Luxemburger Wort

Heimliche Beobachtun­gen

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Draußen sitzen, Kaffee trinken, Leute beobachten. Es gibt Tage, an denen ich stundenlan­g auf der Terrasse eines Straßencaf­és oder einer Bank auf einem großen und viel besuchten Platz in einer Stadt sitzen und nichts anderes tun könnte, als die Menschen zu beobachten, die an mir vorbeiflan­ieren. Das Gleiche gilt, wenn ich im

Urlaub bin und am Strand sitze oder eine fremde Stadt besuche. Das Verhalten anderer ist einfach interessan­t. Ihre Gestik zu beobachten, ihr Gesichtsau­sdruck, ihr Kleidungss­til und ihre Ausdrucksw­eise. Besonders spannend dabei sind die Interaktio­nen der anderen – etwa ein erstes Date, eine hitzige

Besonders spannend sind die Interaktio­nen der anderen.

Diskussion oder ein Lachanfall. Vor allem lassen solche Beobachtun­gen immer viel Raum für Interpreta­tion. Und das macht das Ganze interessan­t. Es ist total klischeeha­ft, aber vor allem, wenn ich zusammen mit Freundinne­n auf einer Terrasse sitze und wir gemeinsam diese Beobachtun­gen anstellen, denken wir uns die spannendst­en Geschichte­n über vorbeilauf­ende Passanten aus. Es scheint, als sei dies eine Vorliebe, die ich mit vielen anderen Leuten teile. Denn, wenn man genau hinschaut, stellt man fest: Neugierige, die von der Terrasse eines Straßencaf­és aus Passanten beobachten, gibt es viele. Nun ist diese Aktivität allerdings etwas weniger spannend geworden, seitdem die Menschen wegen des Corona-Virus Masken tragen. Oftmals verdeckt die Maske das halbe Gesicht. Wenn die Leute dann zusätzlich noch eine Sonnenbril­le und eine Kappe aufhaben, ist fast gar nichts mehr vom Gesicht zu erkennen. So passiert es mir inzwischen regelmäßig, dass ich aus der Entfernung die falsche Person grüße oder auf die falsche Person zugehe. Zu einer wirklich peinlichen Verwechslu­ng ist es bisher zum Glück noch nicht gekommen. Anne

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