Luxemburger Wort

„Die Organisato­ren stehen unter Druck“

Michel Ries und die meisten anderen Radprofis ärgern sich über die Sicherheit­slücken bei der SkodaTour de Luxembourg

- Von Benedikt Schroeder

Nach der zweiten Etappe der Luxemburg-Rundfahrt gab es unter den Fahrern nur ein Gesprächst­hema: die fehlenden Sicherheit­svorkehrun­gen rund um die Strecke. Dabei zeigen die Äußerungen, dass es nun die Aufgabe der Rennverant­wortlichen ist, ein verbessert­es Sicherheit­skonzept zu präsentier­en.

John Degenkolb (Lotto/34. auf 3''): „Bereits auf den ersten zehn Kilometern haben sehr viele Autos auf der Strecke geparkt und auch versucht, auf die Strecke zu kommen. Die Absicherun­g war nicht gegeben, wie wir das sonst gewohnt sind und wie wir das auch erwarten dürfen. Wir brauchen einfach eine gewisse Sicherheit, die diesmal nicht zu jeder Zeit gewährleis­tet war. Daher habe ich gemeinsam mit anderen erfahrenen Rennfahrer­n gesagt, dass wir etwas tun müssen. Man muss nicht immer solange warten, bis jemand im Krankenhau­s landet. Daher haben wir im Rennen reagiert und uns dazu entschloss­en, erst einmal anzuhalten und die gesamte Situation zu besprechen. Man hat das Gefühl gehabt, dass alle es auch sofort eingesehen haben. Es wurde nicht bestritten, dass dort Sicherheit­smängel vorhanden waren. Von daher war es die beste Möglichkei­t, das Rennen erst einmal zu neutralisi­eren und 40 Kilometer vor dem Ziel wieder zu starten.“

Michel Ries (Trek/94. auf 3''): „Die Sicherheit im Radsport ist ein sehr aktuelles Thema. Das hat sich wieder einmal gezeigt. Ich finde es ein sehr gutes Zeichen, dass die Fahrer im Feld zusammenha­lten und ganz deutlich machen, dass wir das nicht mehr akzeptiere­n. Niemand ist hier bereit, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Meiner Meinung nach braucht es mehr Motorräder, die die Strecke absperren. Das Rennen wird internatio­nal übertragen, jeder wird darüber sprechen und die Organisato­ren stehen nun sicherlich unter Druck.“

Jan Petelin (Vini Zabù/133. auf 4'25''): „Bereits auf der ersten Etappe gab es einige gefährlich­e Situatione­n und dies hat sich leider fortgesetz­t. Von daher war es aus meiner Sicht genau richtig, dass das Rennen neutralisi­ert wurde. Ich hoffe, dass wir mit dieser Aktion ein Zeichen setzen konnten. Es ist wichtig, dass nun etwas verändert wird, bevor ein schlimmer Unfall passiert. Wir sind hier um Rennen zu fahren und nicht, um unser Leben zu riskieren.“

Ivan Centrone (Natura4Eve­r/50. auf 3''): „Ganz ehrlich gesagt war ich etwas überrascht, denn ich habe es noch nie mitbekomme­n, dass ein Peloton stehen geblieben ist und entschiede­n hat, dass erst einmal nicht weitergefa­hren wird. Der entscheide­nde Punkt dabei war wohl, dass ein Auto kurz nach der ersten Sprintwert­ung beinahe auf die Strecke gefahren wäre. Danach haben unter anderem Philippe Gilbert (B/Lotto) und Degenkolb entschiede­n, anzuhalten und sie haben das weitere Vorgehen dann mit den Verantwort­lichen besprochen. Persönlich war ich nicht unbedingt, dafür stehen zu bleiben, denn ich bin es von der Tour de Luxembourg gewohnt, dass am Straßenran­d auch einmal Autos stehen, die dort eigentlich nicht hingehören.“

Ben Gastauer (Ag2r/86. auf 3''): „Es ist schade, dass es so kommen musste und wieder stehen bleiben mussten. Es gab ein paar Situatione­n, die extrem gefährlich waren und bei denen nicht viel fehlte und es wäre zu einem Unfall gekommen. Die Sicherheit war leider nicht zu 100 Prozent garantiert, deshalb entschied das Peloton die Etappe zu unterbrech­en. So konnte es nicht weitergehe­n. Wir Fahrer wollen Rennen fahren, allerdings müssen auch die richtigen Voraussetz­ungen gegeben sein und das war nicht der Fall. Es kommt schon mal vor, dass es brenzlige Situatione­n gibt, aber hier war es nun so, dass die Summe der Vorfälle zu groß war. Die Informatio­nen wurden an die Organisato­ren weitergere­icht, doch leider ist nicht viel passiert. Dies ist eines der ersten Male, dass die Fahrer kollektiv entschiede­n haben, dass etwas passieren muss. Unsere Sicherheit geht einfach vor. Der Anfang der Etappe war sehr animiert. Es gab gefährlich­e Situatione­n, weil Autos das Peloton passieren wollten und Fahrer beinahe umgefahren wurden. Bis zum Zwischensp­rint in Remich wurde noch normal gefahren, doch anschließe­nd reichte es einfach. Ein Wagen fuhr aus einer Seitenstra­ße ins Peloton hinein und ein Unfall konnte nur ganz knapp vermieden werden. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Jeder war einverstan­den.“

Arnaud Démare (Groupama/Etappensie­ger): „Glückliche­rweise gab es auf dem Schlusskur­s den kleinen Anstieg. Der sorgte dafür, dass das Peloton richtig in die Länge gezogen wurde. Somit waren die letzten Hektometer weniger gefährlich, auch wenn es dort noch ein paar heikle Kurven zu meistern gab. Ich hatte meinen ganzen Sprintzug vor mir und konnte meine Endgeschwi­ndigkeit ausspielen. Die Mannschaft hat gut gearbeitet. Wie es nun weitergeht, weiß ich auch nicht. Ich war nicht unbedingt einer der Ersten, der am Morgen darauf bestand, das Rennen zu neutralisi­eren. Aber ich verstehe das Verhalten der Fahrer voll und ganz. Autos dürfen das Feld einfach nicht einer Gefahr aussetzen. Am Morgen passierte das auf den ersten 20 Kilometern gleich drei Mal. Es tut mir leid, dass es so gekommen ist. Mir ist bewusst, dass es nicht leicht ist, ein Rennen dieses Ausmaßes zu organisier­en. Aber die Sicherheit geht vor. Da kann es keine zwei Meinungen geben. Der Bus am Dienstag auf den letzten fünf Kilometern, das geht einfach nicht. Es gibt ein Problem. Das kann niemand abstreiten. Ich hoffe, die Organisato­ren finden eine Lösung.“

Ein Wagen fuhr aus einer Seitenstra­ße ins Peloton hinein und ein Unfall konnte nur ganz knapp vermieden werden. Ben Gastauer

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Fotos: Serge Waldbillig / Vincent Lescaut Michel Ries, John Degenkolb und Arnaud Démare (im Uhrzeigers­inn) sind sich einig: Das Peloton musste handeln, um sich Gehör zu verschaffe­n.
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Ben Gastauer (vorne) präsentier­t auf dem Schlusskur­s angriffslu­stig und sammelt Punkte in der Bergwertun­g.
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