Albtraumszenario für US-Demokraten
Der Oberste Gerichtshof in den USA ist nicht erst seit dem Tod von Ruth Bader Ginsburg und der Debatte über deren Nachfolge zum Spielball von Parteipolitik geworden. Statt fachlicher Kompetenz zählt in erster Linie das voraussichtliche Abstimmungsverhalten in polarisierenden Fragen wie dem Abtreibungsrecht. Rückblick: Als der Konservative Antonin Scalia starb, schlug der damalige US-Präsident Barack Obama Merrick Garland im März 2016 – also acht Monate vor der Wahl – als Nachfolger vor. Das Kalkül: Die Nominierung eines überparteilich anerkannten Fachmanns könnte selbst die republikanische Mehrheit im Senat nicht blockieren. Doch Obama hatte Mitch McConnell unterschätzt, damals wie heute republikanischer Mehrheitsführer im Senat. McConnell blockierte eine Abstimmung. Ähnlich wie die Demokraten heute argumentierte McConnell damals, dass in einem Wahljahr erst ein neu gewählter Präsident einen Vorschlag machen sollte, der dann vom Senat bestätigt werden würde. Von diesen Gepflogenheiten will McConnell aber heute nichts mehr wissen – sechs Wochen vor der Wahl. Denn heute ist Trump Präsident und nicht Obama. Es ist die Gelegenheit, um das Kräfteverhältnis am Obersten Gerichtshof langfristig zugunsten einer konservativen, republikaner-freundlichen Mehrheit auf Jahrzehnte festzuzementieren. Dann stünden sechs konservative Richter drei liberalen Richtern gegenüber – ein Albtraumszenario für die Demokraten mit langfristigen Konsequenzen, die über die Wahl vom 3. November hinausgehen würden.