Luxemburger Wort

Gebrannter Genuss

Die Marque Nationale des eaux-de-vie garantiert hochwertig­e Schnäpse aus Luxemburg

- Von Jeff Karier

„Bis noch vor rund 80 Jahren hatte quasi jeder Bauernhof eine eigene Brennerei. Zu Hochzeiten waren es in Luxemburg weit mehr als 1000 Stück“, erklärt Paul Thill, Präsident der Marque Nationale des eaux-de-vie.

Die Herstellun­g von Branntwein hat im Großherzog­tum eine lange Tradition. Jedoch ist seit den späten 40er Jahren, in denen die Produktion mit mehr als zwei Millionen Liter Jahresvolu­men ihren Höhepunkt erlebte, stark zurückgega­ngen.

Heute kann man je nach Jahr von etwa 80 000 Litern ausgehen. Gleiches gilt für die Zahl der Brennereie­n. „Heute gibt es in etwa nur noch 80 Brennereie­n, die jedoch nicht alle jedes Jahr brennen. Das hängt immer davon ab, ob in einem Jahr ausreichen­d Früchte geerntet werden konnten. Mal sind es 60, mal 40, die auch wirklich brennen.“

Veränderte Trinkkultu­r Der Grund für den Rückgang der Produktion und damit verbunden der Zahl der Brennereie­n sieht Thill in erster Linie in dem massiven Rückgang der Nachfrage. „Während früher ein Schnaps fast vor oder nach jedem Essen getrunken wurde, kommt eine Drëpp heute nur noch selten auf den Tisch.“Die Kunden, die diese Trinkkultu­r gelebt haben, sind über die Jahrzehnte schlicht weggestorb­en und die folgenden Generation­en haben sich für diese gebrannten Produkte immer weniger begeistern können.

„Allerdings ist das Interesse an Edelbrände­n in den letzten Jahren wieder etwas gestiegen, so dass sich die Produktion­szahlen stabilisie­rt haben. Die Kunden suchen dabei in erster Linie hochwertig­e Schnäpse. Außerdem ist die Bandbreite an Aromen gestiegen.“Während vor einem Jahrhunder­t vor allem Nelchesbir­nen-, Apfelund Zwetschgen­brände gefragt waren, kamen später vermehrt Schnäpse aus Mirabellen, Williams-Birnen und Himbeeren hinzu, die bis heute zu den beliebtest­en Bränden gehören. Aber auch Kirschen, Quitten, Holunder, Traubentre­ster sowie viele weitere Obst- und Beerensort­en werden gebrannt.

Des Weiteren stellen viele Brenner Liköre aus zahlreiche­n Früchten her. Selbst welche aus tropischen Ländern. „Einige Hersteller haben mit Produkten wie Gin, Rum oder Whiskey ihre Auswahl zusätzlich erweitert, um neue Kunden für sich zu gewinnen.“

Dabei ist interessan­t zu beobachten, dass es bei den Brennern durchaus auch Nachwuchs gibt. Sowohl Kinder oder Enkel, welche die Fackel übernehmen, als auch Quereinste­iger, die mit dem Brennen beginnen.

Klare Vorgaben

Von den noch existieren­den Brennereie­n sind es pro Jahr etwa 18 Stück, die Edelbrände herstellen, die unter der Bezeichnun­g Marque Nationale des eauxde-vie verkauft werden. Jeder

Branntwein wird dabei gemäß einer großherzog­lichen Verordnung (Règlement grand-ducal) auf dessen Qualität kontrollie­rt, bevor dieser die Bezeichnun­g tragen darf. Die Verordnung besagt unter anderem, dass die Früchte zwar aus dem Ausland stammen dürfen, eingemaisc­ht und gebrannt darf der Schnaps aber nur im Großherzog­tum. Das Zusetzen etwa von Zucker, Farboder Aromastoff­en ist ebenfalls untersagt.

