Zurück an der Spitze
Diego Ulissi untermauert mit seinem zweiten Etappensieg bei der SkodaTour de Luxembourg seine Ambitionen
„Im letzten Anstieg setzte ich alles auf eine Karte. Ich attackierte, konnte mich mit einigen Fahrern lösen und spielte im Sprint meine Schnelligkeit aus.“Das klingt simpel. Ganz so einfach war die vierte Etappe aber auch für den Sieger Diego Ulissi nicht. „Es war eine sehr kraftraubende Etappe“, musste der Italiener der Mannschaft UAE-Emirates zugeben.
Der 31-Jährige meisterte den vierten Abschnitt der 80. Luxemburg-Rundfahrt dennoch mit Bravour. Im Sprint einer letztendlich vierköpfigen Spitzengruppe setzte sich der Routinier vor Aimé de Gendt (B/Circus), Markus Hoelgaard (N/Uno-X) und Tim Wellens (B/Lotto) durch. Ulissi schaffte den Doppelschlag. Weil der Führende Eduard-Michael Grosu (ROM/Nippo) dem Tempo an der Spitze auf dem anspruchsvollen Terrain wenig überraschend nicht bis in die Schlussphase hinein folgen konnte, musste er sein Leadertrikot abgeben.
Ulissi holte sich das Gelbe Trikot zurück. Und noch viel wichtiger: Er geht mit dem fast schon beruhigenden Vorsprung von 17 Sekunden in den Schlusstag hinein. Der Weltranglisten-16. freute sich gestern in Differdingen. Von überschwänglichem Jubel war jedoch keine Spur. „Ich führe das Klassement an, doch der letzte Tag wird kein Selbstläufer sein. Ich werde herausgefordert werden, aber es ist besser, einen Vorsprung zu besitzen, als hinterherlaufen zu müssen. Ich bin zuversichtlich und weiß, dass meine Mannschaft stark genug ist, um die Spitzenposition zu verteidigen“, diktierte er in die Aufnahmegeräte der Medienvertreter. Nach kurzem Zögern ergänzte er: „Das Gelbe Trikot zu holen, war sehr wichtig. Ich konnte es nicht nur zurückerobern, sondern meinen Rivalen auch ein paar Sekunden abnehmen.“
Viel Wind und hohes Tempo
Ulissi scheint die Streckenführung der diesjährigen SkodaTour de Luxembourg auf den Leib geschneidert zu sein. Er mag Kurse auf welligen Profil, kommt sehr gut über kurze Anstiege, verfügt über den nötigen Punch und kann sprinten. Kurzum: Er ist beinahe sowas wie ein Alleskönner. Vor allem beeindruckt die Regelmäßigkeit des Emirates-Kapitäns. 34 Profisiege stehen in seinem Palmarès. Hinzu kommen zahlreiche Topplatzierungen. Die Saison 2020 ist ein Paradebeispiel für seine Beständigkeit: Mit Ausnahme des EM-Straßenrennens
war er nie schlechter als Position 18. Mit Rang vier bei der Settimana Coppi e Bartali wenige Tage vor der SkodaTour untermauerte er seine gute Form. Zuvor schrammte er mehrmals knapp am Sieg vorbei: Sechster bei den italienischen Meisterschaften, Dritter beim Giro dell'Emilia, Achter bei der Lombardei-Rundfahrt, Zweiter beim Gran Piemonte und Fünfter bei der Polen-Rundfahrt.
Im Großherzogtum platzte nun der Knoten. Zum Auftakt jubelte er in Kirchberg. Es war sein erster Saisonsieg. Das Leadertrikot musste er am Donnerstag Grosu überlassen. Nun hat er es zurück. „Wenn man gewinnt, ist es immer ein schöner Tag“, schmunzelte er im Anschluss an die Siegerehrung.
Zum Lachen war ihm auf den 201 km aber nicht immer. Denn die sehr schnelle Etappe (42,26 km/h) hatte es vor allem im Ösling in sich. Im Norden Luxemburgs zermürbte das fast nie flache Terrain die Fahrer. Hinzu kam heftiger Wind. Zunächst setzte sich eine achtköpfige Spitzengruppe mit Arnaud Démare (F/Groupama) ab. Dann konterten die Favoriten. Die stärksten
sportlich bis zum Rundkurs. Für mich verlief die Etappe relativ gut. Ich arbeitete viel im Wind und sorgte dafür, dass das Hauptfeld in seine Einzelteile zerfiel. Ich fand mich anschließend in der zweiten Gruppe wieder und konnte später wieder vorne aufschließen. Zum Schluss kannte ich einige Schwierigkeiten meinen Rhythmus auf dem Rundkurs zu finden. In der zweiten Runde lief es besser. Meine Leistung war nicht perfekt, aber sie war okay. Am Schlusstag werden wir nochmals alles geben und schauen was dabei herausspringt.“
Arthur Kluckers (Leopard/76. auf 7'13''): „Zum Schluss hatte ich keine Kraft mehr in den Beinen. Mein Tank war leer. Wir haben uns zu Beginn der Etappe nicht optimal in Position gebracht, um vorne in der Fluchtgruppe präsent zu sein. Als der Wind auf den Öslinger Hügeln das Feld auseinander riss, konnten wir Mauro Schmid nochmals nach vorne in die zweite Gruppe bringen. Das war noch einigermaßen in Ordnung. Ich versuchte noch so gut es ging ins Ziel zu gelangen und auf den letzen 50 km Mauro zu unterstützen und ihn im Peloton zu positionieren. Auf der Schlussetappe werden wir nochmals alle Kräfte bündeln, um unseren Kapitän so gut es geht zu unterstützen.“
Kevin Geniets (Groupama/77. auf 7'13''): „Kurz bevor es zu den Windkanten hinter Tadler kam, hatte ich Probleme mit meinem Fahrrad und musste dieses zu einem ungünstigen Zeitpunkt wechseln. Ich steckte jedoch nicht auf und blieb im Rennen. Gruppe für Gruppe kämpften wir uns wieder nach vorne. Auf der Schlussrunde erlitt ich zudem einen erneuten Plattfuß und fiel noch weiter zurück. Obwohl meine Beine sich noch nicht optimal anfühlen, bin ich voll gefahren. Mal schauen was auf der Schlussetappe noch möglich ist. Die Motivation ist auf jeden Fall vorhanden. Nur das Material muss halten.“