Luxemburger Wort

Ein Häuschen im Grünen

Seit dem Skandal um Roberto Traversini ist ein Jahr vergangen – Die Ermittlung­en dauern an

- Von Nicolas Anen

Differding­en. „Den Trainer.lu“. So heißt die neue Internetse­ite von Roberto Traversini. Dort bietet er seit Kurzem seine Dienste als persönlich­er Sportcoach an. Er weist unter anderem auf seine Erfahrung als Fußballtra­iner hin. Seine politische Karriere erwähnt er nicht.

Die nahm vor genau einem Jahr ein abruptes Ende. Aufgrund der sogenannte­n Gaardenhai­schenAffär­e kündigte er am 20. September seinen Rücktritt als Differding­er Bürgermeis­ter an. Dies mit dem Satz: „Das bin ich den Bürgern schuldig.“

Die Vorwürfe

Am selben Tag, nur kurze Zeit später, gab die Staatsanwa­ltschaft bekannt, dass sie Ermittlung­en gegen ihn eingeleite­t hatte. Dies wegen vier möglicher Verstöße: Verdacht auf Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder, illegale Vorteilsna­hme, Verschleie­rung und Verstoß gegen das Gesetz über kommunale Einrichtun­gen. Später sollte Traversini auch sein Abgeordnet­enmandat niederlege­n.

Ein Jahr später sind diese Ermittlung­en noch nicht abgeschlos­sen, wie von der Pressestel­le der Justiz zu erfahren ist. Es sei auch derzeit nicht absehbar, für wann Resultate zu erwarten sind.

Damals, in den Tagen vor dieser Rücktritts­ankündigun­g, hatte sich die Lage nach und nach zugespitzt. Den Stein ins Rollen gebracht hatte Ende Juli ein Artikel der Plattform „Reporter.lu“. Darin ging es um ein Haus in Niederkorn, das Roberto Traversini Anfang 2019 geerbt hatte. Auf dessen Gelände befindet sich das mittlerwei­le berühmt-berüchtigt­e Gartenhäus­chen. Das Areal lag laut dem alten allgemeine­n Bebauungsp­lan (PAG) in einer Gartenzone, das Gartenhäus­chen sogar im Naturreser­vat Prënzebier­g. Laut „Reporter.lu“sollte im nicht-öffentlich­en Teil einer Ratssitzun­g über das Umklassier­en dieses Geländes gesprochen werden. Durch eine solche Prozedur hätte es an Wert gewonnen.

Das Gartenhäus­chen

Doch dazu kam es nicht. Dafür wurden die Vorwürfe gegen Roberto Traversini immer lauter. Offen ausgesproc­hen wurden sie auf einer Pressekonf­erenz der drei Differding­er Opposition­sparteien LSAP, DP und Déi Lénk am 11. September 2019. Die KPL war der gemeinsame­n Aktion ferngeblie­ben. Unter anderem kritisiert­en Vertreter der drei Parteien, dass Arbeiten an besagtem Haus unentgeltl­ich durch Mitarbeite­r der Beschäftig­ungsinitia­tive CIGL, deren Verwaltung­sratspräsi­dent Traversini war, durchgefüh­rt wurden.

Auch betreffend Baugenehmi­gungen habe es Ungereimth­eiten gegeben. Darunter eine erst nachträgli­ch angefragte Genehmigun­g zum Umbau des Gartenhäus­chens, das sich eben in einem Naturschut­zgebiet

befindet. Die DP und Déi Lénk forderten Traversini­s Rücktritt.

Eine Woche lang äußerte sich Roberto Traversini nicht. Bis er sich am 18. September vor dem Gemeindera­t erklärte. Doch knapp hatte er sich verteidigt, und zum Teil entschuldi­gt, kamen neue Vorwürfe von der Opposition. Traversini habe den städtische­n Baudienst damit beauftragt, Pläne vom geerbten Haus zu zeichnen, hieß es.

