Stich ins Herz
Frau verletzt Partner bei Streit unter Alkoholeinfluss – Anklage lautet auf versuchten Totschlag
Diekirch. „Ich habe meinen Freund abgestochen.“Mit diesen Worten wendet sich eine Frau am 23. Oktober 2018 gegen 20.20 Uhr an den Notruf. Auf Nachfrage hin erklärt die Frau, dass sie ihrem Partner einen einzigen Messerstich zugefügt habe, dies direkt ins Herz. Und dass sich die Tat am Wohnort des Paares in Redingen/Attert abgespielt habe. Der Mann wird sofort ins Krankenhaus gebracht und muss noch in der Nacht notoperiert werden. Denn durch den etwa zehn Zentimeter langen Messerstich wurde die Hauptschlagader durchstochen.
Dass der Mann überhaupt überlebt hat, sei eine Sache von Glück, erklärte ein Gerichtsmediziner nun vor Gericht. Normalerweise würde ein Opfer mit einer solchen Verletzung innerhalb von Minuten verbluten, so der Experte, der dann auch von einer akut lebensbedrohlichen Verletzung sprach. In diesem Fall habe sich der Mann allerdings recht schnell erholt. Er konnte das Krankenhaus nach zwei Wochen verlassen und es seien keine bleibenden Schäden zu erwarten.
Regelmäßige Streitereien
Für die Frau hat der Vorfall allerdings Folgen. Bis April dieses Jahres befand sie sich in Untersuchungshaft. Nun muss sie sich wegen versuchten Totschlags vor der Kriminalkammer in Diekirch verantworten. Obwohl die Frau zum Zeitpunkt der Tat einen Alkoholspiegel von 2,5 Promille aufwies, sei ihre Urteilskraft nicht beeinträchtigt gewesen, erklärte ein psychiatrischer Gutachter. Denn sie sei trotz des hohen Alkoholpegels nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen. Auch ein Ermittler der Kriminalpolizei erklärte, dass die Frau kurz nach Mitternacht beim Verhör bei klarem Verstand und zurechnungsfähig war. Sie sei wohl müde gewesen und es seien Emotionen
im Spiel gewesen, die Frau habe aber klare Aussagen gemacht.
Der Grund hierfür mag daran liegen, dass die Frau ebenso wie das Opfer zum Zeitpunkt der Tat an den Konsum von Hochprozentigem gewöhnt war, beide Alkoholprobleme hatten. Das Paar soll sich denn auch während einer Entziehungskur kennengelernt haben und im Oktober 2018 bereits seit einiger Zeit zusammen gewesen sein. In der Beziehung soll es sowohl gute als auch schlechte Momente gegeben haben. So soll sich der Mann in angetrunkenem Zustand der Frau gegenüber öfters gewalttätig gezeigt haben. Wie der Ermittler erklärte, habe man im Verhör gemerkt, dass die Beziehung unter dem Alkohol und der Gewalt gelitten und die Angeklagte keinen Ausweg gefunden habe.
Die Frau habe dann auch gesagt, dass der Mann öfter Geschlechtsverkehr haben wollte, als sie und dass es zu erzwungenen Akten gekommen sei.
Tat mit Ansage
Der Alkoholkonsum soll denn auch zum Zeitpunkt der Tat für Spannungen in der Beziehung gesorgt haben. Denn das Paar habe sich erst am Wochenende vor der Tat vorgenommen gehabt, trocken zu werden. Der Versuch sei allerdings gescheitert und demnach sei es bereits am Vortag der Tat zu Streitereien gekommen. Auch am 23. Oktober 2018 soll die Frau Alkohol konsumiert haben. Noch am Abend soll sie einem Bekannten während eines Telefonats erklärt haben, dass sie ihrem Partner ein Messer in den Bauch steche, falls es erneut zu Streitereien komme. Als es eine knappe Stunde später tatsächlich zum Streit kommt, soll der Mann der Frau dann gesagt haben, sie solle ihm einen Messerstich zufügen. Daraufhin, so hatte es die Frau dem Psychiater erklärt, habe sie ein Messer aus der Küchenschublade genommen und zugestochen. Dennoch handele es sich dem Psychiater zufolge nicht um eine Affekttat, wohl aber um einen Vorfall zwischen zwei Menschen mit Alkoholproblemen. Ohne die Aussage des Mannes wäre es wohl nicht zum dem Stich gekommen. Eine Tötungsabsicht habe die Frau wohl nicht gehabt. „Sie stand mit dem Rücken zur Wand und hat wohl keinen anderen Ausweg gefunden“, so der Ermittler.
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.