Kein Meister, mehr Erstligisten
Die Corona-Pandemie und ihre nachhaltigen Konsequenzen für den nationalen Fußball
Die Corona-Pandemie hat den Luxemburger Fußball nachhaltig geprägt. Wurde die Meisterschaft in einer ersten Phase am 12. März nur unterbrochen, musste die Saison Ende April komplett abgebrochen werden. Die Vereine waren mit diesem Entschluss des Verwaltungsrat des nationalen Fußballverbands FLF einverstanden. Fola wurde der erste Platz zugesprochen, die Escher wurden jedoch nicht zum Meister erklärt. Zum ersten Mal in der 112 Jahre langen Geschichte des nationalen Fußballverbandes gab es keinen Meister.
Die FLF entschied zudem, dass es in der abgebrochenen Saison nur Aufsteiger und keine Absteiger geben sollte. Die BGL Ligue, die höchste Spielklasse, wurde dadurch auf 16 Teams aufgestockt. Der Plan des Fußballverbands war, mittelfristig zum ursprünglichen Format mit 14 Mannschaften zurückzukehren. Dafür hätte es vier direkte Absteiger in der Saison 2020/2021 geben müssen. Darüber hinaus sollte der Fünftletzte in einem Relegationsspiel um den Klassenerhalt kämpfen.
Die Erstligisten liefen gegen diesen Plan Sturm und traten geschlossen als Ligaverband LFL auf. Es folgten sehr viele Diskussionen mit der FLF. „Ich benötigte ein breites Kreuz“, betont FLF-Präsident Paul Philipp, wenn er auf die damalige Situation angesprochen wird. „Einige Vereine hatten vor allem ihren eigenen Interessen im Blick, was durchaus legitim ist.“
Im Endeffekt einigte man sich mit dem Ligaverband LFL darauf, ein Referendum durchzuführen. Die Vereine sprachen sich mehrheitlich für eine dauerhafte Aufstockung der BGL Ligue, der Ehrenpromotion und der zwei Bezirke der 1. Division aus.
Mittlerweile rollt der Ball wieder auf den Luxemburger Fußballplätzen. Die BGL-Ligue-Aufsteiger Hesperingen und Wiltz sind sehr gut in die Saison gestartet. „Angesichts der Stärke dieser beiden Teams versteht man, warum sich einige Vereine gegen viele Absteiger gewehrt haben“, erklärt Philipp.
Gespielt wird vor Zuschauern. Voraussetzung ist, dass diese einen Sitzplatz haben. Kann der Mindestabstand von zwei Metern nicht eingehalten werden, müssen die Fußballinteressierten eine Maske tragen. Doch nicht alle Begegnungen mit Luxemburger Beteiligung wurden mit Zuschauern ausgetragen. Auf internationaler Ebene herrschten strengere, von der Europäischen Fußball-Union UEFA vorgegebene Regeln. In der Europapokal-Qualifikation gibt es nur Geisterspiele. Auch der Auftakt der Nations League ging vor leeren Rängen über die Bühne.
Die Luxemburger Nationalspieler mussten sich auf diese ungewohnte Konstellation bei den Länderspielen in Aserbaidschan und gegen Montenegro einstellen. „Es
FLF-Präsident Paul Philipp fordert Solidarität von den Clubs.
fehlt etwas, wenn Fußball ohne Zuschauer gespielt wird“, betont Philipp. „Die leeren Ränge machen einem zeitgleich aber bewusst, dass wir uns in einer sehr speziellen Situation befinden.“Philipp kann nachvollziehen, dass zu besonderen Maßnahmen gegriffen wird: „Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Fußball.“
FLF-Verwaltungsrat entscheidet über Spielausfälle
Die Corona-Pandemie hatte nicht nur Einfluss auf die Saison 2019/2020, sondern auch auf die neue Saison. So mussten bereits am ersten Spieltag der BGL Ligue die Duelle zwischen Niederkorn und dem Racing sowie zwischen RM Hamm Benfica und F91 wegen positiver Corona-Fälle verschoben werden.
„Wir als Verwaltungsrat der FLF entscheiden von Fall zu Fall angesichts der Informationen, die wir vom Gesundheitsministerium erhalten, ob an einer Spielabsage kein Weg vorbeiführt oder ob doch gespielt werden kann. Man kann nicht pauschal sagen, dass bei einer gewissen Anzahl an Corona-Fällen eine Begegnung abgesagt wird. Es hängt auch davon ab, inwiefern die positiv Getesteten Kontakt zu Teammitgliedern hatten.“
Philipp lobt das Verhalten des hauptstädtischen Fusionsvereins Racing. „Der Verein wollte unbedingt am zweiten Spieltag gegen Fola antreten, obwohl er viele Ausfälle
hatte.“Die Hauptstädter drängten nicht auf eine Spielabsage, auch wenn diese ihnen in die Karten gespielt hätte.
Philipp fordert die Vereine im Allgemeinen zu Solidarität auf.
Eins ist nämlich klar: Fehlt das Gemeinschaftsgefühl, droht die Saison von Diskussionen und Streitigkeiten überschattet zu werden. Innerhalb des Ligaverbands scheint große Einigkeit zu herrschen.
Nach der dauerhaften Aufstockung der BGL Ligue will man nun Anpassungen der Reglemente. Die Clubs wollen in Corona-Zeiten mehr Macht. Wie der Fußballverband darauf reagiert, bleibt spannend zu beobachten.
Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Fußball. Paul Philipp, FLF-Präsident