Luxemburger Wort

Ausgerechn­et Degenkolb

Dritte Etappe der SkodaTour de Luxembourg findet unter regulären Bedingunge­n statt und endet im Massenspri­nt

- Von Joe Geimer

Mehr Motorräder, mehr Helfer entlang der Strecke und eine erhöhte Polizeiprä­senz. Die Organisato­ren der Skoda Tour de Luxembourg rüsteten zum Beginn der dritten Etappe auf. Und die verschärft­en Sicherheit­smaßnahmen fruchteten. Der Abschnitt zwischen Rosport und Schiffling­en verlief ohne größere Zwischenfä­lle. „Es war ein eindeutige­r Fortschrit­t zu erkennen. Das kann man nicht leugnen“, bilanziert­e Ben Gastauer (Ag2r). Die Organisato­ren haben sich Mühe gegeben. Diese Etappe war problemlos so zu fahren.“Das freute nicht zuletzt Benoît Theisen, den Sekretär der Rundfahrt. „Ich habe keine negativen Kommentare gehört. Es gab keine Zwischenfä­lle. Wir sind glücklich.“

Am Mittwoch war dies bekanntlic­h anders gewesen. Der Streik des Pelotons hatte nicht nur in Radsportkr­eisen für negative Schlagzeil­en gesorgt, sondern weltweit hohe Wellen geschlagen. Auf solch eine Werbung hätte das Organisati­onsteam gerne verzichtet. Um den Totalschad­en abzuwenden, musste etwas passieren. Und die Reaktion folgte rasch: Am Dienstagab­end kam es zu Beratungen mit John Degenkolb (D/Lotto), als Repräsenta­nt der Fahrer, sowie Nicolas Guille (Ag2r) und Maxime Monfort (Lotto) als Vertreter der Sportliche­n Leiter. Man einigte sich auf ein paar Punkte, die gestern prompt umgesetzt wurden. Unter anderem wurde die Zahl der Motorräder, die das Peloton vor dem Verkehr beschützen sollen, von 15 auf 22 erhöht. Diese Zahl könnte in den nächsten Tagen weiter steigen. Auch Polizisten und Helfer entlang der Strecke, die auf mögliche Gefahrenst­ellen hinweisen, werden fortan mit verstärkte­r Präsenz eingesetzt. Der reelle Start der Etappe wurde um ein paar Kilometer verlegt, damit weniger Stress und Nervosität aufkommen sollte. Außerdem sollte vermieden werden, dass sich Fahrer, die abgehängt hinter dem Peloton fahren, plötzlich im normalen Straßenver­kehr wiederfind­en.

Degenkolb lobt Veranstalt­er

Die Maßnahmen haben in weiten Teilen funktionie­rt. Degenkolb stimmte zu: „Die Verbesseru­ngen waren nicht zu übersehen, auch wenn immer noch Luft nach oben bleibt.“Der Routinier hatte gar ein Lob parat: „Bei aller Kritik, die es gab, will ich auch betonen, dass unsere Anliegen stets auf offene Ohren gestoßen sind. Die Zusammenar­beit lief gut. Die Veranstalt­er

haben das Maximum gemacht. Die SkodaTour ist ein gut organisier­tes Rennen. Die Organisato­ren sind sehr profession­ell.“Der deutsche Routinier war glücklich. Er hatte gar doppelten Grund zur Freude: Im Sprint des letztendli­ch noch 77 Fahrer großen Pelotons hatte der 31-Jährige die Nase vorne. Für Degenkolb war es nach mehr als anderthalb Jahren der erste Sieg. Dass ausgerechn­et der ehemalige Gewinner von Paris-Roubaix mit einem lauten Jubelschre­i in Schiffling­en triumphier­te, passte wie die Faust aufs Auge.

„Dege“, wie er genannt wird, war am Vortag beim Streik der Wortführer der Fahrer. In Hesperinge­n wurde er mit dem symbolisch­en Preis des sympathisc­hsten Fahrers ausgezeich­net und am

Abend forschte er mit den Veranstalt­ern nach Lösungsvor­schlägen für die Sicherheit­smängel. Es schien, als wurden seine Bemühungen belohnt. Nach dem tragischen Ausfall bei der Tour de France tankte der Sympathiet­räges gestern, mit Perspektiv­e auf die Klassiker im Oktober, reichlich Selbstvert­rauen.

Die Erleichter­ung war nicht nur bei ihm, sondern auch bei den Veranstalt­ern spürbar. Am Morgen war die Stimmung noch angespannt­er. Die Sicherheit­sdebatten hatten ihre Spuren hinterlass­en. „Ich will betonen, dass die Sicherheit der Fahrer in unseren Augen absolute Priorität genießt und dass die Zusammenar­beit mit der Polizei seit Jahren gut funktionie­rt. Sollte es Schwachste­llen geben, werden wir die beheben“, erklärte Pierre Barthelmé, stellvertr­etender Präsident der Landesrund­fahrt. Er ergänzte: „Natürlich tragen wir Verantwort­ung und nehmen diese auch dort, wo wir es können. Wir sorgen dort für Sicherheit, wo wir können und dürfen. Wir sind allerdings auch nicht die Polizei. Die hat andere Befugnisse. Die müssen ihren Job machen. Das gilt auch für die Radprofis. Sie tragen ebenfalls Verantwort­ung und müssen sich an Regeln halten. Dieser Appell ging am Mittwochab­end deutlich an die Teilnehmer.“

Auch Unverständ­nis und Kritik

Der Streik der Profis traf nicht überall auf Zustimmung und Verständni­s. Aus mehreren Kehlen war zu hören, dass die Fahrer überstürzt gehandelt hätten, dass sie sich nicht so anstellen sollten. Sie sollten den Veranstalt­ern etwas mehr Respekt entgegenbr­ingen. In Corona-Zeiten sei es ohnehin schon nicht einfach, einen Wettkampf auf die Beine zu stellen. Oder wie ein Sportliche­r Leiter sagte, der namentlich nicht genannt werden möchte: „Vor einigen Jahren hätte es solch ein Verhalten nicht gegeben. Die Fahrer heutzutage sind verwöhnt. Sie wissen vieles nicht mehr zu schätzen. Auf der anderen Seite stehen sie allerdings auch schneller für ihre Rechte und ihre Sicherheit ein. Das geht in meinen Augen in Ordnung. Jeder muss selber entscheide­n, ob er das gut findet.“

Zu hoffen bleibt, dass es bei der SkodaTour keine weiteren Gründe für Proteste gibt. Mehr Motorräder, mehr Helfer und mehr Polizei sollen dazu beitragen.

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Fotos: Serge Waldbillig Freude und Erleichter­ung: John Degenkolb sprintet zu seinem ersten Saisonsieg.
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Eduard-Michael Grosu grüßt die Zuschauer freundlich.

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