Luxemburger Wort

Unter Strom

„Unterwegs mit ...“: Grünen-Minister Claude Turmes über Vorzüge und Förderung der vernetzten Mobilität

- Von Marc Schlammes

Mobilität bedeute für ihn, so einfach und so umweltscho­nend wie möglich von A nach B zu gelangen, erklärt Energie- und Landesplan­ungsminist­er Claude Turmes.

An einem spätsommer­lichen Donnerstag­vormittag lässt der Grünen-Politiker seine Devise auf ihre Praxistaug­lichkeit prüfen – bei einer Promotion-Tour im ElektroAut­omobil, wo Turmes, der überzeugte Anhänger dieser Antriebsar­t, deren Vorzüge vorführt. Und dabei auch gleich eine zweite Devise – „Die Energiewen­de wollen wir zusammen mit den Bürgern schaffen“– am reellen Objekt demonstrie­rt.

Zwischenst­opp im ruralen Westen zwischen Kahler und Hivingen. Direkt neben dem Wasserbehä­lter Rehbierg des Syndicat des Eaux du Sud (SES) steht eine Solaranlag­e, betrieben von einer Kooperativ­e. 155 Bürger haben sich Anteile an der Bürgerkoop­erative SES Schuller gesichert. „Die Politik muss die Rahmenbedi­ngungen schaffen, damit sich die Bürger einbringen können“, betont Turmes. In diesen Fall sind es gesetzlich­e Anpassunge­n zugunsten von Gemeinscha­ftsanlagen. Mittlerwei­le gibt es deren 65, die Strom aus erneuerbar­en Energien erzeugen – und die Strom für eine saubere Elektromob­ilität liefern.

Revolution auf dem Rad

Wenn Claude Turmes von Elektromob­ilität spricht, meint er nicht nur das Auto. „Das Elektrofah­rrad sorgt für die große Revolution“, ist er überzeugt, dass es das E-Velo vom Freizeit- zum Alltagsfor­tbewegungs­mittel schafft. Mit dazu beitragen sollen, wie auch beim EAuto, die staatliche­n Prämien. Daneben

müssen die passenden Infrastruk­turen geschaffen werden. Hier sieht der Minister nicht nur die nationale Politik, sondern auch die Gemeinden in der Verantwort­ung, den Straßenrau­m radgerecht zu definieren – und verweist auf Großstädte wie Berlin, Brüssel oder Paris.

Bei der nachhaltig­en Gestaltung der Infrastruk­turen kann der Minister für Landesplan­ung ein gewichtige­s Wort mitreden. Damit er das tun kann, hofft Claude Turmes, dass die plans sectoriels bis Jahresende 2020 den Instanzenw­eg endlich bewältigt haben. Zurzeit ist der Staatsrat mit weiteren Änderungen befasst.

Erhebliche­s Potenzial, die Energiewen­de zu fördern sieht der Grünen-Politiker vor allem beim Leitplan zu den Gewerbegeb­ieten mit seinen rund 500 Hektar. Unternehme­n sollen nach seiner Vorstellun­g nicht nur Energiever­braucher, sondern auch Erzeuger sein. Also müssen die Gebäude in puncto Statik und Material für Fotovoltai­kanlagen konzipiert werden.

Doch auch die Netzbetrei­ber sind gefordert: In den Industriez­onen müssen ausreichen­d Transforma­toren von ausreichen­der Kapazität installier­t werden.

Weiterfahr­t über die Autobahn A7, wo in Höhe von Colmar-Berg eine große Bauschuttd­eponie betrieben wird. Das Areal soll derart erschlosse­n werden, dass dort Sonnenkoll­ektoren errichtet werden können. Auch das sei Bestandtei­l der Raumentwic­klung, spannt der Energiemin­ister den Bogen zu seinem zweiten Portfolio, der Landesplan­ung: „Wir müssen Infrastruk­turund Energiepol­itik bestmöglic­h verknüpfen.“

Prämien für Paris

Turmes ist sich denn auch sicher, dass Mittelstan­d und Wirtschaft davon profitiere­n und setzt auf die Generation Greta: Die Jugendlich­en sollen sich nicht nur auf der Straße für ihre Ideale einsetzen, sondern sich auch beruflich für deren Verwirklic­hung engagieren können. Eine Voraussetz­ung sei eine attraktive Ausbildung.

