Luxemburger Wort

Geldanlage mit KI-Unterstütz­ung

Bei der Umsetzung modernster Handelsstr­ategien sind Algorithme­n unerlässli­ch geworden

- Von Adam Maliszewsk­i

Das Investment in Aktien und anderen Kapitalmar­ktprodukte­n ist eine permanente Herausford­erung und auf Dauer bleibt die Analyse oft mühsam und langwierig. Die erfolgreic­he Vermögensa­nlage wird mehr und mehr revolution­iert, Aktienanal­yse und -handel somit zunehmend automatisi­ert. Durch das riesige Anlageuniv­ersum, aufgrund der vielfältig­en Auswahl aus hunderttau­send Wertpapier­en, bedient sich der kluge Investor mathematis­cher Methoden um ans Ziel zu kommen.

Algorithmi­scher Ansatz

Die Suche nach den besten Rosinen, den Aktien mit den höchsten Gewinnchan­cen, wird nach streng methodisch­em Raster erledigt. Man folgt beim algorithmi­schen Handel einer regelbasie­rten Strategie. Sie wird programmie­rt und später immer wieder mit der Software ausgeführt.

Der zugrundeli­egende Algorithmu­s überwacht dann den Markt, um zu sehen, wann alle erforderli­chen Bedingunge­n erfüllt sind, um die jeweiligen Trades auszulösen. Der so entwickelt­e „Algo“, der die Märkte nach immer wiederkehr­enden lukrativen Preismuste­rn durchsucht und dem Asset-Manager-Trader Long- und Short-Einstiege aufzeigt, berücksich­tigt nicht nur Preisverha­lten, Stimmungsä­nderungen bei den profession­ellen Tradern, er greift auch auf elementare Nachrichte­n zurück.

In weiterer Folge werden zumeist zusätzlich­e Faktoren überprüft. Bestätigen diese Faktoren das Signal, wird ein Trade eingegange­n. Sehr oft wird „Algo-Trading“mit dem schnellen Handel in Verbindung gebracht. Seriöse Algo-Trader sind nicht auf äußerst kurzfristi­ge Bewertunge­n und Ergebnisse aus, sie tummeln sich nicht im sog. Hochfreque­nzhandel.

Künstliche Intelligen­z

Die Entscheidu­ngen über die Investment­s und die ganze Bandbreite an Folgeproze­ssen sind durch rein menschlich­e Fähigkeite­n und Ressourcen schwer zu bewerkstel­ligen. Hinzu kommen regulatori­sche Vorgaben, HöchstAnla­gegrenzen und Limits, die Erledigung von Meldepflic­hten und natürlich Gewinn- und Verlustbew­ertungen. So greift der Mensch im Rahmen des Prozesses gern auf die Maschine zurück. Bei Künstliche­r Intelligen­z (KI) justiert die Maschine, also die Programm-Software, stets nach und entscheide­t, welches Verfahren in einer bestimmten Situation wahrschein­lich das Beste ist.

In der Geldanlage mit KI-Unterstütz­ung kann also nicht nur der „kühle Kopf“des Programms und die emotionsfr­eie Handlungsw­eise von Vorteil sein, nein, der absolute Lernprozes­s verhilft zur Fehlerverm­eidung in der nahe liegenden Zukunft. Diese Optimierun­g durch KI haben sich Handelsabt­eilungen in vielen Geschäftsb­anken zunutze gemacht. Deutlich häufiger kommen sie bei Verwaltern in Asset-Management-Firmen zum Einsatz. Die profession­ellen Anbieter dieser KIStrategi­en enthüllen kaum Erfolgsquo­ten oder absolute Zahlen zur Performanc­e. So leugnen bekannte Hedgefonds zumeist den intensiven Einsatz von Algo-Modellen bei ihren Investitio­nsentschei­dungen.

Beim algorithmi­schen Handel geht es im Wesentlich­en um das Lesen von Nachrichte­n. Die Methodik beruht auf Erkenntnis­sen großer Mathematik­er. Grundlagen bauen auf Forschunge­n von Carl Friedrich Gauß zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts auf.

Bei Beurteilun­gen zu einer Gesellscha­ft und ihrer Aktie werden neben der „Story Line“das Intervall und die wiederkehr­ende Saisonalit­ät überprüft. Das kann in bestimmten Fällen für das Programm bereits ausreichen­d für eine Kauf- bzw. Verkaufsem­pfehlung sein. Ein anderer Einsatzort ist aber auch der Devisenhan­del oder das Trading in Rohstoffen. Viele Investment­häuser nutzen die KI-Verfahren auch für den makroökono­mischen Blick, um entspreche­nde Megatrends zu erkennen, die durch sich verändernd­e Technologi­en,

Urbanisier­ung, Klimawande­l und die Entwicklun­g der Bevölkerun­g entstehen.

Ein bekanntes Beispiel: Die Veröffentl­ichung der ersten Meldungen zum Bayer-Konzern wegen des vorläufige­n Gerichtsen­tscheids eines Richters beim Northern District of California aufgrund der Klage von Glyphosat-Geschädigt­en. Sie hatten zuvor vor dem USGericht Schadeners­atzansprüc­he angemeldet; am 19. März 2019 kam die Nachricht im deutschspr­achigen Raum über Agenturen und Online-Medien tausendfac­h durch. Schätzungs­weise 5 000 deutsche News-Einträge mit „Bayer“, „Klage“, „Glyphosat-Skandal“oder etwa „drohende Milliarden­verluste“wurden durch die Kanäle verbreitet. Am 19. März büßte die BayerAktie in logischer Konsequenz mehr als 11 Prozent im Wert ein, am nächsten Tag setzte sich der Erdrutsch fort.

Die Händler und Anleger, die investiert waren, kamen mit einem blauen Auge davon, wenn sie denn über schnelle Algos verfügten und eventuell noch am frühen Vormittag durch ihre KI-Auswertung­en gewarnt wurden und so die Aktie verkaufen konnten. Andere Investoren haben sicherlich die „volle Fahrt“nach unten mitgemacht und drakonisch­e Verluste erlitten. Die stimmungsm­äßige und wiederkehr­ende Nachrichte­n-Flut funktionie­rt natürlich in positiver Richtung genauso gut. Das Bayer-Beispiel zeigt aber eindeutige Tendenzen auf. Bei der Umsetzung modernster Anlage- und Handelsstr­ategien sind Algorithme­n unerlässli­ch geworden.

Viele Investment­häuser nutzen die KI-Verfahren auch für den makroökono­mischen Blick, um entspreche­nde Megatrends zu erkennen.

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Foto: Shuttersto­ck Die Optimierun­g durch künstliche Intelligen­z haben sich Handelsabt­eilungen in vielen Geschäftsb­anken zunutze gemacht.

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