Stromhunger will gestillt werden
Neue Hochspannungsanbindung an Deutschland soll die nationale Versorgung sichern
Luxemburg. Die geplante neue Stromleitung im Alzettetal hatte bereits in den Gemeinden Steinsel und Lorentzweiler für Unruhe gesorgt (das LW berichtete), gestern stellten die Verantwortlichen des nationalen Netzbetreibers Creos das Projekt im Detail vor. Es geht dabei um eine neue 380-KilovoltAnbindung an Deutschland, dies aus Gründen der Versorgungssicherheit.
Die Hochspannungsleitung soll vom deutschen Aach über Trier bis nach Heisdorf errichtet werden. Das dortige Umspannwerk will Creos zurückbauen und auf der Anhöhe bei Bofferdingen in direkter Nähe zur A 7 neu errichten. Ab Heisdorf soll die neue Leitung parallel zur Autobahnbrücke der A 7 das Alzettetal queren, zum Steinseler Plateau hochsteigen und dort Richtung Bartringen verlaufen. Durch das Nutzen der bereits bestehenden Straßenquerung des Tals soll der optische Impakt minimal bleiben. „Die Durchquerung des Tals, die Bebauung des Steinseler Plateaus und das neue Umspannwerk nahe der A 7 sind für die Gemeinden sensible Punkte“, sagte Creos-Generaldirektor Marc Reiffers unumwunden.
Noch nichts entschieden
„Aber bisher sind das alles nur Striche auf der Karte und nichts ist entschieden“, so Reiffers. „Die jetzt beginnende Umweltimpaktstudie wird zeigen, welche Lösung am Ende zurückbehalten werden kann. Wir werden auf jeden Fall in jeder Phase des Projektes transparent informieren.“
Den Creos-Verantwortlichen schwebt ein Baubeginn um 2023 vor, bis 2026 könnte die neue Leitung stehen. Die betroffenen Gemeinden
In aller Transparenz will CreosGeneraldirektor Marc Reiffers das Projekt umsetzen.
wurden bereits informiert, auch die zuständige parlamentarische Kommission wurde am Mittwoch gebrieft. Kritik kam nach Bekanntwerden der Pläne sowohl aus Steinsel als auch aus Lorentzweiler. Der Mouvement écologique hatte gefordert, dass Creos seine gesamte Energiestrategie offenlegen sollte. Insgesamt sollen auf beiden Abschnitten 170 neue Masten mit einer Höhe von bis zu 60 Metern errichtet werden. Da neue Hochspannungsleitungen seit 1994 nicht mehr über bewohntes Gelände führen dürfen, wird die Trassenführung zur Herausforderung. Mit dem Neubau der Leitung geht allerdings auch ein deutlicher Rückbau einher: So wird die alte 220-Kilovolt-Hochspannungsleitung zwischen Trier und Heisdorf komplett abgebaut, die alte Trasse wird für den Neubau genutzt. Zudem wird die Leitung von Junglinster nach Potaschbierg komplett unterirdisch verlegt, das Gleiche gilt für die Leitung von Kirchberg nach Findel entlang der A1.
Weniger Masten als bisher
Da auch die Umspannungsanlage in Heisdorf abgebaut wird, werden dort ebenfalls Leitungen, die bisher über Wohnhäuser führten, verschwinden. Laut Reiffers würde das komplette Alzettetal zwischen den Gemeinden Walferdingen und Steinsel künftig komplett frei von den heute bestehenden Hochspannungsleitungen sein.
Insgesamt werden mehr Strommasten verschwinden als neue errichtet werden.
Ein Teil der bestehenden Leitungen wird zudem unterirdisch verlegt. Laut Reiffers sei dies aber nicht überall möglich: „Der Kostenpunkt steigt um den Faktor fünf bis sieben. Zudem müssen für das unterirdische Verlegen rund 45 Meter breite Trassen freigelegt werden. Der Umweltimpakt ist also nicht unbedingt geringer als bei den Freileitungen.“
Strom im Mix immer wichtiger
Laut den Creos-Verantwortlichen geht das aktuelle Netz zum Großteil auf die 1960er- bis 1980er-Jahre zurück. Seitdem hat sich der nationale Stromverbrauch aber mehr als verzehnfacht. Die beiden einzigen Zulieferleitungen, über die Luxemburg aus Deutschland mit Strom versorgt wird, sind zeitweilig an der Belastungsgrenze, sodass bis 2030 Engpässe entstehen könnten. Die Probleme entstehen vor allem, wenn die Eigenproduktion zum Beispiel bei ruhigem Winterwetter ohne Sonne und Wind sehr niedrig ist, die Nachfrage aber hoch. Zeitweise erreicht das Importvolumen dann bis zu 90 Prozent der maximalen Kapazität. „Weil die neue 380-Kilovolt-Leitung mehr Kapazität und weniger Verlust hat, stellen sich diese Probleme dann so nicht mehr“, erklärt Reiffers.
Zudem werde der Stromanteil im nationalen Energiemix immer wichtiger. Die demografische Entwicklung, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung hätten daran ihren Anteil. Zudem sei eine hohe Versorgungsqualität, wie sie bisher bereits bestand, auch ein wichtiges Argument für Luxemburg als Industriestandort.