Ein Häuschen im Grünen
Seit dem Skandal um Roberto Traversini ist ein Jahr vergangen – Die Ermittlungen dauern an
Differdingen. „Den Trainer.lu“. So heißt die neue Internetseite von Roberto Traversini. Dort bietet er seit Kurzem seine Dienste als persönlicher Sportcoach an. Er weist unter anderem auf seine Erfahrung als Fußballtrainer hin. Seine politische Karriere erwähnt er nicht.
Die nahm vor genau einem Jahr ein abruptes Ende. Aufgrund der sogenannten GaardenhaischenAffäre kündigte er am 20. September seinen Rücktritt als Differdinger Bürgermeister an. Dies mit dem Satz: „Das bin ich den Bürgern schuldig.“
Die Vorwürfe
Am selben Tag, nur kurze Zeit später, gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie Ermittlungen gegen ihn eingeleitet hatte. Dies wegen vier möglicher Verstöße: Verdacht auf Veruntreuung öffentlicher Gelder, illegale Vorteilsnahme, Verschleierung und Verstoß gegen das Gesetz über kommunale Einrichtungen. Später sollte Traversini auch sein Abgeordnetenmandat niederlegen.
Ein Jahr später sind diese Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, wie von der Pressestelle der Justiz zu erfahren ist. Es sei auch derzeit nicht absehbar, für wann Resultate zu erwarten sind.
Damals, in den Tagen vor dieser Rücktrittsankündigung, hatte sich die Lage nach und nach zugespitzt. Den Stein ins Rollen gebracht hatte Ende Juli ein Artikel der Plattform „Reporter.lu“. Darin ging es um ein Haus in Niederkorn, das Roberto Traversini Anfang 2019 geerbt hatte. Auf dessen Gelände befindet sich das mittlerweile berühmt-berüchtigte Gartenhäuschen. Das Areal lag laut dem alten allgemeinen Bebauungsplan (PAG) in einer Gartenzone, das Gartenhäuschen sogar im Naturreservat Prënzebierg. Laut „Reporter.lu“sollte im nicht-öffentlichen Teil einer Ratssitzung über das Umklassieren dieses Geländes gesprochen werden. Durch eine solche Prozedur hätte es an Wert gewonnen.
Das Gartenhäuschen
Doch dazu kam es nicht. Dafür wurden die Vorwürfe gegen Roberto Traversini immer lauter. Offen ausgesprochen wurden sie auf einer Pressekonferenz der drei Differdinger Oppositionsparteien LSAP, DP und Déi Lénk am 11. September 2019. Die KPL war der gemeinsamen Aktion ferngeblieben. Unter anderem kritisierten Vertreter der drei Parteien, dass Arbeiten an besagtem Haus unentgeltlich durch Mitarbeiter der Beschäftigungsinitiative CIGL, deren Verwaltungsratspräsident Traversini war, durchgeführt wurden.
Auch betreffend Baugenehmigungen habe es Ungereimtheiten gegeben. Darunter eine erst nachträglich angefragte Genehmigung zum Umbau des Gartenhäuschens, das sich eben in einem Naturschutzgebiet
befindet. Die DP und Déi Lénk forderten Traversinis Rücktritt.
Eine Woche lang äußerte sich Roberto Traversini nicht. Bis er sich am 18. September vor dem Gemeinderat erklärte. Doch knapp hatte er sich verteidigt, und zum Teil entschuldigt, kamen neue Vorwürfe von der Opposition. Traversini habe den städtischen Baudienst damit beauftragt, Pläne vom geerbten Haus zu zeichnen, hieß es.
Am selben Nachmittag hatte Traversini die Presse zum Haus in Niederkorn eingeladen. Vor dem Gartenhäuschen bezog er noch einmal Stellung. Er gestand Fehler ein. Von einem Rücktritt sprach er noch nicht. Das kam erst zwei Tage später. Wieder hatte er die Presse eingeladen. Dieses Mal hielt er eine Rede von etwa drei Minuten. Dann ging er. Definitiv.
Der Schock bei der Differdinger Déi Gréng-CSV-Koalition saß tief. Doch war die Angelegenheit damit noch nicht abgeschlossen. Im Oktober konfrontierte Oppositionsrat François Meisch (DP) die Mehrheit mit weiteren Vorwürfen,
unter anderem betreffend Kosten für den Zufahrtsweg zu Traversinis Haus in Niederkorn, die ihm von der Stadt nicht verrechnet worden wären.
Die Nachfolgerin
Es dauerte eine Woche, bis dass ein Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin für Traversini gefunden wurde: Christiane Brassel-Rausch (Déi Gréng) wurde zur ersten Frau an der Spitze der drittgrößten Gemeinde von Luxemburg. Durch Gespräche mit der Opposition und dem Versprechen eines Neuanfangs sollte es ihr in den folgenden Monaten gelingen, das Differdinger Schiff wieder in ruhigere Gewässer zu führen.
Dafür hatte die Episode um das Gartenhäuschen Folgen auf nationaler Ebene. Der Vorwurf, Traversini sei vonseiten des Umweltministeriums bei der Bearbeitung seiner Genehmigungen bevorzugt worden, schwebte im Raum. Ressortministerin und Traversinis Parteikollegin Carole Dieschbourg geriet in die Kritik, wies die Vorwürfe aber stets zurück. Die Anfrage von Roberto Traversini sei behandelt worden wie jede andere auch. Auch hier dürfte die Justiz Klarheit bringen. So hatte im Oktober 2019 auch eine Hausdurchsuchung im Umweltministerium stattgefunden.
Diese Ermittlungen rund um die Gartenhaus-Affäre laufen aber wie gesagt noch. Weshalb Roberto Traversini, ein Jahr nach seinem Rücktritt, auf LW-Nachfrage nicht öffentlich Stellung nehmen will.
Auf seiner neuen Internetseite, auf der er seine Dienste als Sportcoach anbietet, hat er aber ein Zitat der französischen Autorin Catherine Rambert gepostet. Dieses lautet: „Accepter en toute tranquillité de ne pas être parfait. D'ailleurs en certaines circonstances, un défaut peut devenir un atout.“