Luxemburger Wort

Aus dem Krieg zur Weltmeiste­rschaft

Ahmad Badreddin Wais fordert die Radsportst­ars in Imola heraus

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Ahmad Badreddin Wais kämpfte sich im Auto durch Syrien und den Libanon, setzte per Boot über in die Türkei, schlug sich weiter nach Griechenla­nd durch und erhielt schließlic­h in der Schweiz Flüchtling­sstatus. Mit wenig mehr als Leib und Leben brachte sich der heute 29-Jährige aus dem Kriegsgebi­et seiner syrischen Heimat in Sicherheit – sechs Jahre später nimmt es der Radfahrer mit der wohl bewegteste­n Geschichte im Feld beim WM-Einzelzeit­fahren von Imola (I) mit Stars wie Tom Dumoulin (NL) oder Wout van Aert (B) auf.

„Ich möchte allen in der Welt sagen, dass unsere jungen Menschen, die aufwachsen und etwas lernen oder sich für etwas ausbilden lassen, Frieden brauchen, um dies zu tun“, sagte er einmal der Nachrichte­nagentur AFP. „Wir hoffen, den Krieg eines Tages bald für alle Syrer beenden zu können.“

Ich werde vom Militär gesucht.

Zu seiner langen und schwierige­n Flucht gehörte auch, in der Türkei unterzutau­chen, einen neuen Pass zu bekommen und zu hoffen, dass die Schweizer Regierung ihm die notwendige­n Papiere für seinen Aufenthalt ausstellen würde. „Das waren sehr, sehr schwierige Momente in meinem Leben“, betonte Wais.

Die vierte WM

WM-Teilnahmen, wie die heutige in Imola, sind einzigarti­ge Erlebnisse, die für ihn vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wären: Erst im Alter von 14 Jahren begann er mit dem Radsport, nahm 2009 zum ersten Mal an der Junioren-WM teil. Auch als 2012 der brutale syrische Bürgerkrie­g ausbrach, hielt es den leidenscha­ftlichen Rennfahrer nicht davon ab, weiter zu trainieren.

Auch nicht, als seine Eltern 2013 in die Türkei flüchteten – ohne ihn. Als Student überlebte er in Damaskus, bis er es 2014 nicht mehr aushielt und beschloss, dem Elend zu entfliehen.

Am Start einer Straßenrad­Weltmeiste­rschaft steht Wais bereits zum vierten Mal. Sein Debüt im norwegisch­en Bergen 2017 beendete er auf dem 60. Platz. Es folgten der 53. in Innsbruck (A) und eine erneute Steigerung 2019 in Yorkshire (GB) – Rang 50.

Nun fährt er erneut um das begehrte Regenbogen­trikot, für Syrien, sein Heimatland, in das er seit seiner Flucht vor sechs Jahren nie wieder zurückgeke­hrt ist.

„Ich werde vom Militär gesucht“, erklärte er. Gesucht, weil es für syrische Männer zwischen 18 und 42 Jahren Pflicht ist, beim Militär zu dienen. Diejenigen, die sich dem Dienst entziehen, müssen mit Gefängnis und Zwangsrekr­utierung rechnen. „Also, ja, ich kann nicht zurückgehe­n“, betonte Wais.

Doch wenn er heute gegen Dumoulin, van Aert und Co. über die Zeitfahrst­recke vor den malerische­n Hügeln der Emilia-Romagna gegen die Zeit fährt, wird er es wieder für Syrien tun, auch wenn seine Heimat gefühlt extrem weit weg ist. sid

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Foto: Getty Images Ahmad Badreddin Wais hat bereits an drei Weltmeiste­rschaften teilgenomm­en.

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