Die Sonne lacht im Keller
Winzer freuen sich auf Jahrgang mit stabiler Säure und hohen Öchslegraden – trotz niedriger Erntemengen
Schengen. Der ungetrübte Sonnenschein über weite Strecken des Sommers beschert den 280 Winzerbetrieben an der Luxemburger Mosel einen exzellenten Jahrgang. Von der Qualität der gesunden und vollreifen Trauben überzeugten sich gestern Premier Xavier Bettel (DP) und Landwirtschaftsminister Romain Schneider (LSAP). In einem Weinberg in der Nähe des Markusturms oberhalb von Schengen nahmen sie selber die Schere in die Hand und griffen den Weinbergsbesitzern unter die Arme.
„Für mich ist es tatsächlich das erste Mal, dass ich bei der Weinlese helfe“, sagte Staatsminister Bettel. Trotz dieser praktischen Unerfahrenheit hat er dennoch familiäre Verbindungen zu der Branche. Weil sein Vater Weinhändler war, habe er mehr als einmal bestellte Flaschen ausgeliefert, sagte er. „Ich bin mit dem Wein groß geworden.“
Hilfspakete der Regierung
Trotz der günstigen Wetterbedingungen blicken die Winzer auf schwere Monate zurück. Wegen der Corona-Pandemie fiel die Gastronomie als Absatzmarkt monatelang aus. Zudem konnten sie nicht mehr in direkten Kontakt mit den Kunden treten. Xavier Bettel unterstrich die Bedeutung der Corona-Hilfen: „Viele Betriebe in den verschiedensten Branchen hatten Angst, das Jahr nicht zu überleben. In dieser Situation musste die
Regierung Geld investieren, um die Ökonomie zu stützen.“
Agrarminister Romain Schneider wies auf das Hilfspaket seines Ministeriums für die Landwirtschaft hin. Mit dem ersten Teil des Pakets wurden Winzer mit einmalig 2 500 bis 5 000 Euro für die pandemiebedingt geschlossenen Weinstuben entschädigt. Der zweite Teil ist in Vorbereitung.
Bei herrlichem Sonnenschein überzeugten sich die Politiker von der Qualität des ersten Weinerzeugnisses in diesem Jahr, nämlich dem Federweißer. Er überzeugt mit erstaunlich stabilen Säuregehalten und optimalen Öchslegraden. Josy Gloden, Präsident der Winzergenossenschaft Vinsmoselle, sprach von einem „hochklassigen, interessanten Jahrgang“, der den Winzern und den Kunden noch viel Freude bereiten werde. Die Trockenheit seit Anfang Juli fordere aber bei der Erntemenge ihren Tribut. „In manchen Lagen haben wir 30 Prozent geringere Erträge als gewöhnlich, stellenweise sind die Einbußen noch höher.“
Mengen unter dem Durchschnitt
Die Lese ist noch voll im Gange und hat zum Beispiel bei RieslingLagen meist noch gar nicht angefangen. Zu diesem Zeitpunkt sei es noch nicht möglich, die genaue Erntemenge zu beziffern, meinte Roby Ley, Direktor des Weinbauinstituts in Remich. „Sicher ist allerdings, dass die Qualität hervorragend wird und die Erntemengen unterdurchschnittlich. Das ist aber zweifellos besser als der umgekehrte Fall“, sagte Roby Ley.
Aufgrund der Pandemie hatten die Winzer befürchtet, dass die osteuropäischen Saisonarbeiter ausbleiben würden. Vor allem in der Lesezeit sind sie unabdingbar, denn die meisten Parzellen in Luxemburg werden mit der Hand gelesen. Bei der Beschaffung der Arbeitskräfte habe sich die Situation jedoch entspannt. „Wir arbeiten mit einer gemischten Truppe aus Franzosen, Deutschen, Polen und Luxemburgern“, berichtet ein Mitarbeiter der Caves Gales in Remich. „Sie konnten alle kommen, auch die Osteuropäer.“