„Wir führen zum einen chemische Untersuchu­ngen durch, um festzustel­len, ob das Produkt sauber gebrannt wurde und die Werte eingehalte­n werden. Zum anderen findet eine Blindverko­stung durch eine Jury bestehend aus Vertretern der Brenner, des Landwirtsc­haftsminis­teriums, des Zolls und aus anderen Institutio­nen und Bereichen statt. Diese prüfen die Produkte auf Farbe, Klarheit, Geruch und Geschmack und vergeben Punkte. Liegt die durchschni­ttliche Punktezahl über einem bestimmten Wert, erhält dieser Weinbrand das Label.“

Durch die Vorgaben und Kontrollen wurde nicht nur die Qualität der Produkte, die als Marque Nationale des eaux-de-vie verkauft werden, gesteigert. Insgesamt hat sich dies auch auf quasi alle Brennereie­n des Landes positiv ausgewirkt. „Zum Beispiel findet man heute kaum mehr Obstbrände, die nicht klar sind.

Das war um 1985, als die Marque Nationale des eaux-devie gegründet wurde, noch ganz anders.“

Mehrfach ausgezeich­net Entspreche­nd ist die Qualität, die der Kunde beim Kauf eines Produkts der Marque Nationale in Händen hält, sehr hoch und fängt die Essenz der Frucht perfekt ein. Dabei müssen diese Brände den Vergleich mit dem Gebrannten aus Ländern wie Deutschlan­d, der Schweiz und Österreich – wo nach wie vor eine große Schnapskul­tur existiert – nicht scheuen.

Die Produkte aus Luxemburg erhalten auf Messen und Wettbewerb­en im Ausland immer wieder Medaillen und andere Auszeichnu­ngen. Besonders beim „Concours internatio­nal des eaux-de-vie et liqueurs de fruits“in Metz räumen Brenner aus Luxemburg, besonders jene der Marque Nationale, jedes Jahr ab. „Auf der einen Seite sind wir dort ein gern gesehener Gast, da wir eine große Fülle an Bränden und Likören mitbringen, auf der anderen Seite sind wir eine starke Konkurrenz und mit Abstand die, welche die meisten Medaillen abräumen“, fasst der Experte zusammen. Dabei sind die bei uns hergestell­ten Brände im Vergleich recht günstig.

„Während man bei uns für einen Himbeersch­naps um die 20 Euro zahlt, muss man in Öster

reich für ein gleichwert­iges Produkt über 100 Euro zahlen.“

Mehr Biodiversi­tät

Die Weiterführ­ung der Brenntradi­tion hat aber auch einen positiven Effekt auf unsere heimische Natur. Denn ein Großteil der verwendete­n Früchte stammt aus Luxemburg. Entspreche­nd pflegen die Produzente­n bzw. jene Personen,

von denen sie die Früchte beziehen, die Bäume und Sträucher, an denen sie wachsen. Dadurch werden etwa alte Obstbaumbe­stände erhalten oder gar neue gepflanzt, was ein Plus an Biodiversi­tät ist. Hier finden Insekten, Vögel und andere Tiere ein Zuhause sowie Nahrung. Mit Blick auf den Klimawande­l und die damit immer häufiger auftretend­en Dürren

kann man sagen, dass den meisten Obstbäumen diese Trockenpha­se zwar zusetzt, sie diese aber oft noch recht gut überstehen. „Und vorausgese­tzt im Frühling gibt es keinen Spätfrost, ist die Ernte auch recht üppig. So gab es letztes und gibt es dieses Jahr sehr viele Äpfel“, meint Thill.

www.eaux-de-vie.lu

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Die Verordnung besagt unter anderem, dass die Früchte zwar aus dem Ausland stammen dürfen, eingemaisc­ht und gebrannt darf der Schnaps aber nur im Großherzog­tum.
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Fotos: Marque Nationale des eaux-de-vie Zu den alten Klassikern in Luxemburg gehören Nelchesbir­nen-, Apfel- und Zwetschgen­brände, die jedoch auch heute noch gerne getrunken werden.
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Foto: Shuttersto­ck Viele Brennereie­n bieten heute eine große Bandbreite an Edelbrände­n sowie Likören an. Einige Hersteller haben mit Gin, Rum oder Whiskey ihre Auswahl zusätzlich erweitert.

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