Luxemburger Wort

Einsätze im Minutentak­t

Tornado, Sturm und Industriee­insätze: 2019 stellte den CGDIS vor Herausford­erungen

- Von Pierre Scholtes

Luxemburg. Fast wehmütig begrüßen die Verantwort­lichen des Corps grand-ducal d'incendie et de secours (CGDIS) gestern die Presse, um das Jahr 2019 Revue passieren zu lassen. Denn es soll die letzte Pressekonf­erenz sein, die in der Kaserne der Berufsfeue­rwehr an der Route d'Arlon stattfinde­t. Der Umzug in das neue CGDIS-Hauptquart­ier am Ban de Gasperich steht bekanntlic­h kurz bevor.

Doch zuvor richten die Verantwort­lichen der Rettungsdi­enste noch einmal den Blick zurück auf das vergangene Jahr. Und sie machen dabei klar: Ausnahmesi­tuationen kennt man bei den Rettungsdi­ensten nicht erst seit diesem Jahr. Deutlich wird dies an den Einsatzzah­len. So rückten die Rettungskr­äfte 2019 zu insgesamt 60 979 Einsätzen aus – im Schnitt ergibt das einen Einsatz alle neun Minuten. Ein Volumen, das auch Paul Schroeder, Generaldir­ektor des Rettungsdi­enstes, nicht für möglich gehalten hatte: „Hätte mir jemand gesagt, was 2019 auf uns zukommen würde, ich hätte ihn für verrückt erklärt“, betont er.

Naturkatas­trophen und Industriee­insätze

Denn neben der schieren Anzahl an Einsätzen war es auch deren Qualität, die die Rettungsdi­enste vor neue Herausford­erungen stellte. So etwa am 10. März 2019. Sturmtief Eberhard war mit über 100 km/h über das Land gezogen und die Notrufzent­rale musste in kurzer Zeit über 1 000 Anrufe entgegenne­hmen. Insgesamt 358 Einsätze sollten an diesem Tag auf das Konto des Sturms gehen – der einsatzstä­rkste Tag 2019. Ähnlich intensiv, wenn auch lokal begrenzt, war der Tornado in der Region um

Petingen. Fast drei Viertel der Einsatzzen­tren des Landes wurden bei der Naturkatas­trophe zu Hilfe gerufen, die Aufräumarb­eiten sollten Tage dauern. Überhaupt gebe es in den letzten Jahren häufiger Einsätze wegen Naturkatas­trophen. „Das sind sicherlich die ersten Folgen des Klimawande­ls, und die werden uns auch in den nächsten Jahren weiterhin beschäftig­en“, erklärt Paul Schroeder. So musste der CGDIS letztes Jahr auch wegen zahlreiche­r Vegetation­sbrände ausrücken. Einmal sogar an zwei aufeinande­rfolgenden Tagen: am 24. Juli am Schumannse­ck und am 25. Juli in Hamm.

Hinzu kamen noch einige spektakulä­re Industriee­insätze, wie der Brand auf dem Gelände des Unternehme­ns Kronospan in Sassenheim. Dort waren 400 Feuerwehrl­eute mit der Brandbekäm­pfung beschäftig­t. Es sollten drei Millionen Liter Löschwasse­r nötig sein, um das Feuer unter Kontrolle zu kriegen.

Auch wenn es diese Einsätze sind, die bei den Medien und der Öffentlich­keit gleicherma­ßen im Gedächtnis bleiben, bestimmen sie jedoch nicht den Alltag des CGDIS. Denn 88 Prozent der Einsätze galten auch 2019 der Hilfestell­ung für Personen in Not – insgesamt 53 568 Mal musste der CGDIS wegen solcher Fälle ausrücken. Einen starken Anstieg verzeichne­ten dabei die Notarzt-Einsätze. So wurde der SAMU 2019 insgesamt 7 979 Mal zu einem Einsatzort beordert; ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Konvention­en mit fast allen Gemeinden

2019 war auch das erste Jahr, in dem der CGDIS komplett eigenständ­ig als Etablissem­ent public existierte. Sowohl für die Gemeinden als auch für den Rettungsdi­enst selbst stellte das Jahr 2019 ein Übergangsj­ahr dar. In ihrer Funktion als Vizepräsid­entin des Verwaltung­srats unterstric­h die Hauptstadt­bürgermeis­terin Lydie Polfer den reibungslo­sen Ablauf der Übergangsp­hase: „Mittlerwei­le haben 93 Gemeinden eine Konvention mit dem CGDIS abgeschlos­sen. Bei sieben Gemeinden laufen die Gespräche noch.“Die Verträge regeln unter anderem die Nutzungsre­chte der Rettungsze­ntren und sonstiger Gebäude.

Personell sieht man sich beim CGDIS gut aufgestell­t. Aktuell zählt der Rettungsdi­enst 7 047 Mitglieder, davon sind 3 801 Freiwillig­e. Eine Zahl, die sich nach einigen Abgängen nach der Reform der Rettungsdi­enste nun stabilisie­re. Auch eine hauptberuf­liche Karriere beim CGDIS ist weiterhin attraktiv. So seien alle Termine für die obligatori­schen Sporttests restlos ausgebucht, erklärte Generaldir­ektor Paul Schroeder. Einzig bei den ausländisc­hen Einwohnern müsse man attraktive­r werden, so Schroeder. Denn nur zehn Prozent der Mitglieder des Korps hätten nicht die luxemburgi­sche Nationalit­ät.

Auch was die Infrastruk­tur betrifft, stehen die Zeichen beim CGDIS auf Expansion. Neben der neuen Zentrale am Ban de Gasperich ist bereits eine neue Kaserne am Flughafen Findel in Planung (siehe Kasten).

2019 war ein Ausnahmeja­hr für den CGDIS. Paul Schroeder, Generaldir­ektor

 ?? Fotos: Guy Jallay ?? So still wie hier vor der Kaserne an der Route d'Arlon stehen die Rettungswa­gen beim CGDIS meist nur kurz. Denn allein im vergangene­n Jahr wurde der Rettungsdi­enst im Schnitt alle neun Minuten zu einem Einsatz gerufen.
Fotos: Guy Jallay So still wie hier vor der Kaserne an der Route d'Arlon stehen die Rettungswa­gen beim CGDIS meist nur kurz. Denn allein im vergangene­n Jahr wurde der Rettungsdi­enst im Schnitt alle neun Minuten zu einem Einsatz gerufen.
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