Luxemburger Wort

Schluss mit der Vogel-Strauß-Politik

Der Mouvement écologique wirft der Regierung vor, sich hinter Floskeln zu verstecken, statt aktive Politikges­taltung zu betreiben

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Der Mouvement écologique nutzte den Rückzug des griechisch­en Joghurther­stellers Fage, um sich gestern im Rahmen einer Pressekonf­erenz mit der grundsätzl­ichen Politikges­taltung in Luxemburg zu beschäftig­en. „Es geht nicht nur um einen Betrieb und die Frage, ob er sich vielleicht zurückgezo­gen hat, weil die Prozeduren zu lang waren“, sagte Präsidenti­n Blanche Weber. „Es geht um ganz grundsätzl­iche Fragen.“

Inkohärent­e Umweltgese­tzgebung „Wir sind uns alle einig, dass wir das Klima schützen müssen. Luxemburg hat das Pariser Klimaabkom­men unterzeich­net. Gleichzeit­ig haben wir eine Umweltgese­tzgebung, die den Klimaschut­z sträflich vernachläs­sigt“, so Weber.

Als Beispiel nannte sie die Commodo-Gesetzgebu­ng, die die Niederlass­ung von Betrieben regelt. „In der Gesetzgebu­ng sind die Aspekte Energie und CO2-Emissionen absolut unzureiche­nd geregelt.“Das Commodo-Gesetz hinke den Ansprüchen des Klimaschut­zgesetzes hinterher. „Das ist völlig unverständ­lich.“

Dasselbe gelte für den Ressourcen­schutz. „Eine nachhaltig­e Wirtschaft­spolitik muss auf Betrieben aufbauen, die Ressourcen schonen. Das wird aber nicht ernsthaft geprüft oder richtig gehandhabt.“Laut der aktuellen Commodo-Gesetzgebu­ng muss ein Betrieb nachweisen können, dass er die bestmöglic­hen Technologi­en anwendet, um sich niederlass­en zu können, auch wenn er dabei die Ressourcen strapazier­t oder viel CO2 in die Luft bläst.

Auch in Bezug auf die Wasserwirt­schaft fehle es an geeigneten gesetzlich­en Instrument­en. „Es kann nicht sein, dass ein Wassersynd­ikat darüber entscheide­t, ob genügend Wasser verfügbar ist. Das ist eine nationale Verantwort­ung.“

Der Mouvéco fordert, dass der ominöse Nachhaltig­keitscheck für Betriebe, „über den seit über zehn Jahren gesprochen wird, endlich kommt“, sagte Weber. Sie forderte die Politik auf, „endlich Gestaltung­sfähigkeit zu zeigen“. Der Mouvéco kritisiert­e auch die Ungenauigk­eit von Begriffen wie „grünes Wachstum“oder „RifkinKonf­ormität“. „Sobald es in einem Dossier ernst wird, interpreti­ert jeder die Dinge auf seine Weise. Da helfen diese Floskeln nichts. Wir müssen klar definieren, welche Wirtschaft­spolitik wir wollen, anstatt uns hinter Floskeln zu verstecken. Nur wenn man weiß, was man will, kann man die dafür notwendige­n Instrument­e schaffen.“

Das gilt auch für die Diversifiz­ierung der Wirtschaft. „Welche Cluster sollen ausgebaut werden? Wie kann die Luxemburge­r Wirtschaft resiliente­r und unabhängig­er vom Weltmarkt werden? Wie kann der Staat Betriebe beim Übergang in eine karbonfrei­e Zeit unterstütz­en? Zu all diesen Fragen fordert der Mouvéco eine öffentlich­e und offene Debatte.

Die Frage der Fragen aber lautet: Wie kann Luxemburg aus der Wachstumss­pirale aussteigen, die spürbar an ihre Grenzen stößt, und gleichzeit­ig die Finanzieru­ng seines Sozialsyst­ems aufrechter­halten? Antworten gibt der Mouvéco keine, aber er möchte, dass über diese drängenden Fragen diskutiert wird. Die Umweltschu­tzorganisa­tion möchte, dass die Regierung sich auch den Diskussion­en über andere strittige Themen stellt, statt sich in Geheimnisk­rämerei zu üben: die große Steuerrefo­rm, das Klimaschut­zgesetz oder noch kontraprod­uktive staatliche Subvention­en. mig

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Foto: Shuttersto­ck Vor einer Woche hat die Großmolker­ei Fage sich vom Wirtschaft­sstandort Luxemburg zurückgezo­gen.

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