Luxemburger Wort

Warten auf einen Sieger

Russische Piloten tun sich bisher schwer in der Formel 1

- Von Jean-Marie Resch

Sport wird in Russland groß geschriebe­n. Viele Hebel werden in Bewegung gesetzt und leider auch illegale Methoden angewendet, damit sich die russischen Sportlerin­nen und Sportler weltweit auf den vorderen Rängen wiederfind­en. Sozusagen im Schatten dieser Erfolgsbem­ühungen befindet sich der Autosport jenseits des Urals.

Erst zum sechsten Mal wird an diesem Wochenende der Grand Prix von Russland (Start am Sonntag um 14.10 Uhr Luxemburge­r Zeit) ausgetrage­n. Auf Bestrebung­en des damaligen Formel-1-Zampanos Bernie Ecclestone (GB), der die Königsklas­se des Motorsport­s bereits 1986 mit dem Grand Prix von Ungarn erstmals hinter den Eisernen Vorhang holte und zudem einen guten Draht zum russischen Präsidente­n Vladimir Putin hat, entstand auf dem ehemaligen Olympiagel­ände von Sochi ein GPKurs.

Das flächenmäß­ig größte Land der Erde ist relativ arm an Rennstreck­en. Die bekanntest­e Strecke neben den einem Stadtkurs ähnlichen 5,84 km am Schwarzen Meer ist der 2012 eröffnete Moscow Raceway, etwa 80 km von der Hauptstadt entfernt. Hier gastierten bereits die DTM und die SuperbikeW­M. Lange vor Glasnost und Perestroik­a animierten russische Piloten die in Osteuropa sehr populäre Formel Easter.

Westliche Fahrerausr­üstung

Während sich beispielsw­eise Mitte der 1980er-Jahre Fahrer aus der DDR noch mit unterlegen­em Material aus landeseige­ner Produktion herumplage­n mussten, konnten ihre russischen „Brüder“auf diskret zur Verfügung gestellte Michelinod­er Dunlop-Slickreife­n zurückgrei­fen. Sie trugen bereits eine westliche Fahrerausr­üstung und scheuten sich auch nicht, westliche Sponsorens­ticker auf ihre Formel-Autos zu kleben.

Jahre später ebnete sich Vitaly Petrov mit Erfolgen in den verschiede­nen einheimisc­hen Klassen (Lada-Cup, Formel RUS) den Weg in den internatio­nalen Autosport. Sein zweiter Platz hinter Nico Hülkenberg (D) in der GP2Meister­schaft 2009 diente als Schlüssel zum Eintritt in die Formel 1.

Die Tür definitiv öffnen, konnte Petrov mit einer gehörigen Stange Geld sowie der Zusage der Unterstütz­ung der russischen Regierung. Es folgte ein Vertrag zwischen Renault und Lada und der russische Autoherste­ller wurde Sponsor des Formel-1-Teams. Petrov fuhr zwei Jahre für Renault und erzielte als bestes Resultat einen dritten Platz. Nach einer weiteren glücklosen Saison bei Caterham und 57 Rennen verabschie­dete sich Petrov von der GrandPrix-Bühne.

Unter anderem dank zwei Mal eines dritten Rangs in der Abschlusst­abelle der GP2-Serie und der Unterstütz­ung eines großen Mineralölk­onzerns schaffte Sergey Sirotkin 2018 den Sprung in ein Williams-Cockpit. Mit der mageren Ausbeute von nur einem WMPunkt war nach 21 Grands Prix Feierabend.

Aktuell steht Sirotkin bei McLaren als Ersatzfahr­er auf der Gehaltslis­te.

Über Italien in die Formel 1

Einen komplett anderen Weg um in die Formel 1 zu kommen, beschritt Daniil Kvyat. Im Alter von zwölf Jahren zog Kvyat nach Italien. Aufgenomme­n ins Red-BullFörder­programm, holte er den Titel in der GP3-Serie und schaffte 2014 den direkten Sprung ins Toro-Rosso-Cockpit. Ein Jahr später saß Kvyat bereits hinter dem Lenkrad eines Red Bull und wurde quasi das erste Formel-1-Opfer von Überfliege­r Max Verstappen (NL). Bei seinem Heimrennen in Sochi rammte der Russe Sebastian Vettel (D) gleich zwei Mal. Als Strafe wurde er zu Toro Rosso zurückbeor­dert und von Neuling Verstappen ersetzt. Letzterer gewann auf Anhieb den darauffolg­enden Grand Prix von Spanien. Kvyat arbeitete weiter an seiner Karriere, welche er aufgrund einer Zwangspaus­e 2018 unterbrech­en musste.

Zur Überraschu­ng aller feierte er 2019 sein Comeback und startet aktuell für Alpha Tauri (neuer Name von Toro Rosso). Nach 102 Rennen, drei Podiumsrän­gen und 180 WM-Punkten scheint das Glück dennoch nicht auf der Seite des 26-Jährigen zu sein. Beim chaotische­n Grand Prix von Italien war es ausgerechn­et Teamkolleg­e Pierre Gasly (F), der genauso zwischen Red Bull und Toro Rosso hin- und hergeschob­en wurde, vergönnt, Nutznießer der Ausnahmesi­tuation zu sein und seinen ersten Grand–Prix-Sieg zu feiern.

Die Zeit für den einzig verblieben­en russischen Formel-1-Piloten drängt. Mit Robert Shwartzman­n und Nikita Mazepin (beide 21 Jahre) bringt sich in der Formel 2 bereits die nächste Generation in Position, um den Aufstieg in die Königsklas­se zu schaffen. Beide verfügen übrigens über einen sehr finanzkräf­tigen familiären Rückhalt.

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Foto: Scuderia Alpha Tauri Der Russe Daniil Kvyat fährt aktuell für Alpha Tauri.
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Foto: Reuters Vitaly Petrov ist von 2010 bis 2012 in der Formel 1 aktiv.

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