Unter Druck
Der Bissener Gemeinderat stimmt in Kürze über den PAP Google Datencenter ab – die Regierung will das Projekt durchziehen
Der frühere Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) packte Gelegenheiten stets beim Schopf. So war es auch Ende 2016, als er am Breakthrough Price in San Francisco teilnahm – eine Veranstaltung, bei der Auszeichnungen für herausragende wissenschaftliche Arbeiten verliehen werden – und dort das Gespräch mit Google-Gründer Larry Page suchte, um ihm Luxemburg als Standort für ein Datencenter schmackhaft zu machen. Noch am selben Tag teilte Schneider die Nachricht eines größeren Investmentprojekts via Twitter mit und half dem Internetriesen, die für das Datencenter notwendigen Flächen in Bissen zu erwerben.
Google spaltet Bissen
Seit Schneiders Ankündigung wird heftig über die Sinnhaftigkeit des eine Milliarde schweren Investitionsprojekts gestritten. Zwei lokale Bürgerinitiativen (Pro Bissen und Un der Atert) haben sich gegründet und kämpfen gegen die Ansiedlung des Rechenzentrums. Die Bissener Bevölkerung ist gespalten – die einen sehen das Projekt eher positiv und im Sinne des Fortschritts. Andere befürchten negative Auswirkungen wie hohes Verkehrsaufkommen oder Lärmbelästigung und sehen nicht, was das Projekt der Gemeinde bringen wird. Auf nationaler Ebene kritisieren Umweltschützer wie der Mouvement écologique den hohen Land- und Wasserverbrauch und erkennen in dem Projekt keinen Mehrwert.
Der Mouvéco hat im Juli 2019 Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen das Intérieur eingereicht. Die Umweltschutzorganisation ist überzeugt, dass die Umklassierung der Grünzone nicht rechtens war. „Unserer Ansicht nach darf eine Umklassierung in eine Spezialzone Datacenter nur vorgenommen werden, wenn bewiesen ist, dass das Gelände sich besonders gut für den Bau eines Rechenzentrums eignet. Was die Wasserversorgung betrifft, ist dieser Nachweis nicht erbracht worden“, sagt Mouvéco-Präsidentin Blanche Weber.
Problem Wasserknappheit
Selbst wenn Google – wie es derzeit in Erwägung gezogen wird – das Abwasser aus der Merscher Kläranlage zur Kühlung nutzen würde, hätte dies einen Einfluss auf den in den Sommermonaten ohnehin niedrigen Pegel der Alzette – das Wasser fließt nicht mehr zurück in den Fluss. Eine Sebes-Leitung ist unverzichtbar, da Google sich nicht auf die Abwassermenge einer Kläranlage verlassen kann.
Vor einem Jahr hat Luc Zwank vom Wasserwirtschaftsamt auf Radio 100,7 gemeint, Luxemburg liege auf Platz 49 von 164 Ländern mit Wasserknappheit und habe einen mittleren bis hohen Trinkwassermangel. Es müsse sorgsam mit Trinkwasser umgegangen werden. Detaillierte Angaben zur Wasserversorgung wurden von Anfang an von vielen Seiten eingefordert, auch vom Umweltministerium – im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), doch die ist noch nicht abgeschlossen.
Bissen ist am Drücker
Genaueres zu den Problempunkten wird man erst erfahren, wenn der PAP in trockenen Tüchern ist. Die Abstimmung ist Anfang/Mitte Oktober geplant. Auf den politisch Verantwortlichen in Bissen lastet ein hoher Druck staatlicherseits, den PAP durchzubekommen. Das Spannende dabei: In Bissen haben sich seit dem Zeitpunkt der PAG-Umklassierung die Mehrheitsverhältnisse geändert.
