Luxemburger Wort

Erneuter WG-Protest in Esch

Über 100 Personen demonstrie­ren in der Minettemet­ropole – Es geht um Wohngemein­schaften, aber nicht nur

- Von Nicolas Anen

Esch/Alzette. Am Samstag hat bereits zum dritten Mal eine Protestakt­ion zum Thema Wohngemein­schaften in Esch stattgefun­den. Rund 120 Personen waren dem Aufruf der drei Vereinigun­gen Save Co-housing in Esch, Mieterschu­tz Lëtzebuerg und der Conscious and cultural student associatio­n (CCSA) gefolgt.

Versammelt hatten sich die Demonstran­ten beim Escher Friedensge­richt. Die Kälte und der unangenehm­e Nieselrege­n hatten sie nicht entmutigt. Zu sehen waren rote Flaggen von Déi Lénk und der KPL, aber auch einige lila Flaggen von der Piratenpar­tei sowie zahlreiche rote OGBL-Jacken.

Der Ursprung der Protestbew­egung lag wie gesagt bei den neuen WG-Bestimmung­en im Escher PAG. Doch während der Reden wurde klar, dass es die Demonstran­ten auch allgemein auf die Schieflage am Luxemburge­r Wohnungsma­rkt abgesehen hatten.

So konnte Emanuel Kamura, im Namen des Kollektive­s „Save Cohousing in Esch“, über 15 Parteien oder Vereinigun­gen begrüßen, die sich der Aktion angeschlos­sen hatten. Gut zehn Redner sollten am Mikrofon folgen.

„Si wëllen Esch botzen“

Unter ihnen befand sich Nina Biren, die selbst in einer Wohngemein­schaft in Esch wohnt. Sie sprach von einem „Skandal“. Die Stadt Esch habe es verpasst, WGEinwohne­r korrekt zu informiere­n. Es sei auch nicht an der Stadt, zu sagen „mit wem wir wohnen dürfen“. Sie forderte die Politik auf, den Menschen, die in WGs wohnen wollen, nicht noch weitere Steine in den Weg zu legen.

Zuvor hatte Emanuel Kamura erklärt, dass er selbst vor fünf Jahren als Flüchtling nach Luxemburg gekommen sei. Er prangerte vor allem den „Lien affectif“an, von dem in einem Entwurf des PAG die Rede ist. „Wie soll ein Flüchtling, der niemanden hier kennt, einen Lien affectif vorweisen können?“, fragte er.

Gary Diderich, Sprecher von Déi Lénk, der am Samstag die Vereinigun­g Life vertrat, hegte gar den

Vorwurf, dass die Escher Gemeindefü­hrung Sozialfäll­e aus Esch verdrängen möchte. „Si wëllen Esch botzen“, sagte er. Antonia Ganeto von Finkape, eine Vereinigun­g, die sich für afrikanisc­h-stämmige

Menschen einsetzt, unterstric­h, dass die Wohngemein­schaften eine Lösung für Menschen darstellen können, die zu den Schwächste­n in der Gesellscha­ft zählen. Darunter auch Personen schwarzer Hautfarbe, die Schwierigk­eiten hätten, eine Mietwohnun­g zu finden.

Angeprange­rt wurden zudem die Zustände auf dem luxemburgi­schen Wohnungsma­rkt. Dies von Vertretern unter anderem dem CLAE, vom OGBL, von der KPL oder noch von Line Wies, Rätin für Déi Lénk in Esch, die erklärte, dass in Luxemburg 25 Prozent des Grundbesit­zes 159 Personen gehören.

Nächste Etappe: Luxemburg-Stadt

Jean-Michel Campanella, Präsident der erst im Juli gegründete­n Vereinigun­g Mieterschu­tz Lëtzebuerg, unterstric­h, dass es nicht an einer Gemeinde sei, zu „diktieren“, was unter einer WG zu verstehen sei. Dies müsse in einer Diskussion mit der Zivilgesel­lschaft definiert werden. Zum Schluss lancierte er einen Appell für eine weitere, nationale Demonstrat­ion, die am 10. Oktober in LuxemburgS­tadt stattfinde­n wird.

Obwohl erst vor den Sommerferi­en gegründet, zählt seine Vereinigun­g bereits 100 Mitglieder, erklärte er später dem LW. Sie habe sich für die Lage in Esch interessie­rt, nachdem Pressearti­kel über die WG-Problemati­k berichtet hatten. Kontakt wurde daraufhin mit dem Kollektiv „Save Co-housing in Esch“aufgenomme­n.

Doch dabei ist es nicht geblieben. Um diese Protestakt­ion zu organisier­en, wurden zahlreiche weitere Vereinigun­gen kontaktier­t, die auf irgendeine Art und Weise von der Wohnproble­matik betroffen sind. Sie zu mobilisier­en, sei nicht schwierig gewesen. „Fast alle haben gesagt: Endlich passiert etwas“, so Jean-Michel Campanella.

Er geht davon aus, dass für die Demo in Luxemburg-Stadt noch mehr Vereinigun­gen dazu stoßen werden. Die Protestakt­ion in Esch stellt in seinen Augen demnach nur einen Anfang dar.

 ?? Foto: Pierre Matgé ?? Etwa eine Stunde lang hörten sich die Demonstran­ten Reden beim Friedensge­richt an. Danach ging es im Umzug zum Bahnhof und zurück.
Foto: Pierre Matgé Etwa eine Stunde lang hörten sich die Demonstran­ten Reden beim Friedensge­richt an. Danach ging es im Umzug zum Bahnhof und zurück.

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