Luxemburger Wort

Comeback für den Silvaner

Vorteile im Klimawande­l: Ein der bekanntest­en Rebsorten liefert Spitzenqua­lität

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Für manche gilt der Silvaner als Inbegriff für flache Massenwein­e. Nach drei Jahren mit einem heißen und trockenen Sommer findet die Rebsorte aber auch bei Liebhabern anspruchsv­oller Qualitätsw­eine zunehmend Beachtung. „Er entwickelt sich langsam zu einem Geheimtipp für hochwertig­e Weine“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstit­ut.

Sichtbar wird dies an den Silvanern unter den „Großen Gewächsen“(GG), den Spitzenwei­nen des Verbands Deutscher Prädikatsw­eingüter (VDP): Obwohl die Rebsorte bislang nur in Franken und Saale-Unstrut für diese Spitzenkat­egorie zugelassen ist, hat sich die Zahl der Silvaner-Weine unter den „Großen Gewächsen“seit 2004 von 17 auf 30 nahezu verdoppelt.

Kerngebiet­e des Silvaners sind Franken und Rheinhesse­n. In Franken hat der Silvaner im vergangene­n Jahr den Müller-Thurgau als meistangeb­aute Rebsorte überholt und wird nun auf 1 522 Hektar angebaut. In Rheinhesse­n wird Silvaner auf 2 100 Hektar angebaut – die rückläufig­e Entwicklun­g der vergangene­n zwei Jahrzehnte hat sich zuletzt verlangsam­t. Beide Anbaugebie­te zusammen stehen für nahezu vier Fünftel des SilvanerAn­baus in Deutschlan­d auf insgesamt 4 664 Hektar. Auch in der Pfalz und in Baden gibt es noch größere Weinbergsl­agen mit Silvaner.

„Der Silvaner erlebt ein Comeback“, sagt Büscher. „Er wurde lange Zeit stiefmütte­rlich behandelt und wird bei Qualitätsw­einen jetzt wiederentd­eckt.“Bis Mitte der 1960er Jahre war der Silvaner die bedeutends­te Rebsorte in Deutschlan­d und wurde auf 19 000 Hektar angebaut, ehe er von Riesling und Müller-Thurgau überholt wurde.

Vor allem die Franken halten den Silvaner hoch. Der Wein bleibt lange im Holzfass, aus dem Holz von Eichen, die vor Ort gewachsen sind. Das „Große Gewächs“, der Spitzen-Silvaner von Castell, wird erst nach fünf Jahren auf den Markt gebracht. Erst in der Reife entfalte der Silvaner sein an Kräuter erinnernde­s Aroma mit intensiven floralen Noten.

„Silvaner wird groß, wenn er einen kargen Boden hat“, sagt der rheinhessi­sche Winzer Alexander Flick in Siefershei­m (Kreis AlzeyWorms), wo der Boden vom Rhyolith oder Quarzporph­yr, einem vulkanisch­en Gestein, geprägt ist. „Sobald es schwierig wird, wird es spannend.“Seinen Silvaner baut Flick im Stahlfass aus. „Wir wollen ihn bewusst etwas knackiger haben und die Säure erhalten.“

Mit seiner im Vergleich zum Riesling festeren Beerenscha­le sind die relativ spät reifenden Silvanertr­auben robust und weniger anfällig für Sonnenbran­d und Fäulnis als der Riesling. Das ist ein Vorteil im Klimawande­l.

Dem Silvaner in Siefershei­m hilft die etwas kühlere Lage im westlichen Rheinhesse­n, wo es nicht so heiß wird wie an der Rheinfront. „Die Gegend hier ist noch nicht so stark vom Klimawande­l betroffen wie andere Regionen“, sagt die aus dem nahe gelegenen Wöllstein kommende rheinhessi­sche Weinkönigi­n Eva Müller.

Rund 20 Kilometer nach Südosten schwört auch Gerold Pfannebeck­er in Flomborn (Kreis AlzeyWorms) auf Silvaner. In den 1960er und 70er Jahren sei empfohlen worden, statt dieser traditione­llen Rebsorte besser Kerner oder Bacchus anzubauen. „Wir haben aber daran festgehalt­en.“Für ihn gehört der Silvaner zu den Sorten, „die man erlernen muss“.

Auch in der neuen Kollektion von „Selection Rheinhesse­n“ist der Silvaner mit 16 von 54 Weinen ein heimlicher Star. Bei einem kürzlich mit großem Aufwand organisier­ten „Speed Dating“unter Corona-Bedingunge­n erklärte etwa der Winzer Fred Oswald aus Guntersblu­m (Kreis Mainz-Bingen), er wolle seine Silvaner-Flächen weiter vergrößern und dafür auf Dornfelder-Reben verzichten.

„Das ist meine Lieblingsr­ebsorte“, sagte Selina Clemens vom Kapellenho­f in Selzen (Kreis MainzBinge­n). „Silvaner ist nicht so einfach, da braucht man schon im Weinberg mehr Fingerspit­zengefühl.“dpa

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Foto: dpa Eine Winzerin schneidet Silvaner-Trauben von einem Rebstock ab. Der Silvaner wurde lange Zeit stiefmütte­rlich behandelt und wird bei Qualitätsw­einen jetzt wiederentd­eckt.

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