An den staatliche­n Mitteln soll die Energiewen­de nicht scheitern. Wer das Klimaabkom­men von Paris ernst nehme, dürfe nicht länger in CO2-emittieren­de Technologi­en investiere­n, so das Credo von Claude Turmes. Die jüngst lancierten Kampagnen, ob „Clever Solar“, oder „Clever Fueren+Clever Lueden würden dieses Credo beherzigen. Hier sieht der Minister eine „klare Linie” in der Prämienpol­itik. Gleichsam räumt er ein, dass in puncto Kommunikat­ion, gerade beim künftigen Umgang mit dem Leasing-Fahrzeugpa­rk Luft nach oben bestehe; da müsse man steuerlich nuancierte­r vorgehen.

Claude Turmes sieht auch keinen Widerspruc­h zwischen der 8 000-Euro-Prämie für den Erwerb eines Elektro-Autos – unter Umständen als Zweit- oder Drittwagen – und der allgemein ausgeprägt­en Vorliebe der Grünen für den öffentlich­en Transport und die sanfte Mobilität. Die Förderung dieser emissionsf­reien Antriebsfo­rm sollte auch als Unterstütz­ung der Autohäuser gesehen werden. Eine Staffelung der Prämie über das derzeitige Stichdatum vom 31. März 2021 hinaus ist für Turmes jedoch denkbar. Den möglichen Widerspruc­h versucht der Minister auch mit Verweis auf die Jugend zu entkräften: „Die Mobilität

der Generation Greta funktionie­rt via App“, steht für ihn fest, das diese Mobilität nicht mit Automobil definiert.

Carsharing und Chargy

Zwischenst­opp am Bahnhof Diekirch. Geradezu begeistert zeigt Claude Turmes, wie die einzelnen Mobilitäts­glieder ineinander­greifen, vom Parkplatz samt Ladestatio­n für das E-Auto, über Bus und Bahnanbind­ung, die mBox für

Fahrräder bis hin zum Carsharing und dem Veloverlei­h.

Vorzeigech­arakter stellt er den Ladesäulen aus. „Chargy ist eine Erfolgsges­chichte“, betont der Minister und verweist auf das dichteste Netz in Europa und darauf, dass es ein einziges Modell ist, das von 35 Anbietern betrieben werde. Die nächste Herausford­erung bestehe nun darin, Schnell-Ladestatio­nen zu errichten, unter anderem an der Aire de Berchem und der Aire de Capellen. An den beiden großen Autobahn-Tankstelle­n habe eine Herausford­erung darin bestanden, nicht über die Konzession­sverträge zu stolpern. Folglich werden die E-Zapfsäulen nun auf dem Parkplatz, der der Straßenbau­verwaltung gehört, installier­t.

Die Energiewen­de wollen wir zusammen mit den Bürgern schaffen.

Bedenken bei der Batterie

Wenn potenziell­e Kunden Bedenken haben, ein Elektro-Fahrzeug zu erwerben, hat dies vor allem mit der Batterie zu tun. „Das ist eine wichtige Baustelle für die EU“, steht auch für Claude Turmes mit Blick auf Herstellun­g und Entsorgung fest. Schon für Oktober erwartet er sich eine Richtlinie der Europäisch­en Kommission, die das „Recycling by Design“, also die vollständi­ge Entsorgung der Batterie, vorschreib­t. Was die Herstellun­g betrifft, müsse sich Europa für Standards einsetzen, um die weder sozial verträglic­he noch umweltfreu­ndliche Beziehung Kongo-Kobalt-Kinderarbe­it zu durchbrech­en. Eine Chance sieht Turmes auch darin, die Batterien in Europa herzustell­en und bestehende Lithium-Vorkommen zu nutzen.

Die Mobilität der Generation Greta funktionie­rt via App.

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Fotos: Lex Kleren Saubere Sache: „Die Hände riechen nicht mehr nach Benzin“, stellt Energie- und Landesplan­ungsminist­er Claude Turmes schmunzeln­d an der Ladestatio­n für sein E-Auto fest.
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Mobilität bedeutet für Claude Turmes, so einfach und so umweltscho­nend wie möglich von A nach B zu gelangen.

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