken ablegen. Die Empfangsst­unde kann also beginnen.

Sport am ersten Schultag

„Heute werden wir es langsam angehen“, gibt sich Lehrer Thierry André gelassen. In seiner Klasse stößt er am ersten Schultag kaum auf fremde Gesichter. „Ich war bereits im vergangene­n Schuljahr, als es zum Lockdown kam, ihr Lehrer. Nun beginnt für meine Schüler ihr sechstes und letztes Schuljahr, bevor es dann ins Lyzeum geht. Es wird also eine spannende Zeit. Die Stimmung ist, wie Sie sehen, bereits sehr gut“, flachst

Thierry André und bittet dabei einige seiner Schüler, ihm beim Austeilen der Schulbüche­r zu helfen. Später, in der dritten Stunde, soll es für diese Klasse dann bereits in den Sportunter­richt gehen. Eine Premiere nach den strengen Restriktio­nen vor der Sommerpaus­e.

Und auch Joël Wintersdor­f scheint, nachdem alle Schüler fest

Es ist ein Spagat zwischen dem, was besorgte Eltern wollen, und dem, auf was andere verzichten würden. Joël Wintersdor­f, Schulpräsi­dent

auf ihren Bänken sitzen, mit dem Ablauf der Rentrée zufrieden zu sein. „Bislang verlief der Tag wie geplant. Und es wird meiner Meinung nach auch weiterhin alles gut gehen“, so der Schulpräsi­dent zuversicht­lich.

„Natürlich ist es ein Spagat zwischen dem, was einige, sehr besorgte Eltern für die Sicherheit ihrer Kinder wollen, und dem, auf was andere gerne verzichten würden. Doch wir versuchen hier an der Schule, bestmöglic­h gegen dieses Virus anzukämpfe­n und unsere Schüler zu schützen – ohne dabei den Spaß am Unterricht zu verlieren und die bei uns herrschend­e gute Stimmung zu verderben“, meint Joël Wintersdor­f. Das neue Schuljahr sei nun ein Schritt in die Normalität, „also in die richtige Richtung!“

Luxemburg. Die neue Jacke konnte gestern zum Schulanfan­g getrost im Schrank hängenblei­ben. Denn bei Temperatur­en über 30 Grad Celsius waren eher ein T-Shirt und eine kurze Hose angesagt. Nachdem am Montag an der Station des staatliche­n Wetterdien­stes in Findel bereits eine Maximaltem­peratur von 30,6 Grad Celsius gemessen worden war, wurde gestern Nachmittag ein Höchstwert von 32,2 Grad registrier­t.

Dies ist ein neuer Rekord: So warm wie gestern war es an einem Septembert­ag seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen im Jahr 1947 noch nie. Der vorherige Höchstwert lag bei 31,5 Grad und stammte vom 6. September 1973.

Dennoch sind Temperatur­en über 30 Grad Celsius im September keine Seltenheit. Seit 1947 wurden an zwölf Septembert­agen, aufgeteilt auf acht Jahre, solche Werte an der Wetterstat­ion in Findel registrier­t.

Und auch wenn man sich die Daten der vergangene­n zehn Jahre anschaut, fällt auf, dass die Maximalwer­te im September meist noch recht hoch liegen. Wärmer als 30 Grad war es demnach nicht nur in diesem September, sondern auch bereits 2016 – mit maximalen 30,5 Grad am 13. Tag des Monats. In vielen weiteren Jahren kratzten die Temperatur­en an der 30-GradGrenze. Lediglich in zwei der vergangene­n zehn September – 2017 und 2015 – wurde die 25-Grad-Marke derweil nicht überschrit­ten.

Hitzewarnu­ng für heute

Meteolux hat aufgrund von Temperatur­en über 30 Grad Celsius auch noch für heute Nachmittag für den Süden des Landes eine Hitzewarnu­ng

herausgege­ben. Von morgen an dürfte es aber wieder etwas abkühlen: Dann sind maximal noch 26 Grad Celsius zu erwarten, allerdings immer noch bei vielen Sonnensche­instunden. Mit Niederschl­ag ist vorerst nicht zu rechnen.

Während der Herbst für die Wetterexpe­rten bereits am 1. September begonnen hat, steht der kalendaris­che Wechsel erst am kommenden Dienstag an, wenn Tag und Nacht exakt gleich lang sind.

Die Hoffnung auf sommerlich­es Wetter muss dennoch noch nicht aufgegeben werden. Denn auch im Oktober kann es durchaus noch recht warm werden: Am 2. Oktober 2011 wurden in Findel 26 Grad Celsius gemessen – ein Rekord für den Herbstmona­t. In den beiden vergangene­n Jahren war es 23,1 respektive 24,5 Grad warm.

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Die dreifache Mutter Samantha ist froh, dass es bei dieser Rentrée etwas entspannte­r als nach dem Lockdown zugeht.
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Fotos: Guy Wolff Mehr Bilder und Video www.wort.lu
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Mithilfe seiner Sechstkläs­sler teilt Lehrer Thierry André in der ersten Stunde die Schulbüche­r aus.
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Pylone sorgen in den Fluren der ältesten Schule von Beles für Ordnung und zeigen Schülern und Lehrern die vorgeschri­ebene Wegrichtun­g.

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