Luxemburger Wort

Salvini und Zingaretti zittern um ihre Posten als Parteiführ­er

In Italien finden am Sonntag und Montag in sechs Regionen Wahlen statt – und diesmal muss nicht der Regierung bange sein

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Gewählt wird in den Regionen Venetien, Toskana, Kampanien, Ligurien, Apulien und in den Marken. Normalerwe­ise wird vor solchen Wahltermin­en jeweils heftig darüber spekuliert, ob die Regierung in Rom einen Erfolg der Opposition bei den Regionalwa­hlen politisch überleben würde. Das ist diesmal nicht der Fall: Ministerpr­äsident Giuseppe Conte und seine Koalition aus der Fünf-SterneBewe­gung und dem sozialdemo­kratischen PD sitzen derzeit – nicht zuletzt wegen der CovidPande­mie – fest im Sattel. Es käme einem grotesken nationalen Harakiri gleich, eine Regierungs­krise anzuzettel­n, während sich die EU-Kommission anschickt, an Rom die in Aussicht gestellten 209 Milliarden Euro Corona-Hilfen zu überweisen.

Während sich Conte entspannt zurücklehn­en kann, zittern an seiner Stelle zwei Parteichef­s: Opposition­sführer Matteo Salvini von der rechtsradi­kalen Lega und Nicola Zingaretti vom PD. Salvini bereitet ausgerechn­et Venetien Sorge, wo sein erneut als Regionalpr­äsident kandidiere­nder Parteifreu­nd Luca Zaia mit 60 bis 70 Prozent der Stimmen wiedergewä­hlt werden dürfte. Salvinis Problem: Die persönlich­e Liste des populären Zaia kommt in den Umfragen auf dreimal so viele Stimmen wie die offizielle Liste der Lega, auf deren Logo der Name Salvinis steht.

Salvini bekommt Konkurrenz

Zaia wird innerhalb der Lega seit Längerem als idealer Nachfolger

Salvinis gehandelt – umso mehr, seitdem feststeht, dass sich der Ex-Innenminis­ter wegen seiner „Politik der geschlosse­nen Häfen“einem Prozess wegen Freiheitsb­eraubung und Amtsmissbr­auch wird stellen müssen. Ein Glanzresul­tat Zaias und ein dürftiges Ergebnis der offizielle­n Parteilist­e würde den Nachfolged­iskussione­n neue Nahrung liefern. Zingaretti wiederum fürchtet sich vor der 33-jährigen Europaabge­ordneten Susanna Ceccardi. Die Bürgermeis­terin der Kleinstadt Cascina und Kandidatin der Lega liefert sich in der Toskana in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem farblosen und national weitgehend unbekannte­n Eugenio Giani, dem Kandidaten Zingaretti­s. Die Toskana gilt in Italien als rote Hochburg schlechthi­n: Sie ist seit den ersten Regionalwa­hlen im Jahr 1970 durchgehen­d von Kommuniste­n, Sozialiste­n oder Sozialdemo­kraten geführt worden.

Starke unabhängig­e Kandidaten

Es gilt als unwahrsche­inlich, dass Zingaretti im Fall einer Niederlage in dieser Symbol-Region seinen Posten als Parteichef retten kann. „Ich will Salvini nicht auf der Piazza del Duomo in Florenz feiern sehen“, betont der Ex-Premier aus der Toskana, Matteo Renzi.

Gewählt wird am Wochenende auch in mehreren Städten. Besonderes Augenmerk verdient dabei Reggio Calabria: In der mit rund 180 000 Einwohnern bevölkerun­gsreichste­n Stadt im wirtschaft­lich abgehängte­n Kalabrien schickt sich eine Gruppe von parteiunab­hängigen Europa-Enthusiast­en, Anti-'Ndrangheta'-Exponenten und Fachleuten rund um den 41-jährigen Dozenten und Dichter Saverio Pazzano an, die alten Machtkarte­lle in der Stadt aufzubrech­en.

Pazzanos „Collettivo La Strada“hat ein klares, bürgernahe­s Programm – und könnte von der Schwäche der anderen Parteien profitiere­n: Reggio Calabria ist während Jahren sowohl von links als auch von rechts miserabel regiert worden. Der erneut kandidiere­nde Mitte-Links-Bürgermeis­ter Giuseppe Falcomatà hat – um nur das offensicht­lichste Versagen zu erwähnen – zugelassen, dass die Stadt an der Straße von Messina seit Monaten im Müll versinkt; sein rechter Vor-Vorgänger Giuseppe Scopelliti wiederum ist im Zusammenha­ng mit seiner Amtsführun­g zu 4 Jahren und 7 Monaten Freiheitss­trafe verurteilt worden und sitzt immer noch im Gefängnis. Die Aussichten auf einen Sieg Pazzanos sind gering, aber bereits ein Achtungser­folg wäre ein Zeichen der Hoffnung für ganz Süditalien. D.S.

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Foto: LW-Archiv/AFP Merde alors: Für den Rechtspopu­listen Matteo Salvini sind die Umfragewer­te nicht gut – er muss zittern.

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