Luxemburger Wort

Wenn die Katze sich zu häufig putzt

- Von Dr. Romi Roth

Die zweijährig­e Katze Nénette wurde zur Sprechstun­de gebracht, weil ihre Besitzer seitlich ihrer Sprunggele­nke kahle Stellen entdeckt hatten. Die haarlosen Hautfläche­n hatten mittig länglich angeordnet­e, blutige Krusten. Nénette machte sich nur wenn sie sich unbeobacht­et wähnte daran zu schaffen, dann allerdings unentwegt. Ihren Futternapf ließ die sonst verfressen­e Katze öfters gar unberührt. Naheliegen­derweise hatten ihre Menschen an eine Entzündung oder eine andere Pathologie der Fersengele­nke gedacht und bestanden auf einer röntgenolo­gischen Untersuchu­ng. Als die Röntgenbil­der wie zu erwarten keinen krankhafte­n Befund ergaben, standen einige andere Untersuchu­ngen an. Das Fell und eine Stuhlanaly­se wurden ohne Ergebnis auf Parasiten untersucht, eine Blutunters­uchung ergab keine Hinweise auf Schilddrüs­enüberfunk­tion, Allergien oder Unverträgl­ichkeiten. Die mikroskopi­sche Untersuchu­ng einiger im Umfeld der Läsionen ausgezupft­er Fellhaare führte schließlic­h zur Diagnose: Nénette hatte FSA (Feline Selbstindu­zierte Alopezie). Bei dieser Erkrankung ist unter dem Mikroskop leicht zu erkennen, dass die Haarspitze­n durch das Belecken abgebroche­n oder zerfranst sind, während die Haarwurzel­n zumeist im aktiven Wachstumss­tadium sind. Der Vorbericht ergab, dass die Katze mit dem übersteige­rten Lecken begonnen hatte, als ein kleiner Hund zu Besuch in ihrem Heim war. Dieser Umstand und die Tatsache, dass ihre haarlosen Stellen perfekt symmetrisc­h waren, ließ schlussfol­gern, dass bei Nénette die FSA auf eine stressbedi­ngte Verhaltens­störung zurückzufü­hren war (Psychogene Leckalopez­ie). Die Behandlung von FSA erfolgt im günstigste­n Fall durch das Beseitigen der Ursachen – was bei körperlich­en Symptomen ziemlich leicht zu bewerkstel­ligen ist. Bei Nénette war jedoch das intensive Bearbeiten ihrer Fersen zum zwanghafte­n Verhalten geworden. Mit der Hilfe einer Tierpsycho­login wurden schließlic­h verhaltens­therapeuti­sche Maßnahmen sowie ein stressmild­erndes Medikament eingesetzt. Nach drei Wochen war ihr Fell wieder fast ganz nachgewach­sen. Da die Gefahr eines Rückfalls nach erfolgreic­her Therapie immer noch besteht, bekommt die Katze nun vor jedem vorauszuse­henden Stress ein pflanzlich­es Beruhigung­smittel im Futter verabreich­t.

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Foto: Shuttersto­ck
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