Der schleichende Tod der Hongkonger Demokratiebewegung
Es ist weder die erste noch die letzte Verhaftung eines Demokratieaktivisten in Hongkong. Und es ist auch weder die erste noch die letzte Verhaftung von Joshua Wong. Denn trotz seiner Freilassung droht ihm eine langjährige Haftstrafe. Mit seinem milchbubenhaften Aussehen, gepaart mit einem unbeugsamen Widerstandswillen, ist er zu der Symbolfigur der Demokratiebewegung in Hongkong schlechthin geworden – und damit zum Feindbild der Kommunistischen Partei, die nun offenbar gewillt ist, ihren Machtanspruch in der ehemaligen britischen Kronkolonie mit aller Macht durchzusetzen. Peking möchte ein Exempel statuieren und mit einer Verurteilung Wongs den Widerstandswillen der letzten noch verbliebenen Aktivisten brechen.
Zum größten Teil ist ihnen das ja bereits gelungen. Zum einen mit der Hilfe eines unerwarteten Verbündeten – dem Corona-Virus, der einen willkommenen Vorwand zum Verbot von größeren Protestaktionen lieferte. Zum anderen mit der Verabschiedung des umstrittenen nationalen Sicherheitsgesetzes – für Peking ein ideales Instrument, um Widerstand bei Bedarf im Keim zu ersticken und nach eigenem Gutdünken in die politischen und juristischen Entscheidungsprozesse einzugreifen. Willkürliche Verhaftungen und Gerichtsurteile stehen seitdem auf der Tagesordnung. Mit der einstigen Zusage von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bei der Übergabe an China hat dies freilich nichts mehr im Entferntesten zu tun. Doch während sich die Schlinge um Hongkongs Demokratiebewegung langsam, aber sicher zuzieht, scheinen sich die westlichen Staaten trotz einzelner verhaltener Proteste und Sanktionen mit den neuen Begebenheiten zu arrangieren, um allzu große diplomatische Verwerfungen mit China zu vermeiden. Erfolgreiche und vereitelte Fluchtversuche von Demokratieaktivisten belegen dagegen, wie gefährlich und verzweifelt die Lage mittlerweile geworden ist. Und mit Joshua Wong droht nun eine ihrer letzten Stimmen zu verstummen.