Der Knoten ist geplatzt
Diego Ulissi macht mit seinem ersten Saisonsieg klar, dass bei der SkodaTour mit ihm zu rechnen ist
Wenn das Team UAE-Emirates mit Diego Ulissi zu einem Rennen reist, dann ist eines bereits im Vorfeld klar: Man möchte nicht nur die zweite Geige spielen, sondern dem Wettkampf auch seinen Stempel aufdrücken. Die 80. LuxemburgRundfahrt scheint da keine Ausnahme zu werden. Gleich auf der ersten Etappe mit Start und Ziel in Luxemburg-Stadt machte Ulissi klar, warum er ins Großherzogtum gereist ist: Der 31-Jährige hat den Gesamtsieg bei der SkodaTour ins Visier genommen.
Der Italiener siegte gestern in Anschluss an ein durchaus kniffliges und nicht ungefährliches Finale im Sprint einer letztendlich 40 Mann großen Gruppe vor Amaury Capiot (B/Sport Vlaanderen) und den ebenfalls sprintstarken Eduard Michael Grosu (E/Nippo) und Jon Aberasturi (E/Caja Rural). Dahinter landeten mit Jasper Philipsen (B) und Rui Oliveira (P) zwei Teamkollegen von Ulissi. Die Mannschaft mit Lizenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten machte gestern einen bärenstarken Eindruck. Ulissi wusste Bescheid: „Mein Team hat auf den letzten zehn Kilometern gut gearbeitet und ich konnte den Sprint am Ende für mich entscheiden. Mein Dank geht an meine Teamkollegen.“
Ulissi ist der verdiente Sieger. Nachdem eine fünfköpfige Ausreißergruppe um Tony Gallopin (F/Ag2r) eingefangen war, wurde auf den letzten zehn Kilometern das Finale eingeläutet. Ulissi brannte es unter den Fingernägeln und neun Kilometer vor dem Ziel sprang er aus dem Peloton heraus. Das Hauptfeld holte ihn jedoch zwei Kilometer später wieder ein. Dann lauerte der Puncher auf die letzten ansteigenden Meter von Clausen hinauf nach Kirchberg. Ulissi griff zusammen mit Grosu an, wurde allerdings erneut gestellt. Doch damit nicht genug. Der
Italiener lancierte seinen Spurt hinauf zur Place de l’Europe 250 Meter vor dem Ziel und setzte sich mit deutlichem Vorsprung durch. Die Erleichterung war ihm anzusehen. „Es ist mein erster Sieg in dieser Saison, daher bin ich sehr glücklich. Es ist ein ganz spezieller Tag für mich“, strahlte er vor der Siegerehrung. Der Knoten ist geplatzt.
Ulissi sammelte zuletzt Ehrenplätze. 2020 war er mit Ausnahme des EM-Straßenrennens nie schlechter als Position 18. Mit Rang vier bei der Settimana Coppi e Bartali vor zehn Tagen untermauerte er seine gute Form. Zuvor schrammte er mehrmals knapp am Sieg vorbei: Sechster bei den italienischen Meisterschaften, Dritter beim Giro dell'Emilia, Achter bei der Lombardei-Rundfahrt, Zweiter beim Gran Piemonte und Fünfter bei der Polen-Rundfahrt.
Nun durfte er das gelbe Leadertrikot überstreifen. Seine Ambitionen verheimlicht Ulissi nicht: „Jetzt ist es unser Ziel, die Leaderposition zu verteidigen.“Die Konkurrenz ist gewarnt. Die Truppe von UAE-Emirates ist auf jeden Fall dazu in der Lage.
Centrone bester Luxemburger
Von den zehn Luxemburgern erreichte nur Ivan Centrone (Natura4Ever) zeitgleich mit Ulissi das Ziel. Der 24-Jährige will in der Schlusswertung mindestens zu den Top 20 gehören. Tom Wirtgen (Bingoal) attackierte auf den letzten hundert Metern, musste im Ziel allerdings elf Sekunden Rückstand in Kauf nehmen. Fünf Sekunden dahinter fuhren Michel Ries (Trek), Ben Gastauer (Ag2r) und Luc Wirtgen (Bingoal) ins Ziel.
Pechvogel des Tages war ausgerechnet Kevin Geniets. Luxemburgs Landesmeister vom Team Groupama-FDJ machte ein Defekt in der Schlussphase einen Strich durch die Rechnung. Auch sein Kapitän Arnaud Démare (F) spielte in der Schlussphase keine Rolle.
Das kann heute schon wieder anders aussehen: 160,8 km stehen zwischen Remich und Hesperingen auf dem Programm. Im Zielort sollte es zu einem Massensprint kommen. Dann zählt Démare zu den Topfavoriten. Aber auch Ulissi verfügt über eine gewisse Endschnelligkeit.