Beruf Sündenbock
Der Mann ist nicht zu beneiden. Fast im Wochenrhythmus muss er sich Kritik anhören. Mal meckern die Fahrer, mal die Teamchefs. Mario Isola scheint immer schuld zu sein. Er ist Rennleiter beim Reifenlieferanten Pirelli und somit in der Formel 1 so eine Art Sündenbock vom Dienst.
Neulich war es Lewis Hamilton, der die Dauerdebatte mal wieder befeuerte. Für die Zukunft brauche man „bessere Reifen“, forderte der Weltmeister. Daher müsse man Pirelli „unter Druck setzen“. Wenn so einer das schon sagt, muss es wirklich schlimm um die Ausstattung der Rennwagen stehen, könnte man meinen. Seit Jahren geht das so. Gerne werden Erfolg oder Misserfolg nach einem Grand Prix mit dem Zustand der Reifen erklärt.
Sind Reifenhersteller böse Buben oder vielleicht Stümper? Natürlich nicht. Pirelli ist seit 2011 Einheitslieferant. Die Italiener erfüllen die Vorgaben des Formel-1Managements. Ziel war es nämlich, um wegen der Spannung weniger haltbare Reifen zu bauen. Man wollte mehr Boxenstopps und Überholmanöver. Piloten sollten für eine reifenschonende Fahrweise belohnt werden. Doch die wollen immer Vollgas geben, sonst hätten sie ihren Beruf verfehlt.
Pirelli steckt in einem Dilemma, das nicht zu lösen ist.
Pirelli steckt in einem Dilemma, das nicht zu lösen ist. Rennleiter Isola sagt selbst, dass man am liebsten solche Reifen liefern würde, die die Fahrer glücklich machen. „Aber es gibt noch andere Interessen. Deshalb brauchen wir einen Kompromiss.“Den zu finden, ist kaum möglich. Die Promoter wollen viele Boxenstopps, weil das den Showeffekt erhöht. Die Teams wollen so wenig Stopps wie möglich, so werden die Reifen bis zum Letzten ausgereizt. Jedes Rennauto ist anders, verschleißt die Pneus also unterschiedlich. Dazu kommt das Reglement, das den Einsatz verschiedener Gummimischungen vorschreibt. Und immer wieder Unvorhergesehenes wie Safety-CarPhasen und Wetterwechsel.
Aufgrund der steten Weiterentwicklung der Fahrzeuge werden sie von Jahr zu Jahr schneller, dadurch werden die Reifen immer mehr belastet. Pirelli bräuchte viele Testfahrten, um sich auf die Bedürfnisse der Teams einstellen zu können. Die wurden in den vergangenen Jahren aber aus Kostengründen eingeschränkt. Und von den Teams kommt zwar Kritik, aber nicht immer die Kooperation, die sich der Ausrüster wünschen würde. Den Job des Sündenbocks wird Isola nicht so schnell los.