„Wir werden ignoriert“
Lehrervereinigung Aleps beklagt mangelnden politischen Willen, die Ausbildung im Gesundheitssektor voranzutreiben
Die Covid-Krise hat offenbart, wie abhängig das Luxemburger Gesundheitssystem vom Ausland ist, das den Großteil des Gesundheitspersonals hierzulande stellt. Umso lauter wurde der Ruf, mehr Personal auszubilden. Zur Feststellung, dass es Luxemburg – unabhängig von der Covid-Krise – längerfristig an Ärzten und Pflegepersonal mangeln würde, kam eine Studie, die der vorige Gesundheitsminister Etienne Schneider (LSAP) in Auftrag gegeben hatte und deren Ergebnisse im Oktober 2019 vorgestellt worden waren. Schneider war auch der Initiator des Gesundheitstisches, der gestern in der Handelskammer stattfand.
Mangel an Krankenpflegern
In Luxemburg bildet das Lycée technique pour professions de santé (LTPS) junge Menschen in zahlreichen Gesundheitsberufen aus – rund 1 200 Schüler und Studenten insgesamt. Seit einigen Jahren kommen noch die Sekundarschüler
Dass die Ausbildung der Politik, und speziell Bildungs- und Hochschulminister Claude Meisch (DP) nicht besonders am Herzen zu liegen scheint, macht Evrard auch an der Tatsache fest, dass er der Aleps seit Januar trotz mehrfacher Anfragen keinen Termin gewährt hat. Gilles Evrard ist das völlig unverständlich. „Unsere Schüler hatten wegen der Covid-Krise weniger praktische Stunden als gesetzlich vorgeschrieben. Wir wussten nicht, ob sie am Ende des Jahres
Die Politik hat Angst davor, den Bürgern zu sagen, dass die Beiträge erhöht werden müssen.
ein Diplom erhalten würden. Gerade in solchen Momenten ist es wichtig, dass ein Minister sich mit den Betroffenen austauscht.“
Auf Nachfrage dieser Zeitung, warum es noch nicht zu einem Treffen gekommen sei, erhielt die Aleps noch am gleichen Tag einen Terminvorschlag für Anfang Oktober. Ein früherer Termin sei wegen der Covid-Krise nicht möglich gewesen, hieß es schriftlich aus dem Ministerium. Das ist erstaunlich. Bei Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) bekam die Aleps Mitte Juni einen Termin – und konnte der Ministerin ihre Vorschläge unterbreiten.
Die Vorschläge der Aleps
Die Aleps schlägt einen Bachelor für den Krankenpfleger und für die Spezialisierungen einen Master vor. Hinzu kommt eine ganz neue Technikerausbildung: der Assistant en soins (AST). So können Schüler auf jeder Ebene des Luxemburger Ausbildungssystems einsteigen: über den Sekundarschulabschluss und über die Berufsausbildung (Hilfspfleger – DAP). Um die Zahl der Krankenpfleger zu erhöhen, schlägt die Aleps des Weiteren eine Ausbildung für Quereinsteiger vor. Durch die Krise könnten viele Menschen gezwungen sein, sich umzuschulen, sagt Evrard. Warum nicht in den Pflegeberuf wechseln? „Das sind Pisten, mit denen wir uns gedanklich befassen sollten.“
Dass die Ausbildung im Gesundheitssektor nicht besonders attraktiv ist, habe aber noch andere Gründe: Es werde nicht genug Werbung für die Gesundheitsberufe gemacht und die Ausbildungsstätten seien veraltet. Zwar ist der Bau eines neuen Gebäudes nahe dem CHL beschlossene Sache. Doch der Neubau kann erst beginnen, wenn eine neue Unterkunft für die Flüchtlinge gefunden wurde, die derzeit im früheren Centre de logopédie untergebracht sind. Unterdessen mietet der Staat für viel Geld ein Gebäude (Mercator) nahe des CHL als Ausbildungsstätte. Evrard meint, „dass wir im günstigsten Fall im September 2024 in das neue Gebäude ziehen können“.