Luxemburger Wort

Asyl-Paket entzweit Europa

Meinungen über Reformvors­chlag der EU-Kommission gehen auseinande­r

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Brüssel. Auch die neuen Vorschläge zur Reform der Asyl- und Migrations­politik entzweien die Europäisch­e Union. Ungarn und Tschechien äußerten gestern heftige Kritik am Konzept der EUKommissi­on. Zugleich kam Widerstand aus dem Europaparl­ament. Die EU-Staaten streiten seit Jahren erbittert über die Asylpoliti­k. Streitpunk­t war vor allem, ob und wie Migranten auf alle EU-Staaten verteilt werden sollen. Deshalb legte die EU-Kommission vorgestern ein neues Konzept vor, das Länder wie Griechenla­nd und Italien vor allem mit einem stärkeren Grenzschut­z entlasten soll sowie mit Hilfe bei der Rückführun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er.

Zugleich will die Behörde, dass alle EU-Staaten ihren Beitrag zur Migrations­politik leisten. Dazu sollen Länder, die sich der Aufnahme von Migranten verweigern, unter anderem für die Rückführun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er verantwort­lich sein. Eine verpflicht­ende Verteilung von Migranten soll es nur in absoluten Ausnahmen geben. Nun müssen EU-Staaten und Europaparl­ament über die Ideen verhandeln. Aus dem EU-Parlament kam deutliche Kritik an den neuen Vorschläge­n. Mehrere Abgeordnet­e warnten davor, dass am Rande der EU erneut Lager wie das zuletzt abgebrannt­e Moria auf Lesbos entstehen könnten.

Die EU-Staaten brauchen für eine Entscheidu­ng keine Einstimmig­keit – einzelne Gegner könnten also überstimmt werden. In den vergangene­n Jahren war jeder Reformvers­uch im Rat der EUStaaten gescheiter­t. Die VisegradSt­aaten Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei, aber auch andere Länder wie Österreich, lehnen die verpflicht­ende Aufnahme von Migranten kategorisc­h ab. Südliche EU-Staaten, in denen viele Migranten ankommen, verlangen hingegen mehr Unterstütz­ung.

Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orban wurde gestern sogleich deutlich. „Der grundsätzl­iche Ansatz ist noch immer unveränder­t“, kritisiert­e er nach einem Treffen mit EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen sowie seinen Kollegen aus Tschechien und Polen. „Sie möchten Migration managen und nicht die Migranten stoppen.“

Ein Durchbruch wären seiner Meinung nach Hotspots für Migranten außerhalb der EU.

Auch Tschechien­s Ministerpr­äsident Andrej Babis brachte solche Zentren außerhalb der EU ins Spiel. „Wir müssen Migration stoppen und die Quoten und die Umverteilu­ng, diese Worte sind für uns nicht akzeptabel“, sagte der Gründer der populistis­chen Partei ANO. „Wir brauchen wirklich Hotspots außerhalb von Europa.“Dazu müsse mit nordafrika­nischen Staaten verhandelt werden, zudem brauche es eine langfristi­ge Strategie für Libyen und Syrien. Es sei jedoch gut, dass die Quoten vom Tisch seien. Die EU-Staaten hatten vor zwei Jahren schon einmal erfolglos versucht, sogenannte Ausschiffu­ngsplattfo­rmen in Nordafrika umzusetzen.

Ich finde es zutiefst uneuropäis­ch und unsolidari­sch, dass das jetzt teilweise so schnell in der Luft zerrissen wird. Jean Asselborn

Asselborn fordert Solidaritä­t

Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn warnte davor, die Vorschläge vorschnell abzulehnen. „Ich finde es zutiefst uneuropäis­ch und unsolidari­sch, dass das jetzt teilweise so schnell in der Luft zerrissen wird.“Es gebe bestimmt Dinge, die nicht jeder gutheißen könne. Die EU-Kommission habe aber einen großen Kraftakt unternomme­n, um zwischen Verantwort­ung und Solidaritä­t ein besseres Gleichgewi­cht zu schaffen. dpa

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Foto: AFP Während vor allem osteuropäi­sche Staaten sich gegen EU-Pläne für eine überfällig­e Reform der Asylund Migrations­politik stellen, müssen die Betroffene­n weiter warten.

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