Wieder nicht dabei
Lennard Kämna gewinnt bei der Tour de France, während Bob Jungels den Sprung in die Ausreißergruppe verpasst
„Das ist meine Geschichte mit dieser Tour de France“, sagte Bob Jungels gestern nach der 16. Etappe. Der Luxemburger Radprofi vom Deceuninck-Team hatte vor der Grande Boucle angekündigt, auf die Jagd nach Etappensiegen zu gehen. Dafür muss er sich in Ausreißergruppen zeigen – doch man hat den 27-Jährigen noch nicht sehr oft vorne gesehen. Dabei hatte er es mehrmals versucht.
„Natürlich wäre es toll gewesen, mit Julian (Alaphilippe) in der Ausreißergruppe zu sein. Es ist leider kein Videospiel, und ich habe es wieder nicht geschafft“, kommentierte Jungels das gestrige Geschehen. „Es war sehr, sehr hart, aber eigentlich hatte ich gute Beine. Es ist kompliziert, die richtige Gruppe zu erwischen. Sie hatte sich in einer Abfahrt gebildet, wo wir es nicht erwartet hatten. Aber ich gebe nicht auf.“
Leider ist es kein Videospiel, und ich habe es wieder nicht in die Ausreißergruppe geschafft. Bob Jungels
Demnach waren es andere Fahrer, die sich gestern auf dem schweren Teilstück in Szene setzten. Immerhin waren fünf kategorisierte Anstiege zu bewältigen – mit den beiden schwersten in der Rennhälfte (Col de Porte) beziehungsweise mit dem Gipfel 21 km vor dem Ziel. Die 23-köpfige Ausreißergruppe war sehr stark, mit dem bereits erwähnten Alaphilippe, oder auch dem noch amtierenden Giro-Sieger Richard Carapaz (ECU).
Ich bin an allen Teilen meines Körpers kaputt. Egan Bernal
Am Ende war es aber ein Deutscher, der den Etappensieg mit etwas mehr als 16 Minuten Vorsprung auf die Favoriten holte. Lennard Kämna (Bora) hatte es bei dieser Tour de France schon mehrmals versucht, gestern schüttelte er Carapaz an der vorletzten Steigung 21 km vor dem Ziel ab.
Bernal hat Schmerzen
„Das war ein unglaublicher Tag für mich. Es war von Beginn an ein Kampf und ich wusste, dass ich alleine ankommen muss“, so Kämna, der die 13. Etappe erst im Sprint verloren hatte. „Als ich sah, dass
Carapaz das Tempo verlangsamte, dachte ich, es wäre der richtige Moment für die Attacke.“Jungels kam als 72. mit knapp 25 Minuten Rückstand ins Ziel. Jene Favoriten, die noch eine Chance auf den Gesamtsieg haben, hatten den Zielort gemeinsam erreicht. Allerdings wurde Titelverteidiger Egan Bernal (COL/Ineos) wieder sehr früh abgehängt und verlor viel Zeit. „Ich bin an allen Teilen meines Körpers kaputt. Ich habe den ganzen Tag an Rückenschmerzen gelitten und es wurde immer schlimmer. Am Ende tat auch noch das Knie weh. So wird es schwer, morgen (heute) am Col de la Loze um den Etappensieg zu kämpfen.“
Bernal weiß, was ihm blüht. Die Königsetappe steht an, mit zunächst dem schweren Col de la Madeleine (17,1 km) und dem noch schlimmeren Schlussanstieg des Col de la Loze (21,5 km). Und genau von diesem halten einige Radprofis nicht viel.
Jungels will weiter angreifen
Besonders Jungels äußerst scharfe Kritik an der Schlussankunft (siehe Seite 43). „Ihr werdet bestimmt Freude daran haben, uns zuzuschauen, wenn wir mit fünf Stundenkilometern dort hochfahren“, sagte der 27-Jährige, der weiter attackieren will. Allerdings: „Es ist kein guter Tag, um es als Ausreißer zu versuchen. Die Favoriten auf den Schlusssieg werden im Rampenlicht stehen. Am Donnerstag und am Freitag werde ich es aber wieder versuchen, denn ich will noch ein gutes Ergebnis bei dieser Tour de France erzielen.“Jungels fühlt sich gut, auch wenn er am Sonntag von einem Krankenwagen gerammt wurde und stürzte. „Der Rücken war heute (gestern) etwas steif, aber das ist normal.“
Der Fahrer des Krankenwagens wurde von der Tour de France ausgeschlossen – eine Strafe, die Jungels nicht weiter kommentieren will. Zumal er am Sonntag selbst den Sturz von Sergio Higuita (Education First) zu Beginn der Etappe verursacht hatte. Der Kolumbianer gab das Rennen später auf. „Jeder, der die Szene mit dem Krankenwagen gesehen hat, kann sich selbst ein Bild davon machen. Ich habe selbst auch einen Fehler gemacht.“