Seit Ende 2019 führt David Viaggi (Är Leit und LSAP-Kandidat bei den Landeswahlen 2018) als Bürgermeister die Geschäfte, zusammen mit den Schöffen Cindy Barros (unabhängig) und Roger Saurfeld (Är Leit). Die fünf Räte von Är Leit haben sich damals als Opposition beim zweiten und endgültigen Votum über die PAG-Abstimmung enthalten, weil sie nicht zufrieden waren und dem Projekt keinen Blankoscheck ausstellen wollten. Dem damaligen Bürgermeister
David Viaggi (Är Leit) ist seit Oktober 2019 Bürgermeister von Bissen.
Jos Schummer (CSV) warfen sie vor, nicht hart genug mit dem Staat über Verbesserungen für die Bissener Gemeinde verhandelt zu haben, und sie kritisierten den Mangel an Informationen zum Wasser- und Stromverbrauch.
David Viaggi und seine beiden Schöffen haben in den vergangenen Monaten mit Google und dem Staat intensive Verhandlungsgespräche geführt. Beim PAP sei nachgebessert worden, erklärt Viaggi auf Nachfrage dieser Zeitung. Man habe die Empfehlungen der Cellule d'évaluation des Intérieur sowie Einwände der Zivilbevölkerung einfließen lassen, insbesondere die der beiden Bürgerinitiativen, die er zweimal zu einem Gespräch eingeladen habe. Nachverhandelt wurde bei der Maximalhöhe der Gebäude. Sie liege jetzt bei 25 statt 33 Metern – mit Ausnahme von Kühlaggregaten, Masten oder ähnlichen Konstruktionen. Maximal 30 Prozent der Fläche dürfen verbaut werden. Es wurde eine Lärmobergrenze festgelegt, die Lärmstudie läuft. Außerdem habe der Schöffenrat den Bau von Rückhaltebecken eingefordert, bevor mit dem Bau des Gebäudes begonnen wird.
Schöffenrat befürwortet PAP
Obwohl die Informationen zum Wasserverbrauch nach wie vor fehlen, steht der Schöffenrat dem Projekt positiv gegenüber – auch Cindy Barros, die damals als CSVRätin gegen die PAG-Änderung gestimmt hatte, zusammen mit CSVRat Christian Hoscheid. Google arbeite intensiv an einer Lösung, erklärt David Viaggi ausweichend und verweist auf andere Instanzen: „Creos muss sagen, ob der Strombedarf gedeckt werden kann.“Die Fragen rund um die Wasserversorgung müsse das Wirtschaftsamt klären. Dabei bedient sich Viaggi der Argumentation Schneiders, der sich stets mit der Begründung rechtfertigte, dass es Bestimmungen gebe, die eingehalten werden müssen und dass eine Betriebsgenehmigung nur dann erstellt wird, wenn diese eben auch eingehalten werden.
Das stimmt. Das Problem: Der Internetriese muss lediglich beweisen, dass er die bestmöglichen verfügbaren Technologien anwendet. Wie viel Wasser verbraucht wird, spielt dabei keine Rolle. Ein hoher Wasserverbrauch kann folglich nicht als Argument gegen das Projekt angeführt werden. Genau so wenig wie CO2-Emissionen. „Da kann ein Betrieb so viel CO2 in die Luft blasen, wie er will, das spielt in der Prozedur keine Rolle“, so Blanche Weber.
Der Mouvéco fordert deshalb zusätzliche objektive Kriterien, die es dem Staat erlauben, die Ansiedlung eines Betriebs trotz modernster Technik zu verweigern, wenn die Ansiedlung oder der Ausbau im Widerspruch zum Beispiel zu den großen Nachhaltigkeits- oder Klimazielen steht. Ein neues Commodo-Gesetz mit Ausschlusskriterien für Betriebe, deren Aktivität – unabhängig von den technischen Möglichkeiten – nicht den gewünschten Nachhaltigkeitskriterien entspricht, ist in Ausarbeitung.
Schadensbegrenzung
Nach den Verhandlungen kann der Schöffenrat gar nicht anders, als dem PAP grünes Licht erteilen. David Viaggi deutet es auch an. Der
Eine Umklassierung in eine Spezialzone Datacenter darf nur genehmigt werden, wenn bewiesen ist, dass sich die Fläche hierfür besonders gut eignet. Blanche Weber, Mouvéco