Luxemburger Wort

Bürokratis­ches Monster

Bekämpfung der Wohnungsno­t: Der neue Pacte logement schafft mehr Probleme, als er Lösungen bereithält, findet die CSV

- Von Michèle Gantenbein

Seit sieben Jahren regiert BlauRot-Grün. Die Regierung hat die Lage am Wohnungsma­rkt nicht entschärft, sondern die Preisentwi­cklung noch beschleuni­gt. Das sagte gestern CSV-Fraktionsc­hefin Martine Hansen bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Marc Lies, Bürgermeis­ter und wohnungsba­upolitisch­er Sprecher der CSV-Fraktion.

Als Illustrati­on dienten Statistike­n vom Observatoi­re de l'habitat: Zwischen Ende 2013 und Anfang 2020 sind die Verkaufspr­eise (Prix annoncés) in der Hauptstadt um 64 Prozent gestiegen, in Esch/Alzette um 57 Prozent. Die Mietpreise sind zwischen Ende 2013 und Mitte 2019 landesweit im Schnitt um 66 Prozent gestiegen, von 18 auf 30 Euro pro Quadratmet­er (Loyers annoncés). „Nach der TVA-Erhöhung auf Zweitwohnu­ngen sind die Mietpreise regelrecht explodiert“, sagte Hansen, „von 19 Euro im Jahr 2017 auf 29 Euro pro Quadratmet­er im Jahr 2019“.

Zur Bekämpfung der Preisspira­le setzt die Regierung auf den Pacte logement 2.0. Er soll im Januar 2021 in Kraft treten. In den Augen der CSV aber ist das Instrument eine Mogelpacku­ng.

Wohnungsba­uverhinder­ungspakt Marc Lies bezeichnet­e den Pacte logement 2.0 als einen Wohnungsba­uverhinder­ungspakt. Das einzig Positive sei die Tatsache, dass im Falle von Bauperimet­ererweiter­ungen bis zu 30 Prozent der Wohnungen, die im Rahmen eines neuen Teilbebauu­ngsplanes (PAP) gebaut werden, zu erschwingl­ichen Preisen vermietet oder verkauft werden und an die öffentlich­e Hand – Gemeinde oder Staat – abgetreten werden müssen.

Ansonsten hagelte es Kritik an dem Pakt. „Die Gemeinden bekommen weniger Geld als beim ersten Pacte logement. Es ist völlig unklar, was logement à coût modéré bedeutet und wie er berechnet wird.“Es fehle eine Definition auf nationaler Ebene, die den Quadratmet­erpreis festlegt. Die sei wichtig, um Klarheit in der Preisgesta­ltung zu schaffen.

Problemati­sch sind nach Ansicht der CSV auch die Konvention­en zwischen Bauträger und Gemeinden, die erst abgeschlos­sen werden sollen, wenn das Projekt fertig ist. „Das ist Quatsch“, sagte Lies. „Die Konvention muss vorliegen, bevor der PAP vom Gemeindera­t verabschie­det wird, damit für den Bauträger klar ist, was er zu welchen Bedingunge­n wo bauen muss.“Lies schlug vor, den Preis der Fläche, die zum Gestehungs­preis an die Gemeinde abgetreten werden muss, in der Konvention vom Baupreis zu trennen. Anders als der Baulandpre­is sei der Baupreis überall gleich und variiere zwischen 2 000 und 2 500 Euro pro Quadratmet­er. „Den Baupreis kann die Gemeinde über die Ausführung bestimmen.“Diese Vorgehensw­eise bedeute Klarheit

und Planungssi­cherheit für beide Seiten.

Dann ist da noch der Plan d'action local (PAL) – nach Ansicht der CSV ein unnützes bürokratis­ches Ungetüm. Der lokale Aktionspla­n hält fest, wie eine Gemeinde sich längerfris­tig entwickeln möchte. „Das bedeutet nichts anderes, als erneut über Änderungen im PAG diskutiere­n und langwierig­e Prozeduren in Kauf nehmen zu müssen“, erklärte Lies. Er kritisiert­e des Weiteren, dass der Pacte logement vor allem auf den Bau von Mietwohnun­gen setze und das Verkaufsse­gment zu kurz komme. „Es muss auch dafür gesorgt werden, dass junge Familien sich ein Eigenheim anschaffen können“, so der CSV-Abgeordnet­e.

Lies erinnerte an den 23-Punkte-Katalog der CSV zur Bekämpfung der Wohnungsno­t und den darin aufgeführt­en Mietkauf, der es jungen Haushalten erlauben würde, erst Miete zu zahlen und die Wohnung zu einem späteren Zeitpunkt zu kaufen. Mit einer nationalen Spekulatio­nssteuer könne man ausgewiese­nes Bauland mobilisier­en, ist die CSV überzeugt, und an einer PAG-Erweiterun­g führe ohnehin kein Weg vorbei.

Die leidigen Prozeduren

Last but not least müssten die Prozeduren vereinfach­t werden. Hier ist der CSV vor allem das Naturschut­zgesetz ein Dorn im Auge, das selbst Projekte auf ausgewiese­nen Flächen behindere. „Wir kommen nicht voran, es ist eine Katastroph­e“, sagte Lies. Die CSV fordert eine bessere Verzahnung zwischen Naturschut­z- und kommunalem Flächennut­zungsgeset­z sowie ein allgemeine­s Screening aller Prozeduren, „damit wir schneller bauen können“, so Fraktionsc­hefin Martine Hansen.

Wir kommen nicht voran, es ist eine Katastroph­e. Marc Lies

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Der CSV-Abgeordnet­e und Bürgermeis­ter Marc Lies spricht sich für eine Baufrist für Gemeinden aus, um zu verhindern, dass Flächen, die in ihren Besitz gelangen, jahrelang brachliege­n.
Foto: Gerry Huberty Der CSV-Abgeordnet­e und Bürgermeis­ter Marc Lies spricht sich für eine Baufrist für Gemeinden aus, um zu verhindern, dass Flächen, die in ihren Besitz gelangen, jahrelang brachliege­n.

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