Fahrradfreude übertrifft Erwartungen
Bürgermeister und Mobilitätsminister zeichnen ein positives Bild der Aktion Vëlosummer 2020
Luxemburg. Anfangs schien es noch, als würde die Initiative Vëlosummer 2020 kein allzu großer Erfolg werden. Quasi von oben herab hatten das Mobilitäts- und das Tourismusministerium einen Vorschlag vorgelegt, bei dem in mehreren Gemeinden des Landes Straßen für den Verkehr gesperrt werden, um als Radwege genutzt zu werden. Von 16 Straßenabschnitten war die Rede. Manche Gemeinden fühlten sich jedoch überrumpelt, konnten oder wollten aus unterschiedlichen Gründen die Strecken nicht sperren lassen. Am Ende blieben sieben Abschnitte, sechs Routen und 18 beteiligte Gemeinden.
Dies aber auch dank der Eigeninitiative von vier Gemeinden im Norden des Landes, die entschieden, an zwei Wochenenden den VëloViaNorden zu organisieren. Dabei handelte es sich um eine 36 Kilometer lange Strecke von Ulflingen nach Wilwerwiltz. „Die Idee ist nach einem Treffen mit Minister Bausch zustande gekommen, bei dem es um das Projekt der Anbindung der Vennbahn bis in die Gemeinde Kiischpelt ging“, erklärt Yves Kaiser, Bürgermeister von Kiischpelt. Es wurde entschieden, einmal zu testen, wie die Strecke sein könnte.
Fahrradboom nicht zu stoppen
„Die Aktion war ein ganz großer Erfolg. Es liegen zwar noch keine Statistiken vor, jedoch waren sehr viele Menschen gekommen und auch die Bars und Restaurants konnten bei super Wetter mit profitieren“, sagt Yves Kaiser. Von ihm aus könne man das Ganze nächsten Sommer noch einmal wiederholen. Zumindest bis 2023, denn bis dahin soll die Anbindung
an die grenzüberschreitende Vennbahn, die bislang in Ulflingen endet, erfolgt sein. Später soll dann die Strecke von Clerf in die Gemeinde Kiischpelt weiter reichen.
Im Süden des Landes freut sich der Escher Bürgermeister Georges Mischo (CSV) über die Initiative: „Ich habe zwar noch keine Rückmeldung über den Vëlosummer erhalten, aber generell finde ich die Aktion gut.“Als Bürgermeister und Sportlehrer gefällt es ihm, zu sehen, dass das Fahrrad mehr im Alltag genutzt wird. Ob die Aktion nun mehr Radfahrer nach Esch gezogen hat, kann er nicht beurteilen. Georges Mischo konnte aber feststellen, dass nun auch vermehrt Familien mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Der Bürgermeister von Mamer, Gilles Roth (CSV), kann ebenfalls aufgrund der noch nicht übermittelten Statistiken nichts Konkretes über den Vëlosummer sagen. In der Gemeinde selbst habe er von der Aktion, die vom Ministerium organisiert wurde, nichts mitbekommen. „Uns ist aber aufgefallen, dass die Menschen seit Corona mehr Zeit in den Gemeinden verbringen. Das finden auch die Gastronomen. Deshalb wollen wir die Pläne zum Ausbau des Radnetzes
nun schnell umsetzen“, sagt Gilles Roth.
Der Bürgermeister von Bad Mondorf, Steve Reckel (DP), wurde seinerseits positiv überrascht. Zwar sei die dortige Strecke mehr für Spaziergänge als zum Radfahren genutzt worden, jedoch hätten wesentlich mehr Menschen von dem Angebot profitiert, als er sich erwartet hatte. Bei dem Abschnitt in Bad Mondorf handelte es sich nämlich lediglich um ein kurzes Stück von nur einem Kilometer. Dafür aber um ein wichtiges für die Radfahrer. „Seit mehr als zehn Jahren wird darauf gewartet, dass dort ein Radweg entsteht, um zwei
Fahrradstrecken zu verbinden. Bislang müssen die Radfahrer über einen gefährlichen Streckenabschnitt fahren“, erklärt Reckel. Durch das Mitmachen bei der Aktion erhofft er sich nun einen positiven Impuls durch die Politik. Aber auch einige negative Rückmeldungen habe er erhalten, da manche Autofahrer die Strecke dennoch nutzten, oder es manchem Verkehrsteilnehmer nicht gefiel, dass er Umwege in Kauf nehmen musste.
Positive Zahlen zu erwarten
Wenn bald die offiziellen Zahlen von Tourismusminister Lex Delles (DP) oder Mobilitätsminister François Bausch (Déi Gréng) präsentiert werden, kann eigentlich nur eine positive Bilanz erwartet werden. Bei der Vorstellung der europäischen Mobilitätswoche am Montag gab Minister François Bausch schon mal einen Vorgeschmack: „Das Fahrrad hat einen hohen Stellenwert. Die Zähler etwa in Luxemburg-Stadt erfassen bis zu fünfmal mehr Radfahrer.“
Die Euphorie für das Fahrrad habe über den Lockdown hinaus angehalten. Die Fahrradlobby werde größer und stelle auch Forderungen. Das habe zur Folge, dass auf diese reagiert werden müsse und Infrastrukturen für das Fahrrad geschaffen werden müssen.
Der Vëlosummer sei ein „enormer Erfolg“gewesen, von dem auch Hotels und Restaurants profitieren konnten. Tausende Menschen hätten bei der Aktion mitgemacht und sich bewegt. Daher soll es auch nächstes Jahr einen Vëlosummer geben. Weitere Gemeinden hätten dafür bereits ihr Interesse bekundet. Mit der Zeit seien auch die Kritiker des Vëlosummer verstummt, so die Schlussfolgerung des Mobilitätsministers.