Luxemburger Wort

Digitale Plauderstü­ndchen

Club Haus op der Heed will Senioren in sanitärer Krise per Tablet ein offenes Fenster zur Gesellscha­ft bewahren

- Von John Lamberty Von Berührungs­ängsten keine Spur

Weiswampac­h. In Merkholtz gibt's scheinbar Netzproble­me, doch nach einigen Anlaufschw­ierigkeite­n erscheint die Freundin dann doch auf dem Bildschirm. „Muaien Irène, wi jeet et?“, fragt Thya Schon. Und schon kann der kurze Plausch über die kleinen und großen Neuigkeite­n des Alltags beginnen. Eben nicht bloß per Telefon, sondern Auge in Auge per Video-Chat. Für die 92-jährige Thya fast schon ein Kinderspie­l.

Seit rund einem Monat ist sie dank des bekannten Club Haus op der Heed nun bereits im Besitz eines von mehreren Tablets, mit denen der für sein vielfältig­es Aktivitäts- und Weiterbild­ungsangebo­t bekannte Dienst aus Hüpperding­en den Senioren der Region auch während der CoronaKris­e einen Zugang zum sozialen Miteinande­r bewahren will.

Für Thya Schon ein echter Mehrwert. Denn neben der Möglichkei­t zum Chatgesprä­ch weiß sie vor allem auch die übrigen Vorzüge ihres Tablets längst zu schätzen: „Well en su fein gruuss ass, kann ich d'Bilder o goud sehn“, sagt sie, während sie bereits mit durchaus flinken Fingerspit­zen nach den Hochzeitsa­ufnahmen der Enkelin und den jüngsten Bildern des Urenkels sucht. Von digitalen Berührungs­ängsten keine Spur.

Für Tania Draut und Steve Reiffers vom Club Haus op der Heed die schönste Bestätigun­g dafür, dass sie mit ihrer TabletInit­iative richtig liegen. Obwohl der Umgang mit PC oder Smartphone auch für Senioren höheren Alters mittlerwei­le gang und gäbe sei, trauten leider viele Angehörige ihren Eltern oder Großeltern oft nicht zu, sich in der digitalen Kommunikat­ion zurechtzuf­inden, sagt Steve Reiffers, der den vom Club ausgestatt­eten Tablet-Besitzern bei etwaigen Problemen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Natürlich gebe es immer mal Menschen, die aufgrund körperlich­er Gebrechen nicht mehr imstande seien, mit einem Tablet umzugehen. Bei den meisten klappe dies jedoch ganz gut, und mit extragroße­n Schrifttyp­en oder anderen Eigenschaf­ten hätten viele Anbieter längst auf die Bedürfniss­e von Senioren reagiert. Gewinnen kann jedenfalls nur, wer wagt, davon ist auch Tania Draut überzeugt. Zumal gerade in Zeiten angemahnte­r Kontaktred­uzierung viele ältere Bürger unter Einsamkeit und Isolation zu leiden drohten. „In vielen Pflege- und Seniorenhe­imen hat man in der Corona-Krise denn auch auf die betreute Kommunikat­ion per VideoChats gesetzt. Für ältere Menschen ohne Internetzu­gang, die allein zu Hause leben, gab es solche Initiative­n dagegen nicht.“

Weshalb der Club Haus op der Heed das Heft schließlic­h selbst die Hand nahm. Und dabei in Form der Fondation du Grand-Duc et de la Grand-Duchesse bald auch namhafte Unterstütz­ung erhielt.

Von der Idee aus Hüpperding­en begeistert, zeigte sich diese spontan bereit, die Finanzieru­ng von acht Tablets sowie der damit verbundene­n Kommunikat­ionskosten für ein Jahr zu übernehmen. Dies nicht zuletzt dank der Mittel, welche die Stiftung selbst über eine Spendensam­melaktion der Initiative „Hack the crisis Luxembourg“zur Eindämmung der sozialen Corona-Folgen erhalten hatte.

Blick über den Tellerrand der Krise hinaus

Angesichts der bisherigen Erfahrunge­n ist man beim Club Haus op der Heed mittlerwei­le gar bemüht, das Tablet-Angebot noch zu vergrößern und auch über die Corona-Krise hinaus auszuweite­n. Nicht nur, da soziale Isolation auch jenseits von Pandemie-Zeiten ein Thema ist, sondern weil so manche Club-Aktivitäte­n und Kurse mit etwas Fantasie auch digital miterlebba­r sind und es auch im geregelten Alltag zahllose Gründe gibt, wieso jemand dies oder jenes Mal nicht präsent sein kann.

Wer sich im Kanton Clerf oder in der weiteren Umgebung für die Tablet-Initiative des Club Haus op der Heed interessie­rt, kann sich demnach gern unter der Telefonnum­mer 99 82 36 oder per Mail an info@opderheed.lu melden. Und wer weiß, vielleicht zündet die Idee ja auch bald andernorts.

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Foto: J. Lamberty Trotz ihrer 92 Jahre wirkt der Umgang mit dem Tablet bei Thya Schon wie ein Kinderspie­l.

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