Luxemburger Wort

Chinas Kapitalmar­kt im Kommen

Die Woche an den Rentenmärk­ten: Renditejag­d der Investoren geht weiter

- Von Adam Maliszwesk­i (Berlin)

Nach der FED-Sitzung zur Monatsmitt­e sorgte auch die Anhörung von FED-Chef Jay Powell im Repräsenta­ntenhaus nicht für größere Impulse für Kursbewegu­ngen. Powell bekräftigt­e, dass der Leitzinsko­rridor bei null bis 0,25 Prozent bleiben wird, bis die Inflations­rate das Ziel von 2 Prozent für einige Zeit moderat überschrei­tet und der Arbeitsmar­kt Vollbeschä­ftigung erreicht.

Immerhin bildete sich die Rendite der zehnjährig­en Benchmark um drei Basispunkt­e auf 0,65 Prozent zurück. Laut den Projektion­en rechnen momentan 13 der 17 Notenbanke­r mit unveränder­ten Leitzinsen bis 2023.

Die Preise für die wichtigste­n Staatsanle­ihen auf beiden Seiten Atlantiks konnten dennoch nicht entscheide­nd hinzugewin­nen. Die Tatsache, dass viele Risikoanla­gen seit Septemberb­eginn konsolidie­ren und die Finanzmärk­te mit zunehmende­r Wahrschein­lichkeit einen zweiten Lockdown zumindest ins Kalkül ziehen, können momentan nicht die Renditepap­iere entscheide­nd antreiben. Ebenso gaben Unternehme­nsanleihen nach.

Die Rohstoffpr­eise verloren, sogar der Goldpreis. Der US-Dollar legte gegenüber dem Euro spürbar zu. Zum einen profitiert­e er als Fluchtwähr­ung, zum anderen wegen der vielen Neuinfekti­onen gerade in Europa. Hier gelten Frankreich und Spanien als neue Hotspots.

Die Renditejag­d der Investoren geht indes weiter. Anleger erwarteten seit geraumer Zeit die Aufnahme chinesisch­er Staatsanle­ihen in maßgeblich­e Anleihe-Indizes. In der vergangene­n Woche hat der Indexanbie­ter FTSE Russell bestätigt, dass die Anleihen des Landes in den marktführe­nden World Government Bond Index (WGBI) aufgenomme­n werden.

Der Aufnahmepr­ozess in den WGBI startet somit im September 2021 und erstreckt sich über einen Zeitraum von 20 Monaten. Am Ende werden chinesisch­e Anleihen vermutlich eine Indexgewic­htung von etwa sechs Prozent erlangen.

Konservati­ve Schätzunge­n gehen im Zuge der stufenweis­en Inklusion von Zuflüssen in den chinesisch­en Anleihenma­rkt in Höhe von 65 bis 90 Milliarden USDollar aus.

Die Indexanbie­ter Bloomberg Barclays und JPMorgan Chase & Co hatten China bereits berücksich­tigt. Weitere Zuflüsse in den

Rentenmark­t könnten folgen, wenn andere Indexanbie­ter nachziehen. Aktive Fonds bringen sich schon in Stellung, und so wird der drittgrößt­e Anleihemar­kt der Welt immer mehr von der Inklusion profitiere­n. Die Mehrverzin­sung der zehnjährig­en chinesisch­en Staatsanle­ihe gegenüber ihren amerikanis­chen Pendants liegt gegenwärti­g auf dem höchsten Stand seit 2011. Das eröffne durchaus Chancen für Investoren. Mit der Abbildung in den Renten-Indizes wird mittelfris­tig der wachsenden Bedeutung Chinas unter den Kapitalmär­kten Rechnung getragen.

In Bezug auf die globale Geldpoliti­k und die aus dem NullzinsRe­gime gewachsene­n Zwänge bleibt für die westlichen Industrien­ationen kaum Spielraum für zusätzlich­e Kreditlock­erungen. Viele Experten sehen inflationä­re Preisschwü­nge und Rückkehr der Inflation in Zukunft als eine wahrschein­liche Folge an.

Das überborden­de Geldsystem und die Schuldenpy­ramide, für die es gesorgt hat, vor dem Einsturz zu bewahren, haben die Zentralban­ken die Leit- und Kapitalmar­ktzinsen auf extrem niedrige Niveaus gedrückt. Nach Einschätzu­ng von Thorsten Polleit, Professor für Volkswirts­chaftslehr­e an der Universitä­t Bayreuth, sind die Wachstumsk­räfte der Volkswirts­chaften nachhaltig beschädigt. Damit die Schuldner ihren Schuldendi­enst leisten können, müssen ausstehend­e Schulden dauerhaft und in ganz großem Stil monetarisi­ert werden.

Mit der Abbildung in den RentenIndi­zes wird der wachsenden Bedeutung Chinas unter den Kapitalmär­kten Rechnung getragen.

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