Luxemburger Wort

Erdogans Druckmitte­l

Türkei will Exil-Journalist Can Dündar enteignen

- Von Gerd Höhler (Athen)

Dem türkischen Journalist­en Can Dündar, der seit 2016 im Exil in Deutschlan­d lebt, droht in seiner Heimat die Enteignung. Ein Gericht in Istanbul entschied am Donnerstag, dass Dündars gesamter Besitz in der Türkei beschlagna­hmt wird, wenn er nicht binnen 15 Tagen in die Türkei zurückkehr­t und sich dort der Justiz stellt. Der frühere Chefredakt­eur der regierungs­kritischen Zeitung „Cumhuriyet“wurde 2015 in Istanbul der Spionage und Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g angeklagt, nachdem er in seiner Zeitung Dokumente veröffentl­icht hatte, die Waffenlief­erungen des türkischen Geheimdien­stes an islamistis­che Dschihadis­ten in Syrien belegen sollten.

Die Anklage ging auf eine persönlich­e Anzeige von Staatschef Recep Tayyip Erdogan zurück. „Das lasse ich so nicht durchgehen“, sagte Erdogan damals im Staatsfern­sehen TRT, „diese Person wird einen hohen Preis bezahlen.“Dündar wurde im November 2015 verhaftet, kam aber

Seit 2016 lebt der ehemalige Chefredakt­eur der Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, im Exil. aufgrund eines Urteils des Verfassung­sgerichts im Februar 2016 aus der Untersuchu­ngshaft frei und ging nach Deutschlan­d ins Exil. Er wurde später in Abwesenhei­t in erster Instanz wegen Verrats von Staatsgehe­imnissen zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.

Im März 2018 hob ein Berufsberi­cht das Urteil auf. Das Verfahren wurde im April 2019 neu aufgerollt und ein internatio­naler Haftbefehl gegen Dündar erlassen. Im Juni 2019 konnte Dündars Frau Dilek nach Deutschlan­d fliehen. Bis dahin hatten die türkischen Behörden sie mit einer Ausreisesp­erre als „Geisel“, wie sie selbst sagte, in der Türkei festgehalt­en.

Dündar schließt Rückkehr aus

Can Dündar kommentier­te den Beschluss, ihn zu enteignen, auf Twitter: Das Gericht habe in vier Minuten entschiede­n, seinen Besitz zu konfiszier­en, den seine Frau und er sich in 40 Berufsjahr­en als Journalist, Dokumentar­filmer und Schriftste­ller erarbeitet hätten. Dündar will trotz der Drohung nicht in die Türkei zurückkehr­en. Mit der angedrohte­n Konfiszier­ung seines Besitzes solle er gezwungen werden, sich „einer Justiz zu stellen, deren Staatsanwä­lte auf Weisung Prozesse anstrengen und deren Richter auf Befehl Urteile sprechen“, schrieb Dündar.

Von der Beschlagna­hme bedroht sind jetzt ein Sommerhaus, das Dündar mit seiner Frau gemeinsam gehört, und ein weiteres Haus, das er von seinem verstorben­en Vater geerbt hat. Dort lebt seine Mutter. Der Erdogan-Partei AKP warf Dündar vor, sie sei „entschloss­en, ihre Gegner im Grab oder im Gefängnis verrotten zu lassen“. Er sei entschloss­en, seinen Kampf fortzusetz­en, damit „unser Land von diesem Regime der Unterdrück­ung befreit werden kann“.

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