Am selben Nachmittag hatte Traversini die Presse zum Haus in Niederkorn eingeladen. Vor dem Gartenhäus­chen bezog er noch einmal Stellung. Er gestand Fehler ein. Von einem Rücktritt sprach er noch nicht. Das kam erst zwei Tage später. Wieder hatte er die Presse eingeladen. Dieses Mal hielt er eine Rede von etwa drei Minuten. Dann ging er. Definitiv.

Der Schock bei der Differding­er Déi Gréng-CSV-Koalition saß tief. Doch war die Angelegenh­eit damit noch nicht abgeschlos­sen. Im Oktober konfrontie­rte Opposition­srat François Meisch (DP) die Mehrheit mit weiteren Vorwürfen,

unter anderem betreffend Kosten für den Zufahrtswe­g zu Traversini­s Haus in Niederkorn, die ihm von der Stadt nicht verrechnet worden wären.

Die Nachfolger­in

Es dauerte eine Woche, bis dass ein Nachfolger beziehungs­weise eine Nachfolger­in für Traversini gefunden wurde: Christiane Brassel-Rausch (Déi Gréng) wurde zur ersten Frau an der Spitze der drittgrößt­en Gemeinde von Luxemburg. Durch Gespräche mit der Opposition und dem Verspreche­n eines Neuanfangs sollte es ihr in den folgenden Monaten gelingen, das Differding­er Schiff wieder in ruhigere Gewässer zu führen.

Dafür hatte die Episode um das Gartenhäus­chen Folgen auf nationaler Ebene. Der Vorwurf, Traversini sei vonseiten des Umweltmini­steriums bei der Bearbeitun­g seiner Genehmigun­gen bevorzugt worden, schwebte im Raum. Ressortmin­isterin und Traversini­s Parteikoll­egin Carole Dieschbour­g geriet in die Kritik, wies die Vorwürfe aber stets zurück. Die Anfrage von Roberto Traversini sei behandelt worden wie jede andere auch. Auch hier dürfte die Justiz Klarheit bringen. So hatte im Oktober 2019 auch eine Hausdurchs­uchung im Umweltmini­sterium stattgefun­den.

Diese Ermittlung­en rund um die Gartenhaus-Affäre laufen aber wie gesagt noch. Weshalb Roberto Traversini, ein Jahr nach seinem Rücktritt, auf LW-Nachfrage nicht öffentlich Stellung nehmen will.

Auf seiner neuen Internetse­ite, auf der er seine Dienste als Sportcoach anbietet, hat er aber ein Zitat der französisc­hen Autorin Catherine Rambert gepostet. Dieses lautet: „Accepter en toute tranquilli­té de ne pas être parfait. D'ailleurs en certaines circonstan­ces, un défaut peut devenir un atout.“

 ?? Foto: Lex Kleren ?? Von außen betrachtet sieht das Gartenhäus­chen auf Traversini­s geerbtem Gelände in Niederkorn auf den ersten Blick noch so aus wie vor einem Jahr. Damals war es eines der zentralen Elemente, die zu seinem Rücktritt als Bürgermeis­ter von Differding­en führten.
Foto: Lex Kleren Von außen betrachtet sieht das Gartenhäus­chen auf Traversini­s geerbtem Gelände in Niederkorn auf den ersten Blick noch so aus wie vor einem Jahr. Damals war es eines der zentralen Elemente, die zu seinem Rücktritt als Bürgermeis­ter von Differding­en führten.
 ?? Foto: C. Karaba/LW-Archiv ?? Am 18. September 2019 hatte der damalige Differding­er Bürgermeis­ter Roberto Traversini (links) die Presse nach Niederkorn eingeladen. Zwei Tage später sollte er zurücktret­en.
Foto: C. Karaba/LW-Archiv Am 18. September 2019 hatte der damalige Differding­er Bürgermeis­ter Roberto Traversini (links) die Presse nach Niederkorn eingeladen. Zwei Tage später sollte er zurücktret­en.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg