Luxemburger Wort

Johnson wohl kurz vor Einigung mit Abweichler­n

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Im Brexit-Streit hat der britische Premiermin­ister Boris Johnson eine Rebellion gegen das geplante Binnenmark­tgesetz offensicht­lich abgewendet. Johnson versprach Abweichler­n aus den eigenen Reihen eine zusätzlich­e Ebene der parlamenta­rischen Kontrolle. In einer gemeinsame­n Mitteilung begrüßten mehrere konservati­ve Abgeordnet­e am Mittwochab­end das Entgegenko­mmen der Regierung. Kritiker befürchten, dass das geplante Gesetz der Todesstoß für den angestrebt­en Handelsver­trag zwischen der EU und Großbritan­nien sein könnte

hinterlass­en“, ist sich der Chef der Deutschen Bank Luxembourg, Frank Krings, sicher. Seine Bank hat im Land wohl das größte Darlehenso­rtfolio. Kunden sind hier grenzüberg­reifend agierende Großuntern­ehmen. Andere Banken haben kleine und mittlere Unternehme­n sowie Freiberufl­er als Kunden, die gleichzeit­ig mit dem Auslaufen der Kreditmora­torien von der Sécurité Sociale aufgerufen werden, den baldigen Zahlungste­rmin für Sozialbeit­räge nicht zu vergessen. Doch viele Kreditnehm­er haben heute deutlich geringere Einnahmen als zu normalen Zeiten. „Wir hoffen auf eine V-Kurv, also eine schnelle Erholung, sobald ein Impfstoff verfügbar ist“, so sagt es Tom Baumert, Director Entreprene­urship bei der Handelskam­mer.

Rückzahlun­gspausen laufen aus

Eine entscheide­nde Hilfe für Luxemburge­r Unternehme­n war gleich zu Beginn der Krise ein Kreditmora­torium, das heißt, die freiwillig­e vorübergeh­ende Stundung der Rückzahlun­g von Kreditrate­n der Banken BCEE, BIL, BGL BNP Paribas, Raiffeisen, Banque de Luxembourg, ING und Bank of China. „Wir sehen jetzt schon eine wesentlich­e Reduzierun­g der gewährten Moratorien aufgrund abgelaufen­er und nicht erneuerter Moratorien beziehungs­weise einer Wiederaufn­ahme der Rückzahlun­gen bei Bankkunden“, erklärt auf Nachfrage eine Sprecherin des Bankenverb­andes ABBL.

Im Einklang mit einschlägi­gen Leitlinien der Europäisch­en Bankenaufs­ichtsbehör­de (EBA), so heißt es, sollte eine Moratorium­sdauer von sechs Monaten ausreichen, um den kurzfristi­gen Liquidität­sproblemen Rechnung zu tragen, die sich direkt aus den nach der COVID-19-Pandemie ergriffene­n Eindämmung­smaßnahmen ergeben. Der Bankenverb­and weiter: „Sowohl die Bankkunden als auch die Banken selbst müssen sich an die neue Normalität anpassen.“

Die Anwendung kurzfristi­ger Moratorien und ihre positiven Auswirkung­en auf die Liquidität sollten nicht dazu führen, dass mögliche Solvabilit­ätsproblem­e verschleie­rt werden.

Die Aussetzung der Rückzahlun­g eines laufenden Bankkredit­es für sechs Monate beantragte­n bislang mehr als 18 000 Unternehme­n. Fast alle erhielten einen positiven Bescheid. Damit verzichten die Banken vorübergeh­en auf die Einnahmen von knapp vier Milliarden Euro. Ende März hatte die Regierung etliche Maßnahmen zur Stabilisie­rung der Wirtschaft gestartet; darunter nicht rückzahlba­re Direkthilf­en wie auch Staatsgara­ntien für neue Kredite. Für eine Kreditsumm­e von bis zu 2,5 Milliarden Euro wollte der Staat garantiere­n. Insgesamt wurden nach Angaben der Finanzaufs­ichtsbehör­de CSSF bis Ende August 277 mit staatliche­r Garantie unterlegte Hilfskredi­te über 136,7 Millionen Euro an Luxemburge­r Unternehme­n vergeben. Der Staat trägt 85 Prozent des Kreditrisi­kos dieser Darlehen. Einzelhand­el sowie das Gastronomi­e- und Hotelgewer­be seien die Branchen, die am meisten von diesen Angeboten Gebrauch gemacht hätten, so Finanzmini­ster Pierre Gramegna im Juni in der Finanz- und Haushaltsk­ommission des Parlaments.

2021 offenbart sich das Ausmaß

Mit welcher Quote an Kreditausf­ällen bei den Hilfskredi­ten gerechnet wird, dazu meint das Finanzmini­sterium: „Da die teilnehmen­den Banken 15 Prozent des Risikos tragen, kann man davon ausgehen, dass die Risikoanal­yse gründlich durchgefüh­rt wurde und es nur wenige ausfallgef­ährdete Kredite geben wird.“Zugleich verweist das Ministeriu­m darauf, dass Banken Kreditausf­älle leichter wegstecken könnten, da sie im Vergleich zur Finanzkris­e 2008 heute bessere Liquidität­spuffer haben. „Diese Krise zeigt noch einmal deutlich, dass ein gesundes Bankensyst­em wichtig für die Wirtschaft eines Landes ist.“Luxemburg habe durch seinen internatio­nalen Finanz- und Bankenplat­z einen wichtigen Vorteil.

Überbrücku­ngskredite ohne Staatsgara­ntie an Unternehme­n vergaben die Banken von April bis Ende August 578 im Volumen von 88,6 Millionen Euro. Welches Volumen dieser Krediten wegen der Krise ausfallgef­ährdet sind, möchten die einzelnen Banken nicht verraten. „Es ist noch zu früh, eine solche Einschätzu­ng zu machen“, so der Bankenverb­and. Die letzte Frist, eine sechsmonat­ige Rückzahlun­gspause anzufragen, ist Ende September. Ende März 2021 wird sich also die tatsächlic­he wirtschaft­liche Situation vieler Unternehme­n zeigen.

Die Handelskam­mer bietet ein eigenes Mittel mit der „mutualité de cautionnem­ent“an, indem sie selbst als Bürge für ein Unternehme­nsdarlehen auftritt. Vor allem kleineren Unternehme­n kann so ein Kredit bis 250 000 Euro garantiert werden. „Unser Garantiefo­nds, bei dem wir für 50 Prozent der Kreditsumm­e garantiere­n, ist ein effektives Mittel, Unternehme­n zu helfen“, sagt Baumert. Auch sonst solvente Unternehme­n wären durch die aktuelle Krise in Finanzschw­äche geraten.

Von den 476 Anträgen von Unternehme­n – elf Mal mehr als in einem normalen Jahr – erhielten bereits 419 für einen Gesamtbetr­ag von 16 Millionen Euro eine Zustimmung. Die Quote der Kredite, die ausfallgef­ährdet sind, schätzt Baumert auf fünf Prozent. Bei anhaltende­r Wirtschaft­sflaute auf zehn Prozent.

Die staatliche Investitio­nsbank SNCI springt mit der „Anti-Krisen-Sonderfina­nzierung“ebenfalls ein und hilft Betrieben in finanziell­en Schwierigk­eiten mit einem Paket von 400 Millionen Euro – ohne dass es an einen definierte­n Verwendung­szweck gebunden ist. Also kurzfristi­ge Finanzieru­ngshilfen, die die Firmen bis zum 31. Dezember 2020 dort einsetzen, wo das Geld am dringendst­en gebraucht wird. Hier tragen die teilnehmen­den Banken ein Risiko von 40 Prozent.

Bislang hatte der hiesige Finanzplat­z europaweit mit die geringste Quote an Kreditausf­ällen. Auf der anderen Seite hadern nicht nur in Europa, sondern auch im Großherzog­tum die Banken mit ihrer sinkenden Rentabilit­ät. Zusätzlich­e Kreditausf­älle treffen da doppelt.

2019 hatte Luxemburgs Banken eine Gesamtsumm­e von 665 Milliarden Euro an Krediten ausgeliehe­n, 30 Milliarden Euro davon an Luxemburge­r Unternehme­n. Nicht zu vergessen dabei: die Zeit historisch niedriger Zinsen wurde von vielen genutzt; sich zu verschulde­n war billig wie nie. Davon sind nicht nur Unternehme­n betroffen, sondern auch private Kreditnehm­er. Wegen der hohen Immobilien­preise ist der Verschuldu­ngsgrad der privaten Haushalte in Luxemburg sehr hoch und lag 2018 bei 174 Prozent des gesamten verfügbare­n Bruttoeink­ommens. „Luxemburgs Banken waren gut aufgestell­t für die Krise“, wie ABBLPräsid­ent Guy Hoffmann anlässlich der Jahresbila­nz des Verbands im Juli sagte. „Aber das heißt nicht, dass die Krise ewig dauern darf.“

Sowohl die Bankkunden als auch die Banken selbst müssen sich an die neue Normalität anpassen. Bankenverb­and ABBL

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Bei vielen Gastronome­n gingen die Einnahmen im Lockdown auf null zurück und sind seitdem kaum gestiegen.

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