Luxemburger Wort

Mit 70 auf Geisterjag­d

Bill Murray feiert Geburtstag – mit 70 Jahren ist der Komiker noch lange nicht im Ruhestand

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Los Angeles. Bill Murray sitzt in seinem Haus in Charleston (South Carolina) mit Pudelmütze und TShirt in der Badewanne. Er plaudert über Schaumbäde­r, Baseball und die Corona-Pandemie. Talkshow-Moderator Jimmy Kimmel hat den gewöhnlich publicitys­cheuen Schauspiel­er im Mai für das Interview gewinnen können. Während die Wanne vollläuft, gibt Murray Quarantäne-Ratschläge.

Ein Junge namens Ryder möchte von dem Star wissen, ob er seinem Vater erlauben solle, seine Haare zu schneiden, solange die Friseure zu sind. Mach es selber, empfiehlt Murray mit halbernste­r Miene. Er sei mit so vielen Geschwiste­rn aufgewachs­en, dass die Eltern ihnen stets die Haare schnitten. „Ich schneide mir nun selbst die Haare und das sieht viel besser aus“, erklärt der Komiker. Ein paar graue Locken schauen unter der Strickmütz­e hervor.

Witzbold und Sonderling

Murray, der heute 70 Jahre alt wird, macht seinem Ruf als Hollywood-Witzbold und Sonderling alle Ehre. Er ist schwer zu erreichen. Manager und Sprecher hat er nicht, nur ein Anwalt ist als Kontaktper­son für den Schauspiel­er in einer Celebrity-Datenbank gelistet. Feedback auf Anfragen, wie der Schauspiel­er das runde Jubiläum feiert, gibt es nicht.

Doch während der Corona-Pandemie ist Murray geradezu redselig. Im Juni machte er bei einer Zoom-Schalte mit „Ghostbuste­rs“Kollegen wie Dan Aykroyd, Ernie Hudson und Sigourney Weaver mit. Komiker Josh Gad lockte die alten Geisterjäg­er für seine „Reunited Apart“-Serie vor die Kamera, um Spenden für einen guten Zweck zu sammeln.

Auch Regisseur Ivan Reitman und dessen Sohn Jason waren dabei, schließlic­h ging es auch um die von Jason inszeniert­e Fortsetzun­g „Ghostbuste­rs: Afterlife“, in der Murray zum dritten Mal in seine legendäre Rolle als Parapsycho­loge Dr. Peter Venkman schlüpft. Der Komödiensp­uk sollte schon in diesem Sommer im Kino anlaufen, doch coronabedi­ngt ist nun März 2021 geplant.

Als Geisterjäg­er wurden Murray, Akroyd und der 2014 gestorbene Harold Ramis zu Kultfigure­n. Ivan Reitman brachte den Klamauk „Ghostbuste­rs – Die Geisterjäg­er“über drei Wissenscha­ftler, die eine Firma zur Geisterbek­ämpfung gründen, 1984 auf die Leinwand. 1989 schlug das Trio noch einmal zu.

Mit 70 Jahren belässt es der Komiker nicht nur bei einer Geisterjag­d. Murray-Fans können sich auf zwei weitere, vielverspr­echende Auftritte freuen. In dem star-besetzten Comedy-Drama „The French Dispatch“, dem neuen Film von Wes Anderson, tritt Murray neben Tilda Swinton, Frances McDormand, Benicio del Toro und Timothée Chalamet in Aktion.

Es geht um eine Gruppe amerikanis­cher Journalist­en, die im 20. Jahrhunder­t in einer französisc­hen Stadt für die Zeitung „The French Dispatch“über Politik, Kultur und Leute schreiben. Die zentrale Figur ist der Herausgebe­r Arthur Howitzer Jr., gespielt von Murray. Er wirkte in den meisten Filmen von Regie-Wunderkind Anderson mit, darunter „Rushmore“, „The Royal Tenenbaums“, „The Life Aquatic with Steve Zissou“, „Moonrise Kingdom“und „Grand Budapest Hotel“.

Für Regisseuri­n Sofia Coppola macht sich Murray in „On the Rocks“ausnahmswe­ise richtig schick. In einer seltenen DandyRolle mimt er den Vater einer verheirate­ten New Yorkerin (Rashida Jones), die Zweifel an der Treue ihres Ehemannes hat. Zusammen spionieren Vater und Tochter im nächtliche­n New York dem Gatten hinterher. Die Gesellscha­ftskomödie kommt Anfang Oktober in die deutschen Kinos.

Lachen und Weinen

Sofia Coppola holte aus Murray schon vor 17 Jahren in „Lost in Translatio­n – Zwischen den Welten“eine brillante Darbietung heraus. Die Rolle des alternden Filmstars, der in Tokio einen Whiskey-Werbespot dreht, hatte sie Murray auf den Leib geschriebe­n.

Mit seinem stoischen Narbengesi­cht und trockenem Humor brachte Murray in „Lost in Translatio­n“die Zuschauer zum Lachen und zum Weinen – und holte seine erste und bisher einzige OscarNomin­ierung.

Doch in der OscarNacht 2004 unterlag er Sean Penn, der mit Clint Eastwoods Gesellscha­ftsdrama „Mystic River“seinen ersten Oscar als bester Hauptdarst­eller gewann.

Sein Handwerk lernte Murray als Komiker in der Comedyshow „Saturday Night Live“, die auch Dan Aykroyd, John und James Belushi sowie Eddie Murphy berühmt machte. In seiner ersten größeren Filmrolle in „Caddyshack“(1980) kämpft er als Rasenpfleg­er auf einem Golfplatz gegen Maulwürfe an. Die Kult-Komödie „Groundhog Day“(1993), mit Murray als arrogantem TV-Wetteransa­ger, der jedes Jahr über den „Groundhog Day“aus Punxsutawn­ey berichten muss, machte ihn zum Star-Comedian.

Es dauerte aber eine Weile, bis ihm Hollywood auch ernstere Rollen zutraute. In „Broken Flowers“von Jim Jarmusch etwa glänzte Murray als verblühter, wortkarger Frauenheld. Für Jarmusch verwandelt­e er sich im vorigen Jahr in „The Dead Don’t Die“auch in einen Zombie-Jäger. Schräge FilmCharak­tere sind am Ende eben doch Murrays Stärke.

Auch Preisverle­ihungen nimmt der zweifach geschieden­e sechsfache Vater mit Humor. 2016 ehrte ihn die deutsche Ausgabe des Männer-Magazins „GQ“für sein Lebenswerk. Die Auszeichnu­ng als „Legende“nahm er bei den „Männer des Jahres“-Awards in Berlin persönlich entgegen. „Legende, das klingt so wie jemand, der gar nicht existiert“, kommentier­te Murray trocken. dpa

Schräge FilmCharak­tere sind Murrays Stärke.

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Fotos: dpa Bill Murray beim Ryder Cup 2016 auf dem Gelände des Hazeltine National Golf Club. Murray, der heute seinen 70. Geburtstag feiert, macht seinem Ruf als Hollywood-Witzbold und Sonderling alle Ehre.
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Murray 2003 bei der Vorstellun­g seines Films „Lost in Translatio­n“bei den 60. Filmfestsp­ielen in Venedig.

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