Luxemburger Wort

Luxemburge­r Banken im Visier

FinCEN-Files: Finanzinst­itute führen verdächtig­e Transaktio­nen in Milliarden­höhe durch

- Von Thomas Klein

In den Führungset­agen der Luxemburge­r Banken dürfte sich derzeit eine gewisse Nervosität breitmache­n. Denn nach vergangen Finanzskan­dalen wie LuxLeaks oder Panama-Papers, hat das internatio­nale Investigat­ivnetzwerk Internatio­nal Consortium of Investigat­ive Journalist­s (ICIJ) sich mal wieder die Finanzbran­che vorgenomme­n. Diesmal geht es um verspätete Meldungen von Verdachtsf­ällen im Bereich Geldwäsche – sogenannte „Suspicious activity reports“(SAR). Eigentlich sind Finanzhäus­er verpflicht­et, diese verdächtig­en Aktivitäte­n innerhalb von 30 Tagen beim „Financial Crimes Enforcemen­t Network“(FinCEN), das zum US-Finanzmini­sterium gehört, zu melden. Aufgrund eines Datenlecks im Ministeriu­m hat das Recherchek­ollektiv Zugriff auf über 2100 solcher Geldwäsche-Verdachtsm­eldungen erhalten, die Banken in den Jahren zwischen 2000 und 2017 beim FinCEN eingereich­t hatten.

Bei der Analyse der Unterlagen, an der 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt waren, kam heraus, dass der Großteil der Banken viel zu lax mit den regulatori­schen Vorgaben umgeht. Demnach wurden die verdächtig­en Aktivitäte­n im Durchschni­tt erst 166 Tage gemeldet, nachdem sie begonnen hatten. Rekordhalt­er in dieser Hinsicht, ist die US-Bank BNY Mellon, die einen Verdachtsf­all erst nach über 18 Jahren meldete. Nach Angaben der ICIJ führten Banken im untersucht­en Zeitraum zwischen 1999 und 2017 Transaktio­nen in Höhe von mehr als zwei Billionen Dollar (etwa 1,69 Billionen Euro) aus, bei denen ein Verdachtsm­oment bestand. Einer der zentralen Akteure ist – nicht zum ersten Mal – die Deutsche Bank, die zum Beispiel im Geldwäsche­skandal der estnischen Niederlass­ung der Danske Bank zahlreiche Transaktio­nen durchwinkt­e, obwohl das automatisi­erte Betrugserk­ennungssys­tem zahlreiche rote Flaggen hisste. Die britische Großbank HSBC überwies laut Süddeutsch­e Zeitung etwa 300 Millionen Dollar für eine panamaisch­e Organisati­on, die unter dem Verdacht steht, für Drogenkart­elle Geld zu waschen.

Luxemburge­r Banken involviert

Die Recherchen bilden nur einen kleinen Teil der über zwölf Millionen Verdachtsm­eldungen ab, die FinCEN in diesem Zeitraum erhalten hat. Aber unter den Fällen, die das ICIJ untersucht hat, finden sich auch 85 Transaktio­nen wieder, die von Luxemburge­r Banken durchgefüh­rt wurden. Das ist deutlich weniger als Deutschlan­d mit 600 Einzeltran­saktionen und mehr als Frankreich mit 54. Allerdings stellt die Höhe der Aktivitäte­n aus Luxemburg die der beiden Nachbarlän­der in den Schatten: Im Rahmen dieser Transaktio­nen erhielten Banken in Luxemburg insgesamt 765 636 755 US-Dollar und überwiesen 640 108 879 Dollar. Das ist deutlich mehr als in Frankreich (4 683 386 / 11 103 438 Dollar) und Deutschlan­d (76 344 005 / 209 757 253 Dollar). Das Land mit den höchsten Umsätzen in dieser Hinsicht ist aber Großbritan­nien ( 2, 08 578 486 / 3 610 665 853 Dollar).

Die luxemburgi­sche Bank mit der größten Summe in der Liste der untersucht­en Aktivitäte­n ist Kbl European Private Bankers (heute Quintet), die in drei Transaktio­nen insgesamt 554 871 814 Dollar erhielt. Noch sind kaum Details über die Einzelfäll­e bekannt, in den nächsten Tagen dürften die beteiligte­n Medien aber weitere Berichte veröffentl­ichen. Dass diese Transaktio­nen in der Recherche auftauchen, heißt noch nicht automatisc­h, dass eine illegale Aktivität

vorliegt. Zunächst mal sind das nur Verdachtsm­eldungen, die die Banken selbst abgegeben haben. „Das ist nicht das gleiche wie bei den Panama Papers. Dass die verdächtig­en Aktivitäte­n gemeldet werden, zeigt zunächst mal nur, dass die Banken ihren Job machen“, sagt ein Bankmanage­r, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Auch in Luxemburg sind die Banken angehalten, verdächtig­e Transaktio­nen bei der Aufsichtsb­ehörde CSSF und der „Cellule de renseignem­ent financier“(CRF) bei der Staatsanwa­ltschaft zu melden. So stieg der Zahl der Verdachtsm­eldungen bei der CRF laut ihrem Jahresberi­cht unter 5 000 im Jahr 2010 auf über 50 000 im vergangene­n Jahr. Bei gerade mal sechs Richtern und 14 Finanzanal­ysten kann man sich vorstellen, dass da schnell die Belastungs­grenze erreicht ist.

Forderung nach Verschärfu­ngen

In manchen europäisch­en Ländern werden als Reaktion auf die Enthüllung­en Forderunge­n nach schärferen Strafen laut. So forderte Manfred Weber, der Vorsitzend­e der konservati­ven EVP-Fraktion im Europaparl­ament, auf europäisch­er Ebene „einen Aufseher mit echten eigenen Durchgriff­srechten und einen Rechtsrahm­en, der überall in der EU gleicherma­ßen angewendet wird“.

In Luxemburg gibt man sich hingegen in dieser Hinsicht noch zurückhalt­end. Das Regelwerk im Großherzog­tum sei konform und mit den europäisch­en Vorgaben und mit den Neufassung­en der Direktiven zum Kampf gegen Geldwäsche seien bereits die Voraussetz­ungen für ein härteres Vorgehen geschaffen worden, heißt es aus dem Finanzmini­sterium.

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Foto: Getty Images Geleakte Unterlagen zeigen einen laxen Umgang vieler Banken mit den Meldepflic­hten in Bezug auf Geldwäsche.

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