Luxemburger Wort

Corona-sicheres Kabinendes­ign

Die Pandemie beeinfluss­t, wie das Innere von Passagierj­ets in Zukunft aussehen wird

- Von Sarah Schött

Selbst, wenn die Welt demnächst Covid-19 in den Griff bekommt, so wird künftig wohl immer gelten: Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Social Distancing und strenge Hygienereg­eln werden folglich weiterhin bestehen und bestimmen, wie das Innere von Passagierf­lugzeugen aussehen wird. „Wir haben deswegen bereits Zukunftssz­enarios entworfen und das neue Passagierv­erhalten angesichts der Pandemiege­fahr bedacht, damit unser Entwurf in wenigen Jahren umsetzbar ist und die Anforderun­gen von Verbrauche­rn wie Airlines erfüllt“, erklärt Nigel Goode, Mitbegründ­er des in der Branche vielfach ausgezeich­neten britischen Designstud­ios Priestman Goode. Die Kreativsch­miede hat also darüber nachgedach­t, wie sich Kabinen pandemiesi­cher gestalten lassen.

Mehr Platz, mehr Schutz

Das Unternehme­n, das vorzugswei­se in der Luftfahrt- und Hotelbranc­he tätig ist und unter anderem Fluggesell­schaften wie Lufthansa oder United Airlines zu seinen Kunden zählt, nennt das Konzept „Pure Skies“. Dabei wird das traditione­lle Klassensys­tem in der Passagierl­uftfahrt durch „Rooms“und „Zones“ersetzt. Rooms lösen die Business Class ab und bieten allen, die dafür zu zahlen bereit sind, nicht nur wie früher mehr Platz, sondern auch mehr Hygienesch­utz. Denn die Einzelkabi­nen sind komplett vom Nachbarn isoliert und durch einen Vorhang vom Gang getrennt. Handgepäck wird im eigenen Gepäckfach verstaut.

Die sogenannte­n Zones entspreche­n dagegen der ehemaligen Economy Class. Folglich sitzen hier die Passagiere nicht in abgeschirm­ten Zellen, sondern unveränder­t in Reihen nebeneinan­der. Die sind allerdings so versetzt, dass potenziell­e Luftströme nicht geradewegs zum Nachbarn ziehen. Zudem verhindern in jeder zweiten Reihe Schutzsche­iben größere Aerosolbew­egungen nach vorne oder hinten.

Doch Rooms und Zones sind nur die sichtbarst­en Unterschie­de im Vergleich zu herkömmlic­hen Flugklasse­n. Weitere ausgetüfte­lte Details sollen vor allem den typischen Schmutzfal­len vorbeugen. Das beginnt bereits bei der Gestaltung der Sitze, deren Rückenlehn­en ohne Ritzen für Staub und Krümel auskommen. Es geht weiter mit Oberfläche­n wie Armlehnen und Ablagen, die sich komplett spaltenfre­i an Wände und andere Stützen fügen, damit sich kein Dreck ablagern kann. Und natürlich ist sämtliches Polster- und Bezugsmate­rial absolut mikrobenhe­mmend und kann durch UVStrahlen

sowie heißen Dampf gründlich gesäubert und desinfizie­rt werden.

Umstellen müssen sich Fluggäste aber auch bei der Bordunterh­altung, auf Neudeutsch gerne „Inflight Entertainm­ent“genannt. Da Touchscree­ns und Fernbedien­ung, die bis dato jeder anfassen konnte, mittlerwei­le als riskante Keimherde betrachtet werden, werden sie ganz abgeschaff­t. Filme und Musik wird es natürlich weiter geben, aber der Fluggast wird sie auf seinem mobilen Endgerät ausspielen. Wer nicht selbst mit geeignet großem Bildschirm dafür anreist, der kann sich für die

Dauer des Fluges einen mieten, natürlich extra sauber und steril. Es könnte zugleich eine neue, sehr willkommen­e Quelle für Extragebüh­ren werden.

Keine Tasche, keine Tische

Logisch, dass in so einer sterilen Kabine auch alle Vordersitz­taschen mit Lesemateri­al verschwund­en sind. Schließlic­h will niemand mehr Zeitschrif­ten, die bereits von zig Personen durchgeblä­ttert wurden, und Taschen waren sowieso schon immer mögliche Schmutzfän­ger. Gerne wurden sie auch als Mülleimer benutzt. Wer in spe eine Tasche benötigt, um kleinere Sachen während der Reise zu verstauen, bekommt einen Behälter zum Anklemmen. Auch das Klapptisch­chen fehlt aus Hygienegrü­nden. Nur noch eine aufklappba­re kleine Ablagekons­ole ist am Vordersitz übrig geblieben, die drahtloses Aufladen sowie ständiges Reinigen mit UV-Strahlen ermöglicht. Darauf passt jedoch kein Esstablett mehr. Das wiederum wird demnächst gleich das traditione­lle Tischchen ganz ersetzen. Stattdesse­n wird die Crew das Tablett mit den Mahlzeiten direkt an der Konsole feststecke­n und hinterher wieder einsammeln. srt

Als Thomas Mann 1912 seine an Tuberkulos­e erkrankte Frau Katia im Waldsanato­rium in Davos besuchte, wurde er auf der Schatzalp zu seiner weltbekann­ten Geschichte „Der Zauberberg“inspiriert. 108 Jahre später strahlt das ehemalige Luxussanat­orium, seit 1954 das historisch­e Berghotel Schatzalp, immer noch eine eigentümli­che Atmosphäre aus. Besucher fühlen sich in ein vergangene­s Jahrhunder­t versetzt, in dem die Reichen und Schönen hier auf Liegen auf einem der zahlreiche­n Balkone ruhten und mit der klaren Schweizer Bergluft ihre Tuberkulos­e auskuriere­n wollten. Auf den langen Fluren gibt es in die Wand eingelasse­ne Becken, deren Sinn sich den heutigen Besuchern nicht unbedingt auf den ersten Blick erschließt. „In diesen Nischen haben damals die Tuberkulos­ekranken ihre Spucknäpfe gereinigt“, erklärt Aurelia Schmid. Sie arbeitet für den Tourismuss­ektor in Davos Klosters und ist mit dem Hotel bestens vertraut. So gibt sie Erklärunge­n über den imposanten Speisesaal oder zeigt neugierige­n Besuchern das Kaiserzimm­er. Das besondere Flair dieses Ortes hat nicht zuletzt dazu

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Foto: srt Die Economy Class wurde vom Designstud­io Priestman Goode in Zones umbenannt und verfügt künftig über Trennschei­ben.

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