Den Krieg zum Greifen nahebringen
Zum Tod des Romanautors Erich Maria Remarque vor 50 Jahren
„Den wahren Schrecken des Krieges lernt man erst im Lazarett kennen“: Erich Maria Remarque hat mit seinen Anti-Kriegs-Romanen Weltliteratur geschaffen. Aus dem Heldentod wurde das Grauen im Schützengraben.
„Im Westen nicht Neues“, heißt es im Heeresbericht an dem Tag, an dem Paul Bäumer stirbt – gefasst und einverständig. Ohnehin sind Pauls Kameraden längst alle im Ersten Weltkrieg gefallen, Mitkämpfer einer verlorenen Generation, die der Krieg aufgerieben, zermürbt und getötet hat. Der Roman von Erich Maria Remarque, in dem er seine Erlebnisse an der Front verarbeitet, beschreibt den Krieg als das Grauen, das er wirklich war: erbarmungslos, brutal und ohne Helden. Sein eigentlich „unpolitischer“Roman wurde Anti-Kriegs-Weltliteratur. Vor 50 Jahren, am 25. September 1970, starb Remarque in seiner Schweizer Wahlheimat.
Erich Paul Remark, der sich später den Künstlernamen Remarque gibt, wird am 22. Juni 1898 als Sohn des katholischen Buchdruckers Peter Remark in Osnabrück geboren. Eine Tatsache, die er später aus politischen Gründen leugnet. Seine Ausbildung erhält er am Katholischen Lehrerseminar der Stadt. Mit knapp 18 Jahren wird er zur Armee eingezogen und nach sechs Monaten Ausbildung im Ersten Weltkrieg an der Westfront eingesetzt. Wenige Wochen später trifft ihn ein Granatsplitter und verletzt ihn schwer.
Stimme der „verlorenen Generation“
Nach dem Krieg beginnt Remarque nach bestandener Prüfung als Volksschullehrer zu arbeiten. Es versucht es an mehreren Schulen, wird aber nicht glücklich und gibt den Beruf auf. Es folgen Gelegenheitsjobs, etwa als fliegender Händler, Agent für Grabsteine oder Organist, die ihn letztlich zur „Osnabrücker Tages-Zeitung“bringen, wo er Theater- und Konzertkritiken veröffentlicht.
In dieser Phase beginnt er mit
Erich Maria Remarque beschreibt den Krieg als das Grauen, das er wirklich war: erbarmungslos, brutal und ohne Helden. seinem Namen zu experimentieren. Die Ursprünge seines Nachnamens sieht er in Frankreich und wandelt Remark daher in Remarque um. In Anlehnung an den Dichter Rainer Maria Rilke nennt er sich künftig nicht mehr Erich Paul Remark, sondern Erich Maria
Remarque. 1920 erscheint sein erster Roman „Die Traumbude“.
Remarque wird Redakteur in Hannover, wo er für die Continental Gummiwerke schreibt, später in Berlin als Redakteur der „Sport im Bild“. Er reist viel, sieht unter anderem Jugoslawien, die Schweiz und Italien. 1925 heiratet er die Tänzerin Jutta Ilse Zambona, von der er sich 1930 scheiden lässt, die er aber 1938 erneut heiratet, um ihr die Emigration aus Deutschland zu ermöglichen.
In seiner Freizeit schreibt Remarque an seinem Roman „Im Westen nichts Neues“. Darin bricht er das Tabu vom Heldentod und spricht von der „verlorenen Generation, die vom Krieg zerstört wurde, auch wenn sie seinen Granaten entkam“. Der Springer Verlag lehnt sein Werk ab, der Ullstein Verlag nimmt ihn unter Vertrag. Schon im ersten Jahr wird das Buch in 26 Sprachen übersetzt. 1930 sind eine Million Exemplare in Deutschland verkauft.
Heftige Kontroversen
In Deutschland löst der Roman, der später von einer amerikanischen Produktionsfirma verfilmt wird, heftige Kontroversen aus. Den Nationalsozialisten ist er ein Dorn im Auge. Bei der Uraufführung des Films 1930 in Berlin kommt es zu Aufruhr. Später verbietet die Filmoberprüfstelle den Film. Wenige Wochen danach wird Remarque aus dem Ausland für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. 1932 verlässt er Deutschland in Richtung Schweiz. Seine Bücher „Im Westen nichts Neues“und „Der Weg zurück“werden 1933 von den Nazis verbrannt.
Sein vierter Roman „Drei Kameraden“schildert den Versuch dreier junger Männer, in den 1920er-Jahren in Berlin eine Existenz zu gründen. Auch in dieser Geschichte geht es Remarque darum, die Schwierigkeiten der jungen Generation in einer Zeit voll Lebensfreude und politischen Unruhen zu zeichnen. Der 1936 fertiggestellte Roman und Abschluss seiner Trilogie, die mit „Im Westen nichts Neues“begann, wird zunächst in London veröffentlicht.
1939 zieht Remarque offiziell in die USA; Deutschland hat ihn ausgebürgert. 1947 nimmt er die USamerikanische Staatsbürgerschaft an. In den USA veröffentlicht er zahlreiche weitere Romane, darunter „Zeit zu leben, Zeit zu sterben“. Einige erscheinen posthum.
Nach seiner zweiten Scheidung von Zambona heiratet er 1958 Charlie Chaplins frühere Ehefrau, Paulette Goddard. Mit ihr verbringt er die meiste Zeit in Tessin, wo er 1970 am Lago Maggiore stirbt. KNA