Luxemburger Banken im Visier
FinCEN-Files: Finanzinstitute führen verdächtige Transaktionen in Milliardenhöhe durch
In den Führungsetagen der Luxemburger Banken dürfte sich derzeit eine gewisse Nervosität breitmachen. Denn nach vergangen Finanzskandalen wie LuxLeaks oder Panama-Papers, hat das internationale Investigativnetzwerk International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) sich mal wieder die Finanzbranche vorgenommen. Diesmal geht es um verspätete Meldungen von Verdachtsfällen im Bereich Geldwäsche – sogenannte „Suspicious activity reports“(SAR). Eigentlich sind Finanzhäuser verpflichtet, diese verdächtigen Aktivitäten innerhalb von 30 Tagen beim „Financial Crimes Enforcement Network“(FinCEN), das zum US-Finanzministerium gehört, zu melden. Aufgrund eines Datenlecks im Ministerium hat das Recherchekollektiv Zugriff auf über 2100 solcher Geldwäsche-Verdachtsmeldungen erhalten, die Banken in den Jahren zwischen 2000 und 2017 beim FinCEN eingereicht hatten.
Bei der Analyse der Unterlagen, an der 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt waren, kam heraus, dass der Großteil der Banken viel zu lax mit den regulatorischen Vorgaben umgeht. Demnach wurden die verdächtigen Aktivitäten im Durchschnitt erst 166 Tage gemeldet, nachdem sie begonnen hatten. Rekordhalter in dieser Hinsicht, ist die US-Bank BNY Mellon, die einen Verdachtsfall erst nach über 18 Jahren meldete. Nach Angaben der ICIJ führten Banken im untersuchten Zeitraum zwischen 1999 und 2017 Transaktionen in Höhe von mehr als zwei Billionen Dollar (etwa 1,69 Billionen Euro) aus, bei denen ein Verdachtsmoment bestand. Einer der zentralen Akteure ist – nicht zum ersten Mal – die Deutsche Bank, die zum Beispiel im Geldwäscheskandal der estnischen Niederlassung der Danske Bank zahlreiche Transaktionen durchwinkte, obwohl das automatisierte Betrugserkennungssystem zahlreiche rote Flaggen hisste. Die britische Großbank HSBC überwies laut Süddeutsche Zeitung etwa 300 Millionen Dollar für eine panamaische Organisation, die unter dem Verdacht steht, für Drogenkartelle Geld zu waschen.
Luxemburger Banken involviert
Die Recherchen bilden nur einen kleinen Teil der über zwölf Millionen Verdachtsmeldungen ab, die FinCEN in diesem Zeitraum erhalten hat. Aber unter den Fällen, die das ICIJ untersucht hat, finden sich auch 85 Transaktionen wieder, die von Luxemburger Banken durchgeführt wurden. Das ist deutlich weniger als Deutschland mit 600 Einzeltransaktionen und mehr als Frankreich mit 54. Allerdings stellt die Höhe der Aktivitäten aus Luxemburg die der beiden Nachbarländer in den Schatten: Im Rahmen dieser Transaktionen erhielten Banken in Luxemburg insgesamt 765 636 755 US-Dollar und überwiesen 640 108 879 Dollar. Das ist deutlich mehr als in Frankreich (4 683 386 / 11 103 438 Dollar) und Deutschland (76 344 005 / 209 757 253 Dollar). Das Land mit den höchsten Umsätzen in dieser Hinsicht ist aber Großbritannien ( 2, 08 578 486 / 3 610 665 853 Dollar).
Die luxemburgische Bank mit der größten Summe in der Liste der untersuchten Aktivitäten ist Kbl European Private Bankers (heute Quintet), die in drei Transaktionen insgesamt 554 871 814 Dollar erhielt. Noch sind kaum Details über die Einzelfälle bekannt, in den nächsten Tagen dürften die beteiligten Medien aber weitere Berichte veröffentlichen. Dass diese Transaktionen in der Recherche auftauchen, heißt noch nicht automatisch, dass eine illegale Aktivität
vorliegt. Zunächst mal sind das nur Verdachtsmeldungen, die die Banken selbst abgegeben haben. „Das ist nicht das gleiche wie bei den Panama Papers. Dass die verdächtigen Aktivitäten gemeldet werden, zeigt zunächst mal nur, dass die Banken ihren Job machen“, sagt ein Bankmanager, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Auch in Luxemburg sind die Banken angehalten, verdächtige Transaktionen bei der Aufsichtsbehörde CSSF und der „Cellule de renseignement financier“(CRF) bei der Staatsanwaltschaft zu melden. So stieg der Zahl der Verdachtsmeldungen bei der CRF laut ihrem Jahresbericht unter 5 000 im Jahr 2010 auf über 50 000 im vergangenen Jahr. Bei gerade mal sechs Richtern und 14 Finanzanalysten kann man sich vorstellen, dass da schnell die Belastungsgrenze erreicht ist.
Forderung nach Verschärfungen
In manchen europäischen Ländern werden als Reaktion auf die Enthüllungen Forderungen nach schärferen Strafen laut. So forderte Manfred Weber, der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, auf europäischer Ebene „einen Aufseher mit echten eigenen Durchgriffsrechten und einen Rechtsrahmen, der überall in der EU gleichermaßen angewendet wird“.
In Luxemburg gibt man sich hingegen in dieser Hinsicht noch zurückhaltend. Das Regelwerk im Großherzogtum sei konform und mit den europäischen Vorgaben und mit den Neufassungen der Direktiven zum Kampf gegen Geldwäsche seien bereits die Voraussetzungen für ein härteres Vorgehen geschaffen worden, heißt es aus dem Finanzministerium.